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Bad Neustadt
Wie ist die Lage auf dem Bad Neustädter Wohnungsmarkt?
Projekte mit 84 Wohnungen wie das in der Von-Guttenberg-Straße in Herschfeld sind überflüssig, weil es genügend Leerstand im Umfeld von Bad Neustadt gibt. Stimmt das?
Grüne Wiesen statt Häuser: In Bad Neustädter Baugebieten liegen voll erschlossene Baugrundstücke brach wie dieses in der Bünd in Brendlorenzen.
Foto: Martina Harasim | Grüne Wiesen statt Häuser: In Bad Neustädter Baugebieten liegen voll erschlossene Baugrundstücke brach wie dieses in der Bünd in Brendlorenzen.
Martina Harasim
Martina Harasim
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:11 Uhr

In der Auseinandersetzung um den Bau einer Wohnanlage in der Von-Guttenberg-Straße in Herschfeld, wo 84 Wohnungen für 250 Menschen gebaut werden, oder in der Hauptstraße in Brendlorenzen, wo 28 Wohnungen, eine Tagespflege und Büros entstehen, wird oft argumentiert, diese Projekte seien überflüssig, es gebe genug Leerstand in den Dörfern rund um die Kreisstadt. Menschen, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, sollten sich dort umschauen.

Zu wenige Bauplätze

Diese Auffassung teilt Bernhard Dittrich nicht. Der Geschäftsführer der VR Immobilien & Service GmbH mit Sitz in Brendlorenzen kennt den Immobilienmarkt in der Kreisstadt und in Rhön-Grabfeld. Auch im kleinstädtischen Umfeld wie Bad Neustadt gibt es in Zeiten von Null- und Negativzinsen einen Run auf Anlageimmobilien.

Seiner Einschätzung nach gibt es in Bad Neustadt zu wenige Bauplätze für Geschossbauten. Und: Das Angebot an qualitativ hochwertigen Wohnungen ist seiner Expertise nach zu gering, die Nachfrage sehr hoch. Solche Wohnungen müssen laut Dittrich nicht nur viele bauliche und energetische  Anforderungen erfüllen. Sie sollten beispielsweise auch nahe der Innenstadt liegen, mit Geschäften, kulturellen Einrichtungen und Arztpraxen, die leicht erreichbar sind.

Fünf attraktive Standorte in Rhön-Grabfeld

Solch eine Infrastruktur würde in Rhön-Grabfeld an fünf Standorten vorgehalten: in Bad Neustadt, Mellrichstadt, Bad Königshofen, Bischofsheim und Ostheim. Die Wohnungen selbst sollten barrierearm sein und einen Aufzug haben. Angeboten würden solche Objekte als Eigentumswohnungen oder für einen Mietpreis, der keinesfalls unter 8,50 Euro pro Quadratmeter (kalt) liegt.  

Blick in die Baugrube für den Neubau von Wohnungen, Büros und einer Tagespflege in der Hauptstraße von Brendlorenzen.
Foto: Martina Harasim | Blick in die Baugrube für den Neubau von Wohnungen, Büros und einer Tagespflege in der Hauptstraße von Brendlorenzen.

Für solche Wohnungen hat Dittrich ganz spezielle Käufer oder Mieter im Blick: Babyboomer, die in den nächsten Jahren in Rente gehen. "Diese Kunden machen sich Gedanken, wie sie ihren Lebensabend gestalten wollen", berichtet er. Und diesen Lebensabend wollen sie nicht unbedingt in der Immobilie verbringen, in der sie ihre Kinder großgezogen haben, weil sie im Alter nicht das zu groß gewordene Eigenheim unterhalten oder einen riesigen Garten pflegen möchten.

Günstige Mieten: Regelt der Markt das selbst?

Die Investoren haben eher gut situierte Kunden im Blick. Wie aber kommen weniger finanzkräftige Familien zu Wohnraum? Öffentlich geförderter soziale Wohnungsbau ist unattraktiv, räumt Dittrich ein. Ihm schwebt ein System vor, in dem der Markt dieses Problem selbst regelt. Er stellt sich das so vor: Wenn die Babyboomer-Generation ihre große Immobilie abstößt, um kleine zu kaufen, können junge Familien diese frei gewordenen Häuser erwerben und so günstigere Wohnungen für weniger betuchte Mieter freimachen.

Start-up Rhön Immobilien favorisiert Modernisierung

In Bad Neustadt gibt es einen Bedarf an Wohnungen, sagt auch Christian Hippeli, der zusammen mit Marcel Reichert kürzlich das Start-up Rhön Immobilien gegründet hat. Dieser Bedarf ergebe sich alleine schon durch die Beschäftigten der Industrieunternehmen und des Rhön-Klinikum Campus. 

Hippeli ist der Meinung, dass man nicht immer neu bauen muss, um neuen Wohnraum zu schaffen. In Innenortslagen gebe es immer wieder ältere Immobilien und Leerstände, denen man neues Leben einhauchen könne. Allerdings seien die Vorschriften für eine Modernisierung so umfangreich, dass ein Neubau in vielen Fällen auch nicht teurer käme. Um das zu ändern, sei der Gesetzgeber gefragt. 

Großes Potenzial sieht Hippeli in den vielen unbebauten Grundstücken in den Bad Neustädter Baugebieten. Für diese fast 200 Grundstücke, die teilweise seit Jahrzehnten voll erschlossen brachliegen, würde es genügend Käufer geben. Die Eigentümer wollen sie aber nicht hergeben. Ihnen möchte Hippeli den Verkauf schmackhaft machen. Seine Idee:  Die Eigentümer könnten ihr Grundstück an einen regionalen Bauträger verkaufen und mit dem Erlös eine der Eigentumswohnungen kaufen, die auf eben diesem Grundstück entstehen. Diese Wohnung könnte er oder sie dann entweder vermieten oder selbst beziehen.  

Sozialwohnungen in Rhön-Grabfeld

Wie groß ist der Bedarf an Sozialwohnungen? Es besteht aktuell keine große Nachfrage nach Sozialwohnungen, teilt die Sozialbehörde auf eine Anfrage dieser Redaktion mit. Im Landkreis Rhön-Grabfeld gibt es aktuell (August 2021) 205 geförderte Wohnungen. Sie verteilen sich auf Bad Neustadt (31), Bad Königshofen (60), Mellrichstadt (95), Mühlfeld (eine), Ostheim (10), Nordheim (5), Mittelstreu (eine) und Niederlauer (2). Die Miete der Sozialwohnungen im Landkreis liegt zwischen 3,30 und 6,75 Euro pro Quadratmeter. 
Quelle: ts
 
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  • Reiner.Kortmann@t-online.de
    Was will uns dieser Artikel sagen? Ich kenne keinen „Babyboomer“ welcher sein Häuschen verkaufen möchte. In den großzügigen Gärten der älteren Generation toben sich die Enkelkinder aus, denn deren Eltern können sich Wohnungen oder Häuser mit viel Platz nicht mehr leisten. Außerdem lagert in zahlreichen Kellern der Babyboomer Eigenheime Hab‘ und Gut ihrer erwachsenen Kinder - denn Stauraum ist bei Neubauten ein Fremdwort. Der Markt soll sich selbst regulieren? Ich fürchte da fallen all‘ jene hinten runter die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind. Im beschaulichen Bad Neustadt mag die Situation noch entspannt sein - in den Metropolregionen ist der Immobilien- und Mietmarkt längst pervertiert.
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