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Bad Neustadt
VR-Bank-Fusion: Nicht nur IBAN-Nummer bleibt für Rhön-Grabfeld
Zwei Fusionen in sechs Jahren: Die VR-Bank will Akteur sein und nicht Getriebener. Bankvorstand Markus Merz über Abstimmungen mit dem Fuß und größere Stücke vom sozialen Kuchen.
Markus Merz, Vorstandsvorsitzender der VR Bank Brendlorenzen, ist gebürtiger Aubstädter und lebt mit seiner Familie in Meiningen. Im Gespräch mit der Redaktion erläutert er Hintergründe der geplanten Fusion mit der Schweinfurter Genossenschaftsbank.
Foto: Bildrechte VR-Bank | Markus Merz, Vorstandsvorsitzender der VR Bank Brendlorenzen, ist gebürtiger Aubstädter und lebt mit seiner Familie in Meiningen.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 13.02.2024 00:29 Uhr

Bis Ende des Jahres will die VR-Bank Rhön-Grabfeld mit der VR Bank in Schweinfurt fusionieren. Es wäre die zweite Banken-Verschmelzung innerhalb von sechs Jahren. Müssen sich die Kunden in Rhön-Grabfeld angesichts von Filialsterben und Digitalisierungsdruck Sorgen machen? Und passt dieses Banken-Gebilde überhaupt in die Region? Diese Redaktion sprach mit dem Vorstandvorsitzenden Markus Merz über die Auswirkungen und den Wandel im Finanzsektor.

Frage: Muten Sie den Kunden nach der Fusion von Genobank und VR Bank 2015 mit den neuerlichen Verschmelzungsplänen nicht etwas viel zu?

Markus Merz: Nein. Grundsätzlich dient die Fusion der Stärkung der Genossenschaft zur besseren Betreuung unserer Kunden. Die vielfältigen Bedürfnisse von Filiale bis Videoberatung, von Wohnbau- bis zur Projektfinanzierung und Vermögensanlage können durch eine starke Bank gemeinschaftlich besser erfüllt werden. 2015 hatte es 'nur' die Hälfte der Kunden (VR-Bank-Bereich) mit der neuen Bankleitzahl und neuen Kontonummern wirklich bemerkt. Bei dieser Fusion sind wir die übernehmende Bank, was der neuen Bank übrigens rund eine Million Euro an Grunderwerbssteuer sparen wird. Kontonummern und Bankleitzahl ändern sich nicht. Eventuell wird bei der technischen Zusammenführung im November unser System stundenweise nicht funktionieren, das kommunizieren wir aber rechtzeitig. Bei der letzten technischen Fusion waren die Automaten gerade einmal zwei Stunden außer Betrieb.

Wie viele Filialen in Rhön-Grabfeld haben seit 2015 geschlossen, wie viele bleiben noch?

Merz: Insgesamt haben wir unser Netz von Stand 2015 mit 32 besetzten Standorten auf jetzt 14 angepasst. Unser Filialnetz wurde 2017 und 2020 an das geänderte Nutzungsverhalten unserer Kunden angepasst. Immer weniger Menschen kommen an den Schalter für Bargeld, Auszüge oder Überweisungen. Der jährliche Rückgang beträgt zwischen zehn und 15 Prozent. Die Anforderung und Nutzung von digitalen Angeboten, die sieben Tage in der Woche und 24 Stunden am Tag verfügbar sind, steigt stetig. Die Überprüfungen unseres Filialkonzepts hat nichts mit einer Fusion zu tun. Wir prüfen wie alle deutschen Banken alle zwei bis drei Jahre unser Netz anhand ausführlicher Analysen. Sowohl die Frequenz als auch die Nutzung der Geldautomaten war in den jetzt geschlossenen Filialen stark rückläufig. Die Menschen stimmen hier mit dem Fuß ab. Die Corona-Pandemie mit vermehrtem bargeldlosen Bezahlen verstärkt den Wandel. 2020 gingen die Abhebungen an den Automaten noch einmal um rund 25 Prozent zurück. Dabei haben wir pro Automat jährliche Fixkosten von rund 25000 Euro.

Hat die Fusion Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit der Sparkasse, was die gemeinsame Nutzung von Beratungsfilialen betrifft?

Merz: Nein, auch hier verweise ich auf die vorhergehende Frage. Wir haben unser Filialkonzept überprüft und angepasst. Daraufhin haben wir mit der Sparkasse in den Orten Oberelsbach und Fladungen diese gemeinsamen Lösungen gefunden, worüber wir sehr glücklich sind. Auch am Campus betreiben wir die gemeinsame Selbstbedienungs-Filiale sehr erfolgreich. Und es gibt auch Überlegungen andernorts. Erst mit der nächsten Überprüfung unserer Filialkonzepte werden solche Fragen wieder aufkommen.

Die Zentrale der Volksbank Raiffeisenbank in Brendlorenzen. Ein Anbau auf dem so genannten Rösch-Areal soll langfristig den Platzbedarf des Bankhauses sichern.
Foto: Sonja Demmler | Die Zentrale der Volksbank Raiffeisenbank in Brendlorenzen. Ein Anbau auf dem so genannten Rösch-Areal soll langfristig den Platzbedarf des Bankhauses sichern.
Ist der Standort Brendlorenzen langfristig ausreichend von der Größe her, um die Arbeit zu schultern?

Merz: Unsere Standorte unterliegen einer ständigen Überprüfung. Zum einen planen wir die Erweiterung unseres Standortes in Brendlorenzen, unter anderem wegen des Ausbaus im Bereich Immobilien. Dies ist mit den künftigen Kollegen in Schweinfurt abgestimmt. Zum anderen beobachten wir seit Jahren einen Trend zum Homeoffice. Ob zukünftig noch große zentrale Verwaltungsgebäude benötigt werden, wird auch unter diesen Gesichtspunkten zu entscheiden sein. Das hat aber nichts mit der geplanten Fusion zu tun. Nach jetzigem Stand sollte der Platz mit dem Anbau dann ausreichen. Deswegen halten wir an unserem Projekt des Neu- bzw. Anbaus auf dem alten Rösch-Areal fest.

Sind Ihre älteren Kunden verunsichert? Wie stehen Sie älteren Kunden bei, die nicht so sehr online-affin sind?

Merz: Auch das ist keine Frage der Fusion, sondern der Angebote, die wir auch und gerade unseren älteren Kunden bieten. Wir beobachten keine  großflächige Verunsicherung bei unseren Kunden. Das sind, wenn überhaupt, Einzelfälle, die wir im persönlichen Gespräch auch beruhigen können. Die geplante Verschmelzung dient ja gerade der Stärkung unserer heimischen Bank und dem Erhalt und Ausbau unserer Dienstleistungen. Unabhängig von der geplanten Fusion steigt seit Jahren die Nachfrage nach Online-Angeboten. Das Verhältnis Filialkontakt zu Online-Kontakt beträgt mittlerweile 1:1000. Wussten Sie, dass Sie an den Wochentagen von früh um 6 Uhr bis abends 22 Uhr bei uns anrufen können und Aufträge durchführen lassen können oder vor allem auch Überweisungen vornehmen können?

Sie sprechen vom VR-Callcenter in Rödelmaier. Sind die Kolleginnen/Kollegen dort betroffen in irgendeiner Weise?

Merz: Nein. Die VRSD (VR-ServiceDirekt) ist ein Gemeinschaftsunternehmen mehrerer Genossenschaftsbanken, an der wir nur mit einem kleinen Teil beteiligt sind. Dort werden derzeit Aufträge und Calls von circa 25 Banken (aus ganz Bayern und auch anderen Bundesländern) abgearbeitet. Uns erreichen über diesen Zugangsweg täglich hunderte Anrufe. Wir wollen diesen Zugangsweg langfristig anbieten.

Das soziale/kulturelle Engagement ist ein wichtiger Faktor der regionalen Banken. Wird der 'Kuchen' durch die Fusion neu verteilt?

Merz: Nein, unsere Spendenvergaben richten sich ja vor allem nach den Gewinnsparerlösen und werden entsprechend regional verteilt. Unter Umständen können wir dann sogar bei größeren Projekten in der jeweiligen Region besser helfen. Beide Fusionsinstitute fördern bereits jetzt als nachbarschaftlich agierende Genossenschaftsbanken soziale, kulturelle, gemeinnützige usw. Einrichtungen und Ideen. Der 'Kuchen' wird also grundsätzlich nicht neu verteilt, wir würden eher einen größeren Kuchen anstreben.

Die Fusion erstreckt sich über drei sozial, kulturell und politisch unabhängige Räume Thüringen, Rhön-Grabfeld und Schweinfurt. Passt das neue Gebilde über diese ungleiche Landschaft?

Merz: Die Frage überrascht mich…..denn zwischen Unterfranken und Thüringen sind doch deutlich größere kulturelle Unterschiede und dort sind wir seit 30 Jahren fusioniert und arbeiten hervorragend zusammen. Unser Geschäftsgebiet in Meiningen und Umgebung läuft genau so gut wie hier in Bad Neustadt und Umgebung. Im Gegenteil, wir stellen sogar ein verbindendes Element dar, das den einzelnen Kulturräumen sogar zum Vorteil gereicht. Um nochmal auf das dann neue Gebiet Schweinfurt einzugehen: Dies stellt doch seit Jahrzehnten für unseren Raum einen gemeinsamen Wirtschaftsraum mit gemeinsamen Laufwegen dar. Das Einkaufverhalten und die Arbeitsplätze in der Industrie etc. sind doch absolut verbindende Elemente, da habe ich keinerlei Bedenken, dass dies nicht passt. Wir halten diese Landschaft nicht für ungleich. Unser Wirtschaftsraum ist geprägt durch mittelständische Unternehmen, Landwirtschaft und Handwerk. Neben dem Oberzentrum Schweinfurt (ca. 55.000 Einwohner) sind wir auch jetzt schon in den Kreisstädten Bad Neustadt und Meiningen sowie den Städten und Gemeinden in Rhön-Grabfeld und Südthüringen heimisch. Die Fusion soll die erfolgreiche Entwicklung unserer Bank in den letzten Jahren fortführen. Sie dient vor allem auch dazu, die Stärken der beiden Banken zu bündeln. Von unseren Mitarbeitenden und Führungskräften haben wir bereits viel Zuspruch erhalten.

Bankenfusion

Die Volksbank Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld eG und die VR-Bank Schweinfurt eG wollen bis Ende des Jahres zur "VR-Bank Main-Rhön eG" fusionieren. Damit entstünde die zweitgrößte Genossenschaftsbank in Unterfranken nach Aschaffenburg mit einer Bilanzsumme von 2,48 Milliarden Euro. Das Gesamtkundenvolumen liegt bei 4,8 Milliarden Euro. Die neue Bank besäße ein Filialnetz von 20 Geschäftsstellen, rund 106000 Kunden und 52000 Mitgliedern. Die Nord-Süd-Ausdehnung der Flächenbank würde 90 Kilometer zwischen Meiningen und Schweinfurt betragen. Jeweils rund 200 Mitarbeiter zählen zu den bisher getrennt operierenden Genossenschaftsbanken.
Geplant sind im April Vertreter-Informationsveranstaltungen zur geplanten Fusion. Im zweiten Quartal stehen Vertreterversammlungen ohne Beschlussfassung an, im Juli dann Versammlungen mit Beschlussfassungen. Die neue Bank besäße Verwaltungssitze in Brendlorenzen sowie in Sennfeld.
(fg)
 
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Kommentare
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  • RGPBR@aol.com
    Die VR-Bank ist keine Genossenschaftsbank mehr. Ich frage mich nur ob die gewählten Vertreter hier auch alle zustimmen oder ob das nur Formsache ist weil sie auch schon gekauft wurden
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  • wwietschorke@freenet.de
    Sparkassen und Raiffeisenbanken sind eigentlich dem Volk satzungsgemäß verpflichtet. Wen interessiert es? Die Sparkassen machen es vor, die Raiffeisenbanken machen es nach, der Konkurrenzkampf auf dem Land ist beendet. Die Kundschaft zu Onlinebanking gedrängt, die Bankbesucherzahl rückgängig, was wollen wir noch mehr, wir schließen die Filialen und sparen Miete und Personalkosten. Sollen die Leute doch schauen wo sie Bargeld herbekommen. Die aktuelle Coronazeit mit dem Hinweis zahlen Sie bargeldlos hilft noch dazu. Dass wir aber ohne Bargeld steuerbar sind, daran denken die Wenigsten. Wie schnell lassen sich dann Konten teilsperren oder ganz und gar. Der Giroverkehr wird beobachtet nicht nur von der Bank auch von anderen Stellen. Wo bleiben für ältere Leute, die ja noch das Sparen gelernt haben, die Kontaktmöglichkeiten? Unsere Berater besuchen Sie gerne, so die Werbung der Banken, aber doch nicht den kleinen Sparer, zu wenig Profit. Arme Banken Quo Vatis??
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  • karlheinz.lottig@gmx.de
    Die Anpassung der Filial-Anzahlen ist nachvollziehbar; man muss ja nur die Einwohneranzahlen einzelner Ortschaften als Massstab heranziehen.
    Verlogen werden die Aussagen jedoch in Bezug auf die Nutzung von Automaten; mit deren Abbau kann man leicht noch vorhandene Kunden vertreiben.
    Abschliessend sei dem jetzigen Fuehrungspersonal ein gelegentliches Nachlesen in den eigenen Satzungen empfohlen. Von einer konkurrenzfaehigen Gleichartigkeit mit "normalen" Geschaeftsbanken steht dort nichts. Die Gruendung von VR-Banken erfolgte auf der Basis des gemeinschaftlichen Genossenschafts-Gedanken und dem Bestreben, regional Handwerkern, Kleinunternehmern und ortsansaessigen Buergern Zugang zu Bankgegeschaeften zu bieten. Gewinnmaximierung und der Bau von eigenen Palaesten lassen Herrn Raiffeisen und Gleichgesinnte "im Grab rotieren".
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  • b.schlusche@gmx.net
    "Immer weniger Menschen kommen an den Schalter für Bargeld, Auszüge oder Überweisungen." Wieso nur, könnte es vielleicht an den massiven Preisanstiegen für die vorgenannten Dienstleistungen in den entsprechenden Kontomodellen liegen. Wie verlogen jetzt umgekehrt das Kundenverhalten als Begründung für Filialeinsparungen aufzuführen. Euch werden die verbliebenen Kunden auch noch davonlaufen wenn ihr so weiter macht. Fragt sich wie lange es überhaupt noch Bargeld gibt, den Leuten wird ja nur noch Digital schmackhaft gemacht, einfach traurig.
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