
Am Wochenende dürften es wieder Tausende sein, die nach einer freiwilligen Coronapause wieder zum Rhöner Wurstmarkt nach Ostheim kommen. Zum elften Mal öffnet die Feinschmecker-Meile im Zentrum der Altstadt entlang der Marktstraße. Regionalität und handwerkliche Herstellung sind das zentrale Thema beim Wurstmarkt. Doch welche Zukunft hat das Metzgerhandwerk angesichts von Preis-Dumping, Energiekrise und dem Trend zur fleischlosen Ernährung? Wir fragten nach bei vier Vertretern der Zunft.
1. Andreas Ortlepp (47) aus Ostheim: "Der Begriff Sonntagsbraten soll wieder eine Bedeutung haben"

"Ich sehe im Fleischerhandwerk durchaus einen Beruf mit Zukunft, vor allem, wenn man wie ich eine Nische bedient. Die Kunden kommen gezielt, weil wir Qualität aus der Region bieten und zum Beispiel auf Strohschweine setzen, die artgerecht gehalten werden und keine langen Transportwege zum Schlachter haben. Das lassen sich die Kunden auch gern mehr kosten als Supermarktware.
Mit coolen Konzepten wie etwa Grillkursen und Anleitung zum Kochen versuche ist nicht nur, die Kundschaft zu begeistern, sondern auch, neue Lehrlinge zu finden. Bislang habe ich genug Personal, aber gerade viele junge Leute schrecken vor dem Beruf zurück. Von daher finde ich es gut, dass der bayerische Fleischerverband eine Imagekampagne gestartet hat, um das Fleischerhandwerk in ein besseres Licht zu rücken.
Die Energiepreise bereiten mit durchaus Sorgen, zumal insbesondere der Stromverbrauch durch den notwendigen Betrieb der Kühlaggregate nicht gesenkt werden kann. Im kommenden Jahr werde ich an das Ostheimer Nahwärmenetz angeschlossen, so dass ich Gas sparen kann.
Für mich ist der Weg in die Zukunft, dass wir allgemein wieder weniger, aber dafür besseres Fleisch essen, so dass der Begriff Sonntagsbraten wieder eine Bedeutung erhält und etwas Besonderes ist. Für mich ist es aber auch völlig in Ordnung, wenn sich jemand vegetarisch ernähren möchte."
2. Johannes Dietz (34) aus Mellrichstadt: "Die Leute wollen heute wissen, woher die Tiere kommen"

"Wir Metzger stellen keine Massenware her, sondern bieten unseren Kunden Qualität, das macht unser Handwerk aus. Bio ist auch in meinem Laden Trend, das fragen die Kunden gezielt nach – nicht nur bei Rind- und Schweinefleisch, sondern auch bei Geflügel.
Heute wollen die Leute einfach wissen, woher die Tiere kommen, entsprechend gut wird das Fleisch von regionalen Betrieben gekauft. Auch wenn es mehr kostet als im Discounter. Besondere Spezialitäten sprechen die Kunden ebenfalls an. Das ist der Weg, den wir als Handwerksbetriebe gehen müssen.
Die Entwicklung der Energiekosten muss ich dabei natürlich auch im Blick behalten. Im Betrieb gibt es kaum Einsparpotenzial, insbesondere beim Strom. Die Kühlung muss Tag und Nacht laufen. Bislang wirkt sich das aber nicht einschneidend auf die Preise im Laden aus. Vegane Produkte sind im Geschäft nicht gefragt, würde ich aber auch nicht anbieten. Wer kein Fleisch essen möchte, geht besser nicht in eine Metzgerei.
Dass es in unserem Handwerk an Nachwuchs mangelt, ist durchaus ein Problem, obwohl ein Lehrling heute deutlich besser verdient als noch vor zehn Jahren. Aber wer nicht mit Leidenschaft bei der Sache ist, sollte ohnehin besser einen anderen Beruf wählen."
3. Markus Alles aus Frauenroth (37): "Unser Beruf ist kreativ und zukunftssicher"

"Unser Beruf ist sehr kreativ und zukunftssicher. Leider ist der Fachkräftemangel auch bei uns zu beklagen. Ohne Quereinsteiger, welche ich selbst geschult habe, hätten wir bereits jetzt schon ein massives Personalproblem. Leider ist keine Trendwende zu erkennen.
Dazu haben wir aktuell mit den Energiepreisen zu kämpfen. Sollten sie weiterhin in dieser Höhe bleiben, können wir diese nicht mehr stemmen. Die Politik muss uns verbindlich die Versorgung mit Energie zu erträglichen Preisen zusichern, sonst sind wir vielleicht wirklich gezwungen aufzugeben.
Was den Trend zur vegetarischen Küche betrifft, so sind wir aufgeschlossen. Wir überlegen, unser Sortiment in diese Richtung zu erweitern. Viele Menschen ernähren sich Großteils vegetarisch, essen aber nach wie vor gelegentlich Fleisch. Das ist aber eher eine Chance der handwerklichen Metzgereien, da diese Zielgruppe meist auch großen Wert auf Regionalität und Qualität legt.
Von unseren Kunden höre ich immer wieder, dass sie sich nicht mehr so häufig Fleisch leisten können, aber wenn sie Fleisch essen, dann ein Stück aus einer guten Haltungsform und fachmännisch hergerichtet. Dieser Trend ist bei der Wurst noch größer. Meine Kunden achten immer mehr darauf, dass sie zwar grundsätzlich weniger Wurst kaufen, aber dann oft einfach etwas Besonderes."
4. Stephan Glasauer (55) aus Münnerstadt: "Regionalität ist für mich von großer Bedeutung"

"Ich persönlich bin in der glücklichen Lage, dass mein Sohn Dominik ins Geschäft eingestiegen ist und sogar schon seinen Meister gemacht hat. Aber Nachwuchssorgen plagen ansonsten alle. Das Image des Handwerks bei jungen Leuten entspricht jedoch nicht der Realität. Ich arbeite auch gern mit ausländischen Kräften, weil sie im Normalfall besonders motiviert sind.
Was die aktuelle Energiekrise betrifft: Bisher sind die Preise der Zulieferer noch stabil, sodass ich keine Anpassungen vornehmen musste. Nur bei Verpackungen ist der Kostendruck groß. Eine Möglichkeit, Preise zu kompensieren, habe ich kaum, da ich zum Beispiel Personalkosten auf jeden Fall stabil halten will.
Ich bemerke durch den Vegetarier-Trend allgemein keinen Rückgang. Nur bei den besonders hochpreisigen Produkten ist die Nachfrage leicht rückläufig. Die Stammkundschaft ist mir treu geblieben, aber man muss etwas tun und sich in der Öffentlichkeit präsentieren.
Ich bleibe meiner Linie treu und biete keine vegetarischen Produkte an. Dafür ist die Regionalität für mich von großer Bedeutung. Kunden fragen auch nach der Herkunft, und dann kann ich antworten, dass ich ausschließlich in der umliegenden Region einkaufe. Das Qualitätsbewusstsein ist allgemein hoch, das gilt für den Kunden im Laden wie für den Großabnehmer."