
Sandbergs Bürgermeisterin Sonja Reubelt hat sie bei einer Ortsbegehung am offenen Grab selbst schon von Bestattern gezeigt bekommen: sogenannte Wachsleichen, deren Verwesungsprozess durch den zu feuchten Untergrund zum Erliegen gekommen ist. "Das war schon grenzwertig", beschreibt sie schaudernd den Anblick.
Das Phänomen ist deshalb ein Problem, da die Körper der Toten in diesem Zustand weit über die vorgesehene Ruhefrist erhalten bleiben. Ein Problem, das in der Gemeinde bereits in den Ortsteilen Sandberg und Waldberg bekannt war. Beholfen hat man sich dort mit einem Verbot einfacher Erdbestattungen - ein Schritt, den die Gemeinde nun auch für die Ortsteile Schmalwasser und Langenleiten vollzogen hat.
Trotz Gutachten: lange kein Verbot, weil alternative Bestattungsmöglichkeiten fehlten
"Im Mai haben wir den Beschluss gefasst und die Friedhofssatzung insoweit geändert, dass künftig keine Erdbestattungen mehr möglich sein werden", erklärt Reubelt beim gemeinsamen Ortstermin mit Bauhofleiter Udo Kaiser auf dem Langenleitener Friedhof. Dass dieser Schritt erst jetzt kam, obwohl ein Gutachten bereits 2015 "erhebliche Bodenprobleme" festgestellt hatte, erklärt Kaiser damit, dass es sich dabei lediglich um eine Empfehlung gehandelt und Reubelt mit der Tatsache, dass es zum damaligen Zeitpunkt erst wenige Urnenbestattungsmöglichkeiten gegeben habe.

"Und man muss ja eine Alternative bieten. Wir haben eigentlich erst in den letzten Jahren so richtige Urnengräber und Grabkammern angelegt", erläutert die Juristin, "und die pflegefreien Gräber. Und dann haben wir gesagt, okay, jetzt ist alles da, jetzt können wir reagieren und ein Verbot durchsetzen", ergänzt der Bauhofleiter.
Grabkammern als alternative Erdbestattungsmethode mit hohen Kosten verbunden
Ein Schritt, der auch deshalb nötig sei, weil etwa die in Langenleiten bereits seit 2010 bestehende Reihe an Grabkammern bis jetzt noch unberührt im hinteren Teil des Friedhofs steht. "Die wurden nicht angenommen – wahrscheinlich auch aufgrund der höheren Kosten", vermutet die Bürgermeisterin.
Die belaufen sich für die Grabkammern, die sich überirdisch nicht von den anderen Grabstätten unterscheiden, unterirdisch jedoch über eine allseitige Einhausung aus Beton und ein eigenes Drainagesystem verfügen, mit jährlichen Kosten von 130 Euro auf deutlich mehr als das Doppelte einer herkömmlichen Einzelgrabstätte, die mit 56 Euro pro Jahr zu Buche schlägt.

Jedoch geht der Trend laut Reubelt ohnehin weg von der Erdbestattung: "80 Prozent sind ja Urnenbestattungen, also diese Brisanz ist ja draußen, deshalb war das jetzt ein guter Zeitpunkt, das zu erlassen". Wohl aus diesem Grund habe es bislang auch keinerlei Beschwerden über das Verbot gegeben, "das wurde jetzt einfach akzeptiert, hatte ich den Eindruck".
Ausnahme- und Sonderregelungen in der Übergangszeit
Die Bestattung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern in bereits vorhandenen Gräbern ist durch eine Ausnahmeregelung zudem auch weiterhin erlaubt. Für Schmalwasser, wo bislang noch keine Grabkammern existieren, besteht laut Reubelt darüber hinaus die Möglichkeit für drei weitere herkömmliche Erdbestattungen. "Das ist eine Sonderregelung. Und wir hoffen, dass das ausreicht, bis die Grabkammern da sind." Klappt der Bau wie geplant, sollten diese bis Ende nächsten Jahres fertiggestellt sein, so die Bürgermeisterin.
Die Sensibilität der Thematik ist ihr und dem Gemeinderat bewusst, weshalb man sich, trotz hoher Kosten, dafür entschieden habe, an jedem der Ortsteilfriedhöfe ein breites Angebot an Bestattungsmöglichkeiten zu schaffen. Rechtlich dazu verpflichtet, erläutert Reubelt, sei die Gemeinde dazu jedoch nicht, da alle Friedhöfe in einer Einrichtung geführt würden und es deswegen formal ausreichen würde, wenn die Erdbestattung auf irgendeinem der Friedhöfe möglich wäre. "Aber es gibt halt doch noch welche, die lassen sich nicht verbrennen und denen möchte man einen Platz auf ihrem Heimatfriedhof natürlich nicht verwehren."