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Ginolfs
Wie Gerhard Kneitz zum "Vater des Rhönschaf-Projektes" wurde
Anlässlich des Todes von Professor Kneitz erinnert sich Rhönschäfer Josef Kolb an die Anfänge und die Entwicklung eines einzigartigen Artenschutz-Projektes.
Professor Gerhard Kneitz, der 'Vater des Rhönschaf-Projekts', ist tot. An sein Wirken erinnert sich Rhönschäfer Josef Kolb.
Foto: Thomas Obermeier | Professor Gerhard Kneitz, der "Vater des Rhönschaf-Projekts", ist tot. An sein Wirken erinnert sich Rhönschäfer Josef Kolb.
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 16.12.2021 12:01 Uhr

 "Ohne ihn würde die Rhön nicht da stehen, wo sie heute steht!" Josef Kolb ist eigentlich  kein Mann überbordender Lobesworte, aber im Fall von Professor Gerhard Kneitz, der in der vergangenen Woche mit 85 Jahren zu Grabe getragen wurde, sieht er allen Grund für eine Würdigung. Für den Rhönschäfer aus Ginolfs war Kneitz nämlich nicht nur einer, der sich schon vor Jahrzehnten intensiv für die Themen Natur- und Umweltschutz und den Erhalt der Arten engagierte, bevor sie heute in den Blick einer breiten Öffentlichkeit geraten sind. Er war auch  der "Vater des Rhönschaf-Projektes", mit dem er lange Jahre eng und erfolgreich zusammengearbeitet hat. Und dieses Projekt habe nicht nur die Rhön vorangebracht, sondern Vorbildcharakter weit über die Region hinaus gewonnen.

1934 in Aschaffenburg als Sohn eines Bahningenieurs geboren, lernte Kneitz schon als Kind die Rhön kennen, da sein Vater einige Jahre in Bad Neustadt tätig war. Die Natur der Rhön habe ihn schon damals fasziniert, weshalb er sich später als Biologe und Zoologieprofessor an der Universität Bonn für ihren Schutz einsetzte, erinnerte er sich vor einigen Jahren in einem Interview, das der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) veröffentlichte und dessen Mitgründer er 1975 war.

Viele Zufälle

Eine „Erhebung botanischer und faunistischer Daten im Naturschutzgebiet Lange Rhön“ und eine Vielzahl von Zufällen sorgten dann zu Beginn der 80er Jahre für den Start des Rhönschafprojektes. An dieser Kartierung war nämlich auch der Naturwissenschaftliche Verein Würzburg und sein Vorsitzender Gerhard Kneitz beteiligt. Dabei lernte er den Psychiater Wolfgang Tränkle kennen. Der machte ihn auf die vom Aussterben bedrohten Rhönschafe aufmerksam, von denen er noch einige  Tiere hielt.

Zudem erfuhr Kneitz, dass die Gassenwiesen, ein naturschutzfachlich einzigartiges Weidegebiet oberhalb von Ginolfs, einer Ferienhaussiedlung weichen sollten. Als er sich im gleichen Zeitraum bei der Schäfertagung in Würzburg auch noch ausgerechnet an den Tisch von Eberhard und Josef Kolb aus Weisbach setzte und bei beiden mit seiner Idee auf offene Ohren stieß, kam eines der ersten Naturschutz-Beweidungsprojekte Bayerns, das bis heute bundesweit als Vorbild dient, ins Laufen.

Denn nun zeigte sich eine Eigenschaft, die Josef Kolb besonders an dem Naturschützer schätzte. Der sei nämlich nicht nur ein Mann der Wissenschaft gewesen, sondern habe auch, ohne viele Worte zu machen, "konsequent und hartnäckig" gehandelt. Unter dem Motto „Retten Sie ein Schmetterlingsparadies“ wurde nun auf seine Initiative eine deutschlandweit angelegte Spendenaktion gestartet - mit Erfolg. 1985 kaufte der BUND für mehr als 500 000 D-Mark die 32 Hektar große Fläche.

Zur Pflege der Gassenwiesen sah man das vom Aussterben bedrohte Rhönschaf als ideal an. Als sich die Gelegenheit ergab, sorgten Vorsitzender Hubert Weinzierl, Geschäftsführer Helmut Steininger und Gerhard Kneitz dafür, dass der BN die kleine Herde von 38 Schafen und einem Bock von Dr. Tränkle erwarb. Sie stellten sie bei den Kolbs in Weisbach unter.

Professor Gerhard Kneitz und 'seine' Rhönschafe. Das Archivbild zeigt ihn im Stall von Josef und Zita Kolb mit dem damaligen BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger (links). 
Foto: Archiv Heise | Professor Gerhard Kneitz und "seine" Rhönschafe. Das Archivbild zeigt ihn im Stall von Josef und Zita Kolb mit dem damaligen BUND-Vorsitzenden Hubert Weiger (links). 

"Josef, wieviel Schafe haben wir jetzt?", habe ihn Kneitz bei seinen Besuchen immer gefragt, erinnert sich der Rhönschäfer. Und da sich die Tiere tatsächlich gut vermehrten, mussten ein großer Stall, eine Futterscheune und auch ein entsprechendes Grundstück her, das am Ortsrand von Ginolfs gefunden wurde.  

Bundesweit vernetzt

Und wieder galt es, Zuschüsse und Spenden zu beschaffen. Und wieder setzte sich neben vielen anderen Gerhard Kneitz maßgeblich für das Projekt ein, wobei ihm half, dass er bundesweit hervorragend vernetzt war. Ein großer Schafstall wurde 1988 errichtet und der gesamte Betrieb  vom BN an Zita und Josef Kolb verpachtet.

Das Ganze entwickelte sich, die Herde wuchs weiter, die Stallungen wurden erweitert, die Kolbs stiegen in die Vermarktung von Fleisch, Wurst, Wolle und Fellen im eigenen Hofladen ein. Heute zählt das Rhönschaf nicht mehr zu den vom Aussterben bedrohten Rassen. Gerhard Kneitz, so erinnert sich Josef Kolb sei immer sehr stolz auf das Projekt gewesen und sei regelmäßig zu den Veranstaltungen wie den Rhönschaf-Festen nach Ginolfs gekommen.

Das Rhönschaf-Projekt wurde bundesweit bekannt. Es wurde nicht nur  zu einem wichtigen Sympathie- und Werbeträger für die Rhön, sondern vor allem ein Vorbild  und Vorzeigemodell für den Erhalt des Landes der offenen Fernen, den Erhalt  der Artenvielfalt, für den Schutz der Landschaft durch Nutzung und letztlich für eine gelungene Verbindung von Ökologie und Ökonomie. Und damit für ein Anliegen, das Professor Kneitz sein Leben lang verfolgt hat.

 
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