Da war doch mal was!? Der Hohenröther, der es in das Guinness-Buch der Rekorde geschafft hat mit minutenlangem Maßkrugheben; der Münnerstädter, der Dutzende Schaumküsse vertilgte und für ein paar Wochen Aufmerksamkeit erregte; oder der Mann, der einmal Schlagzeuger bei den Scorpions war und der Liebe wegen dann doch der Rhön die Treue hielt.
"Genau solchen Menschen bin ich auf der Spur, denen will ich zuhören und ihre Geschichte festhalten", sagt Christian "Zinnus" Zinn. In vielen Ecken der Region ist der Musiker (Rhöner Bluat, Hot Oven and the Briketts) bekannt wie ein bunter Hund. Jetzt geht der gebürtige Burgläurer und Wahl-Steinacher unter die Video-Podcaster.
Die schönen Geschichten, die das Leben schreibt
Originale aus der Region Rhön-Saale will der Vertriebsmitarbeiter einer Rhöner Brauerei vor die Video-Kamera locken, um sich die schönen Geschichten erzählen zu lassen, die das Leben so schreibt: Wie war es, als der Waldberger Peter Haase vor Bayern-Torwart Oliver Kahn stand, um bei der berühmten Partie im Nürnberger Frankenstadion den Ehrentreffer zu schießen? Oder welches Gefühl umfing Bernd Hammer, als er mit seinem Bad Kissinger Jugendmusikkorps bei der weltberühmten New Yorker Steuben-Parade durch die Häuserschluchten zog?
Unbekümmert in die Moderatoren-Rolle
"Ich habe so etwas noch nie gemacht, aber es ist wichtig, dass diese Geschichten erzählt werden", sagt Zinn. Mit dem Steinacher Niklas Schmitt hat er einen erfahrenen Techniker an der Seite, der Video- und Tonbearbeitung beherrscht. Wie sich die Interview-Serie entwickelt, das ist aber für beide nicht abzusehen.
Am Samstag, 17. Oktober, lief die erste Aufzeichnung. Als Drehort wurde die alte Schnitzerwerkstatt von Günther Holzheimer am Ortseingang von Schmalwasser ausgewählt. Auf der langen Werkbank sind Schnitzeisen drapiert, Späne verbreiten betörenden Duft nach Holz, auf einem eingespannten Holzklotz steht ein Weißbierglas. Ein Studioscheinwerfer strahlt die weiße Decke an, hinter der Werkbank - eigentlich das Reich von Schnitzer Günter Holzheimer - hat es sich Christian Zinn mit Daniel Metz und Peter Haase gemütlich gemacht. Es wird gelacht und gefrotzelt. Vor allem aber lebt ein legendäres Sportereignis auf: Das Spiel Waldberg gegen Bayern München im Nürnberger Frankenstadion.
Die Mords-Party nach dem Spiel Waldberg gegen Bayern
Die beiden damaligen DJK-Fußballer plaudern über den VIP-Raum nach der damaligen Sportstudio-Sendung, über die "Mords Party", die nach diesem legendären Duell der Ungleichen gefeiert wurde. Und sie plaudern über die Entlohnung für die DJK-Spieler in diesen ruhmreichen Jahren. "50 Mark pro Spiel", erinnert sich Haase, der für Christian Zinn sogar seinen damaligen Spielervertrag mitgebracht hat, damit die Neid-Debatte nicht neu entfacht. "Neid ist die deutsche Form der Anerkennung", resümiert der Moderator. Eine Stunde spricht Zinn mit den beiden Fußballern über das Großereignis und die Leidenschaft für Fußball, die an die Kinder weitergegeben wurde.
Fußball und ein Faible für eher schräge Rhöner Helden sind die eine Seite: "Als Musiker habe ich freilich viele Menschen aus meinem Dunstkreis im Fokus. Zum Beispiel den Bassisten Stefan Hergenröder aus Riedenberg, der mit Leuten wie dem US-Jazztrompeter Randy Brecker, Musikern der Söhne Mannheims oder mit Tina Turner spielte", erzählt Zinn. "Ich denke an einen lustigen,dokumentarischen Beitrag", schmunzelt der Tausendsassa. "Auf jeden Fall will ich mich sehr zurücknehmen und die Gäste zu Wort kommen lassen. Die dürfen aber auch nicht auf den Mund gefallen sein, damit die Sendung wirken kann", meint Zinn.
Heißer Tee gegen die belegte Stimme
Bei seinen beiden weiblichen Gästen dieses ersten Drehtages hat er alles richtig gemacht in dieser Hinsicht. Ilona Zirkelbach und Schwester Theresa Seiffert sind gekommen, eine Hälfte also des "Kaufmannsware"-Quartetts, dessen Wurzeln nach Weisbach reichen. Das alkoholfreie Weißbier auf der Werkbank bleibt von Theresa Seiffert unangetastet. Sie nippt lieber immer wieder vom heißen Tee, der die kratzige Stimme etwas balsamieren soll. Mit den schönen Stimmen und mit großem musikalischen Talent sind Kaufmannsware in den letzten elf Jahren in der Region und darüber hinaus bekannt geworden. Mama, Schwester und zwei Töchter bilden das Quartett, das witzig und virtuos zugleich sein Publikum beglückt.
Als kurzfristige Einspring-Truppe bei einem der Bischofsheimer Backofenfeste hat die Kaufmannsware begonnen. "Wir arbeiten unter Druck sehr gut", erklärt Ilona Zirkelbach dem Moderator Christian Zinn. Mit ihrer Schwester Theresa wird sie nicht müde, ihre Großmutter Lydia Kaufmann zu loben, die das musikalische Talent an Kinder und Enkelkinder weitergegeben hat. Im Falle der Ilona Zirkelbach, so wird das spätere Podcast-Publikum erfahren, hat die Freude an der Musik einen Lebensweg korrigiert. Denn zuerst hatte sie Hotelkauffrau gelernt. Den mutigen Schritt, die Musik zum Beruf zu machen, hat Ilona Zirkelbach nicht bereut, seit kurzem arbeitet sie als Musiklehrerin am BBZ in Münnerstadt.
Das Bierzelt als Stimmungskiller
Die vier Frauen von Kaufmannsware wissen, wie der Hase in ihrem ganz speziellen Musikgeschäft läuft. "Es muss passen von der Größe her. Bei einem Seniorennachmittag in Lebenhan in einem riesigen Bierzelt hat es einmal nicht gepasst", schmunzelt Theresa Seiffert. Unvergessen auch die Episode, als sie für den ehemaligen stellvertretenden Landrat Hans-Peter Suckfüll aus Nordheim ein Ständchen singen sollten. "Er ist ein ganz großer Fan von uns", erzählen sie Christian Zinn ins Mikrofon. Der stellt viele Fragen aus der Sicht des Musikerkollegen und vergisst etwas, nach den ironischen Texten zu fragen, auf die zumeist Mutter Edith Hüttner kommt.
Der Heimatpreis und ein CD-Projekt
Der Stolz ist bei den beiden Frauen zu spüren, wenn sie in dem Heimat-Podcast über die Auszeichnung mit dem Heimatpreis 2018 durch den jetzigen Ministerpräsidenten Markus Söder sprechen. Nicht nur der sorgte dafür, dass Kaufmannsware auch beim Bayerischen Rundfunk ein klangvoller Name aus dem Norden des Freistaates sind und das eine oder andere Projekt auf der Agenda steht.
"Wo seht ihr Euch in zehn Jahren?", diese Frage von Christian Zinn stellt sich die beiden Interviewten in der Schmalwasserer Schnitzer-Werkstatt nicht drängend. "Ich kann mir vorstellen, irgendwann wieder symphonische Blasmusik zu spielen", sagt Theresa Seiffert. "Die Musik war vor dir da", hatte sie seinerzeit ihrem Mann gesagt, damit er gleich wusste, dass sie ihr Hobby nicht aufgeben wollte. "Eine CD wäre noch ein Projekt", ergänzt Ilona Zirkelbach, wohl wissend, dass ein Konzert der Kaufmannsware vom Live-Charakter lebt.
Der Europameister im improvisierten Studio
Eine gute Stunde nimmt sich Christian Zinn für die Kaufmannsware- Musikerinnen Zeit. Am Morgen schon war Marco Stieglitz zu Gast, der mit der Formation "Klingend b-lech" 2014 ein Rhöner Ensemble zum Europameister-Titel für böhmisch-mährische Blaskapellen geführt hatte. Ganz schön viel Gesprächsstoff für den Moderator, der aber bis zum Schluss mit Neugierde seine Gäste befragte.
In den Tiefen des Internet muss der Podcast von Christian Zinn nun Aufmerksamkeit erregen. Der Hobby-Moderator ist gut vernetzt, über die Sozialen Netzwerke wird der Podcast beworben.
Zur Verfügung stehen ein Youtube-Kanal, aber auch der Musik-Streaming-Dienst Spotify bietet eine Plattform für Video-Podcasts an. Ein Motto hat Christian "Zinnus" Zinn für seine Serie. "Von hier für Dir" hat sich der Heimatinteressierte ausgedacht und spielt damit gut gelaunt auf das Rhöner Grammtikverständnis an.
Am 28. November steht der zweite Aufnahme-Termin fest. Mit dabei: Michael Weiß, ehemaliger Geschäftsleitender Beamte der Stadt Bad Neustadt. Auch er dürfte ein Geheimnis ausplaudern. Kein dunkles, aber ein sehr musikalisches.
Der Podcast "Von hier für Dir" ist zu hören und zu sehen bei:
Soundcloud unter "Von hier - für Dir"
Youtube: "Von hier - für Dir" (Mit Anführungszeichen eingeben!)