Fast genau zehn Monate ist es mittlerweile her, da durften die Bad Neustädter im Februar kurz vor den Kommunalwahlenin einem Bürgerentscheid darüber abstimmen, ob die Stadt gemeinsam mit einem Investor die Planungen für eine neue Wohnanlage in der Von-Guttenberg-Straße in Herschfeld - unweit des Rhön-Klinikum Campus - ablehnen oder vorantreiben soll.
Die Bürgerinitiative "NEIN zum Bebauungsplan nördlich der Von-Guttenberg-Straße", die den Entscheid damals auf den Weg brachte, scheiterte mit ihrem Anliegen aufgrund des verpassten Quorums. 2353 Stimmen hätte die Bürgerinitiative für ihren Entwurf gebraucht, erreicht wurden 1951, was vor allem wohl an der niedrigen Wahlbeteiligung von nur knapp über 26 Prozent lag.
Stadt will Plattform zum Austausch bieten
Was ist seitdem in den vergangenen zehn Monaten passiert, in der die Corona-Pandemie hauptsächlich die Schlagzeilen bestimmte und noch immer tut? Wie Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt, fand zuletzt ein Gespräch im Rathaus mit Verantwortlichen der Stadt, dem zuständigen Architekten und Investor Martin Eckert sowie der Bürgerinitiative rund um deren Vorsitzenden Hartmut Schmutz statt. "Wir wollten so in die Offensive gehen und zeigen, dass wir keine Geheimnisse haben", sagt Werner. Man habe in diesem Fall den beiden Akteuren eine Plattform zum Austausch bieten wollen, sei also lediglich eine Art Vermittler gewesen.
Im Gespräch ging es unter anderem auch um die Anzahl der geplanten Wohneinheiten. "Die Anzahl wird sich zwischen 77 und 85 bewegen", so Martin Eckert zum derzeitigen Stand. Das sind also noch einmal weniger als die bis zu 96 Wohnungen, mit der die HEED Projektentwicklungs GmbH rund um Eckert im Februar den Bürgerentscheid ging.
Anfangs waren gar 142 Wohneinheiten vorgesehen. Die erstmalige Reduzierung wurde dem damaligen Stadtrat bereits im November vergangenen Jahres als Reaktion auf Bedenken von Herschfelder Bürgern bei einem Ortstermin vorgestellt. Diese Wohnungen würden laut Martin Eckert das Spektrum abdecken, das am Markt benötigt werde. Neben Mehrzimmerwohnungen solle es auch Einheiten mit einem bis zwei Zimmern geben.
Bestimmte Vorbereitungen seitdem getroffen
Am grundsätzlichen Plan, die Wohnanlage zu realisieren, hat sich seit dem Bürgerentscheid laut des Investors nichts geändert. "Seitdem sind bestimmte Vorbereitungen getroffen worden, die Sachlage ist unverändert", so Eckert. Man befinde sich im stetigen Austausch mit dem Stadtbauamt, die Stadt habe Dinge, die die Planung betreffen, zu prüfen. Diese übliche Vorgehensweise bestätigt auch Bürgermeister Michael Werner.
Keinen Hehl macht Martin Eckert aber daraus, dass er sich gewünscht hätte, dass alles etwas schneller voranschreite und der nötige Entwurf des Bebauungsplans noch in diesem Jahr im Stadtrat hätte behandelt werden können. Auf der Tagesordnung für die letzte Sitzung des Jahres an diesem Donnerstag war das Projekt jedoch nicht aufgeführt.
Stadtrat und Vorsitzender der Bürgerinitiative
Wenn es möglicherweise Anfang des kommenden Jahres dazu kommt, wird auch Hartmut Schmutz im Saal sitzen, der bekanntlich bei der letzten Kommunalwahl für die FDP in den Stadtrat gewählt wurde. Den Vorsitz der Herschfelder Bürgerinitiative "Verkehrsberuhigung mit Vernunft" hat Schmutz aufgrund des Stadtratsmandats im November abgegeben, den Vorsitz der Initiative, die das Bauprojekt ablehnt, aber nicht.
Er werde weiterhin - auch von der Stadt - als Mitglied der Bürgerinitiative wahrgenommen und sei in dieser Funktion auch beim jüngsten Treffen aufgetreten, sagt Schmutz im Gespräch mit dieser Redaktion. Im Hinblick auf die Frage einer etwaigen Befangenheit bei einer Abstimmung über das Bauprojekt will sich Hartmut Schmutz vorher rechtzeitig mit dem Geschäftsleiter der Stadt in Verbindung setzen.
Mehr vom Gespräch erhofft
Vom Gespräch hatten sich Schmutz und seine Mitstreiter der Bürgerinitiative, die bereits direkt nach dem Bürgerentscheid auf Grund der knapp 2000 erreichten Stimmen und der Zusammensetzung des neuen Stadtrates erklärt hatten,weitermachen zu wollen, mehr erhofft. "Das war recht unspektakulär", urteilt Schmutz im Nachhinein. Der Investor habe seine Planungen unter anderem mit dem Fokus auf insgesamt vier Gebäude vorgestellt, ansonsten sei aber alles gewesen, wie gehabt. "Die Gefahr, dass überdimensional gebaut wird, lässt sich nicht schönreden", sagt Schmutz. Er spricht von insgesamt sechs Etagen, über die die Gebäude verfügen würden.
Lediglich von der Talseite aus gesehen gäbe es sechs Geschosse "an manchen Stellen", relativiert Martin Eckert. Es bleibe unverändert bei vier Hauptwohngeschossen, die auch von der Straße so sichtbar seien.
Die grundsätzliche Notwendigkeit für die geplante Wohnanlage sieht Hartmut Schmutz, der weiter hofft, dass das Projekt nicht realisiert wird, weiterhin nicht. "Auf dem Wohnungsmarkt hat sich viel verändert, es wurde und wird bereits viel gebaut", so der Herschfelder. Er plädiert für eine Innenverdichtung, also für die Nutzung von bereits bestehenden Flächen oder Leerständen statt einer kostenaufwendigen Erschließung eines neuen Gebietes außerhalb der Stadt.