
Einer 39-jährigen ehemaligen Pflegeassistentin aus Unterfranken wird vorgeworfen, während ihrer Arbeit Videos für ihren Account auf einem Online-Erotikportal erstellt und veröffentlicht zu haben. Mittlerweile ermittelt die Kriminalpolizei Schweinfurt in dem Fall aus Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld). Unabhängig der Vorwürfe ist die Mitarbeiterin seit dem vergangenen Jahr im betroffenen Stiftungs- Alten- und Pflegeheim, bekannt als Vill'sche Stiftung, nicht mehr beschäftigt.
Aufgedeckt hatte den Fall Kevin Hartwig aus Essen. Der 31-Jährige ist gelernter Pfleger und hat Pflegepädagogik studiert, arbeitet aber inzwischen als Content Creator unter dem Namen "Kevinits" mit eigenem YouTube-Kanal und Social-Media-Accounts auf Instagram und TikTok mit insgesamt etwa 700.000 Followern. Welche Inhalte er dort veröffentlicht und wie er auf den Fall in Bad Neustadt gekommen ist, erklärt er im Interview.
Kevin Hartwig: Ich kläre vor allem im Bereich des Datenschutzes von TikTok-Inhalten auf. Das bedeutet, dass ich Livestreams aus Pflegeeinrichtungen wie Krankenhäusern oder Psychiatrien verfolge. Pflegekräfte, die von dort aus Videos veröffentlichen, achten oftmals nicht auf den Patientenschutz. Während des Dienstes kommt es so zu Datenschutzverletzungen, Arbeitszeitverstößen oder Straftaten.
Hartwig: Ich habe früher selbst auf TikTok mal humoristisch, mal ernst über Erkrankungen aufgeklärt. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Livestream-Funktion dieser Plattform weiter ausgebaut wird und immer mehr Pflegekräfte während ihrer Arbeit live Videos filmen. Darin habe ich ein großes Problem gesehen und vor zwei Jahren begonnen, genauer zu recherchieren. Dabei bin ich auf Abgründe gestoßen.
Hartwig: Ja, aus unterschiedlichen Gründen. Ich kann nicht verstehen, dass Menschen denken, dass es eine gute Idee wäre vom Arbeitsplatz aus zu streamen. Daher habe ich angefangen, aufzuklären und die Schlimmsten der Schlimmen auch den Arbeitgebern gemeldet.
Hartwig: Was mich betrifft, bin ich relativ entspannt. Es gibt immer wieder Livestreamer, die sich ungerecht behandelt fühlen und sich rächen wollen. Inhaltlich hat mir das Gericht immer vollumfänglich recht gegeben und die regelwidrigen Streams anderer bestätigt. Aber es geht dann mitunter um äußerungsrechtliche Streitigkeiten, also um den einzelnen Wortlaut, den ich verwendet habe.
Hartwig: Mir gelingt es auf YouTube zielgruppenorientiert eine breite Zuschauerschaft über Missstände aufzuklären. Bei meinem Vorgehen ist jedes seriös arbeitende Krankenhaus oder Pflegeheim auf meiner Seite. Die Resonanz zu den Videos ist größtenteils positiv, wobei es auch Stimmen gibt, die sich das seriöser wünschen. YouTube ist ein vergleichsweise neues Medium und die Inhalte der Plattform entsprechend in einem unterhaltsamen Stil aufbereitet. Nichtsdestotrotz ist die Kernkritik, die ich veröffentliche, durchaus wichtig.
Hartwig: Auf YouTube bekomme ich je nach Reichweite pro tausend Klicks einen gewissen Geldbetrag, der je nach Sparte zwischen zwei und acht Euro liegt. Zudem finanziere ich mich über Live-Interaktionen mit meinen Zuschauern. Ich habe auch Werbepartner, die mich unterstützen.
Hartwig: Das ist schon ein außergewöhnlich schrecklicher Fall, weil die Frau dort bewusst Patienten direkt involviert hat. Das habe ich in dieser Art und Weise selten gesehen. Bei anderen Fällen waren Patienten meistens nur aus Versehen zu sehen. Aber die Streamerin in Bad Neustadt ist in vollstem Wissen, dass diese zu hören und zu sehen sind, zu den Bewohnern gegangen. Das hat den Fall perfider gemacht.
Hartwig: Durch Zuschauerzuschriften auf den verschiedensten Kanälen. Ich habe daraufhin versucht anhand der Gebäudemerkmale die Einrichtung zu identifizieren und das mithilfe der Community auch geschafft. Das war gar nicht so einfach.
Hartwig: Ja, ich habe mit all meinen Informationen am 9. Januar eine E-Mail geschrieben.
Hartwig: Als sehr gut. Ich habe abends die Mail geschickt und am nächsten Morgen kam sofort eine Antwort. Man hat mich ernst genommen und vor Ort die Polizei informiert. Die Einrichtung ist ihrer Pflicht vollumfänglich nachgekommen. Das kann man besser gar nicht handhaben. Da habe ich auch schon andere Erfahrungen gemacht.
Hartwig: Zu 100 Prozent. Mutmaßlich wäre dieser Fall niemals öffentlich geworden und nun konnte man betroffene Bewohner informieren, die sonst nie davon erfahren hätten. Vor allem kann man jetzt verhindern, dass es potenzielle weitere Streams von der Frau in diesem Bereich geben wird. Mir geht es in erster Linie immer um den Schutz der Patienten.