"Vielleicht habe ich einen größeren Impuls als andere, zum Beispiel beleidigt zu sein, weil ich alles intensiver und verstärkt wahrnehme", erklärt Louis M. Der 15-Jährige leidet an Asperger, einer Form des Autismus. Manchmal frage er sich schon: "Was ist falsch bei mir oder was ist falsch bei den anderen?"
Um besser mit seinem Asperger-Autismus umgehen zu können, erhält Louis Hilfe im Rhöner Autismus Therapie Zentrum in Unsleben. In der Fördereinheit des Realschülers geht es hauptsächlich um das Thema Autismus und berufliche Perspektive. Dazu schaut Louis unter anderem eine Doku auf dem Tablet, in der ein Betroffener und ein Rehaberater sprechen. Ziel ist, dass Louis reflektiert und eventuell Vergleiche zu sich selbst zieht.
Körpersprache muss oft erst antrainiert werden
Mithilfe eines Hörspiels übt er, sich mehrere Dinge hintereinander zu merken. Außerdem suchen er und Verena Endres abwechselnd Wörter aus Sätzen heraus, zum Beispiel das dritte Wort von hinten, das dann auch noch rückwärts aufgesagt werden muss.
Im Gespräch mit seiner Therapeutin Verena Endres berichtet Louis sehr reflektiert davon, wie es ihm in der letzten Zeit ergangen ist und was er im Alltag und der Schule erlebt hat. Dabei setzt er auch Körpersprache ein. "Gestiken und passendes Verhalten beim Gespräch müssen sich Menschen mit Autismus-Spektrums-Störungen oft erst antrainieren", erklärt Endres. Beispielsweise, dass man der anderen Person in die Augen schaut, interessiert nachfragt oder auf sie eingeht.
"Wir hatten Glück, dass der Autismus bei Louis bereits im Kindergartenalter diagnostiziert wurde. Louis hat erst sehr spät mit dem Sprechen begonnen. Einem Erzieher waren außerdem motorische Probleme bei ihm aufgefallen“, erinnert sich seine Mutter Laura M. Außerdem seien zum Beispiel laute Gebläse in öffentlichen Toiletten ganz schlimm für Louis gewesen.
Diese Orte mied die Familie deshalb. Und Essen, das er nicht riechen konnte und von dem er Brechreiz bekam, wurde nicht mehr gekocht. An der Uniklinik Würzburg wurde der Autismus diagnostiziert und zeitnah mit der Förderung im Bereich Ergo-, Physiotherapie-, und Autismusförderung begonnen.
Das Hauptproblem sieht Louis, wie er selbst erzählt, in seiner Kommunikation, hier fällt es ihm zum Beispiel schwer, anderen Menschen in die Augen zu sehen. "Manchmal ist es, als rede ich Deutsch und andere Chinesisch. Mimik und Gestik richtig zu deuten ist schwer für mich, was zu Missverständnissen führen kann."
"Strukturen und Pläne geben mir Sicherheit. Durch Corona habe ich aber auch gelernt, dass es für manches eben keine klare Struktur gibt", sagt der 15-Jährige. Er hat in der Therapie gelernt, zufrieden mit sich zu sein und nur das zählt für ihn.
Und lebt sein Leben so, dass es für ihn passt. Was andere von ihm denken, sei ihm egal, sagt Louis. Der Schüler hat zum Beispiel nicht das Bedürfnis nach einer großen Gruppe Freunde. Lieber verbringt er die Zeit mit weniger und dafür treuen Freunden, das fühlt sich für ihn besser an.
Seiner Mutter ist es ebenfalls wichtig, ihren Sohn so zu akzeptieren, wie er ist: "Mittlerweile rechtfertige ich mich nicht mehr dafür, wie mein Sohn ist. Entweder, die Menschen akzeptieren es, oder sie sind nicht mehr wichtig für mich." Oft fehle ihrem Sohn die zeitliche Struktur und die Fähigkeit, Prioritäten zu setzen. Auch Entscheidungen treffen sei schwierig. Insgesamt sei dies aber durch die Therapie besser geworden, an viele Dinge gewöhne man sich auch einfach.