Winfried Bonengel? Das war doch der Dokumentarfilmer, der 1993 mit seiner Produktion "Beruf Neonazi" Deutschlands Kinogänger in helle Aufregung versetzte. Der 61-jährige Filmemacher ist ein Spezialist in Sachen Rechtsextremismus. Wobei er sich die Freiheit nimmt, filmisch auch immer wieder fremd zu gehen. So stammt beispielsweise das Drehbuch zu Peter Keglevics TV-Film "Du bist nicht allein - Die Roy Black Story" von Bonengel. Mit großem Kino kennt sich Bonengel also aus. Auch sein neuster Film "Keiner liebt mich" soll über die großen Leinwände flimmern - und mit ihm die Rhön, denn hier wird die schwarze Komödie spielen.
Aber wie kommt ein so bekannter Filmemacher und Drehbuchautor auf dieses doch eher beschauliche Fleckchen Erde? "Während des Lockdowns zog ich mich in mein Ferienhaus in Bischofsheim zurück", erzählte Winfried Bonengel bei einem Besuch vergangene Woche in Fladungen (Lkr. Rhön-Grabfeld), wo er sich zusammen mit dem Kameramann Frank Barbian nach geeigneten Drehorten umsah.
Das Drehbuch wurde inspiriert von der Rhön und Rhöner Originalen
Bonengel ist in Werneck (Lkr. Schweinfurt) geboren und im Landkreis Rhön-Grabfeld aufgewachsen. In seinem Ferienhaus in Bischofsheim hat er das Drehbuch zu "Keiner liebt mich", einer schwarzen Komödie, deren Handlung in einem kleinen Dorf mitten in der Rhön spielt, geschrieben.
"Beim Schreiben hatte ich die Orte im Kopf", sagt Bonengel, der sich auch von dem einen oder anderen Rhöner Original für seine Figuren inspirieren ließ. "Es gab Leute, die mich auf die Gedanken gebracht haben", erzählt er, dennoch sei alles eine fiktive Geschichte.
Darum geht es in der Komödie "Keiner liebt mich"
Im Mittelpunkt der Geschichte von "Keiner liebt mich" steht der 49-jährige Gerhard, der mit seiner Frau Waltraud seit mehr als zwei Jahrzehnten in einem kleinen Dorf in der Rhön lebt. In all den Jahren ist Gerhard immer ein Außenseiter geblieben und seine Ehe mit Waltraud ist eine einzige Katastrophe. Dennoch träumt er weiter von der großen Liebe und einem unbeschwerten Dasein.
Als eines Tages eine kleine Gruppe von Archäologen ins Dorf kommt, lernt er Anita kennen. Gerhard verliebt sich sofort in die Archäologin. Dennoch hindert ihn ein dunkles Geheimnis, das ihn mit seiner eigenen Frau verbindet, Anita seine wahren Gefühle zu offenbaren. Als Gerhard erfährt, dass Anita und ihre Kollegen das Gebiet um den alten Sportplatz ausgraben wollen, fährt er noch in der Nacht mit seiner Frau an die Stelle und gräbt dort eine Leiche aus, die er wenig später an anderer Stelle wieder verscharrt. Wieder zu Hause angekommen, realisiert er, dass er einen Arm vergessen hat.
Im März sollen die Dreharbeiten beginnen
Wie es danach weitergeht, will Winfried Bonengel nicht verraten. Dafür aber, wann die Dreharbeiten zu dem Kinofilm beginnen: "Voraussichtlich im kommenden März, wenn kein Schnee mehr liegt." Aktuell werden die Schauspielerinnen und Schauspieler gecastet – "bevorzugt welche, die auch den fränkischen Dialekt beherrschen". Der Filmemacher war überrascht, wie viele Schauspieler – "auch gute Schauspieler" – Fränkisch können. "Das macht einen Film echt und glaubwürdig", erklärt Bonengel. Ebenso wichtig seien die Drehorte. "Die Rhön ist wahnsinnig vielfältig", sagt der Regisseur. "Außerdem sind die Drehorte unverbraucht - das hat Kapital."
Bei einer Motivbesichtigung in Fladungen wurden Winfried Bonengel und sein Kameramann Frank Barbian, ein gebürtiger Saarländer, der wie Bonengel in Frankreich lebt, bereits fündig. "Der Stil ist gut", sagt Bonengel als er ein altes, leer stehendes Gasthaus im Herzen des Rhönstädtchens betritt. Der Gastraum ist im Flair der 70er Jahre eingerichtet.
Frank Barbian verschafft sich zunächst einen Überblick. Verschiebt Tische, macht Fotos aus verschiedenen Perspektiven. Als Diskussionsgrundlage tauge das allemal. Bonengel führt seinen Begleiter weiter, die Straße hinunter. Die mittelalterlichen Gassen haben es dem Regisseur besonders angetan. "Hier in der Gegend findet man Sachen, die man nicht oft gesehen hat", sagt Bonengel, der früher in Bad Neustadt gewohnt hat und die umliegenden Dörfer noch kennt.
Winfried Bonengel ging in Bad Neustadt und Schweinfurt aufs Gymnasium
In den 70er Jahren ging Winfried Bonengel vier Jahre lang auf das Rhön-Gymnasium in Bad Neustadt, bevor er an das Celtis-Gymnasium nach Schweinfurt wechselte. Danach zog es den Rhön-Grabfelder nach Paris, wo er an der Filmhochschule Regie studierte und später Regieassistent von Claude Boissol wurde.
Anfang der 90er Jahre drehte Bonengel zwei TV-Doku-Dramen zum Thema Rechtsextremismus: "Wir sind wieder da" (1991) und "Ein Neonazi steigt aus" (1993). Im selben Jahr begann seine Zusammenarbeit mit dem Neonazi-Aussteiger Ingo Hasselbach, dessen Autobiografie "Die Abrechnung – Ein Neonazi steigt aus" er mitverfasste. 2002 verfilmte Bonengel Hasselbachs Geschichte in seinem Film "Führer Ex".
Neben seiner Arbeit als Regisseur und Dokumentarfilmer schreibt Bonengel auch Drehbücher, eines seiner bekanntesten ist das für den Fernsehfilm "Du bist nicht allein - Die Roy Black Story" mit dem heutigen zweifachen Oscar-Preisträger Christoph Waltz in der Titelrolle.
Trotz seines internationalen Erfolgs hat Winfried Bonengel seine unterfränkischen Wurzeln nicht vergessen - auch wenn er bereits länger in Frankreich lebt als in Deutschland. "Es ist immer ein vertrautes Gefühl, zurückzukommen in die fabelhafte Landschaft", sagt er. Und in die Ruhe, die er in erster Linie wegen des Schreibens schätze.
Nur ein Punkt ist schon im Vorfeld merkwürdig oder ulkig: ich habe gestern zufällig eine alte "Heiter bis tödlich"-Folge aus der ersten Staffel 2012 gesehen. Da hat die Oma aus ähnlichem Anlass, drohende Entdeckung durch Training von Geiern zwecks Einsatz beim BKA, eine Leiche aus dem Vorgarten ausgegraben und andernorts neu verbuddelt. Wäre fast gutgegangen, wenn sie nicht einen Finger übersehen hätte. Hier wird es gleich ein ganzer Arm. Nun ja, ich hoffe, der Film wird genauso spannend und amüsant, werde ihn mir sicher ansehen.