Egal ob man die Gegend per Fuß oder auf dem Rad bezwingt, oben angekommen hat man bei entsprechend schönem Wetter einen tollen Ausblick in die Ferne. Gemeint ist der Bereich "Am Langen Hans" in Brendlorenzen, unter anderem ein geselliger Treffpunkt bei den Johannisfeuer-Feiern.
Dass dort hoch droben eines der modernsten Bauwerke Bad Neustadts recht unbeachtet Tag für Tag wertvolle Dienste für die Bürgerinnen und Bürger verrichtet, dürfte noch nicht jeder bemerkt haben. Gemeint ist das neue Wasserwerk mit Hochbehälter. Der Grund: Corona.
Denn offiziell "eingeweiht" wurde der Hochbehälter bereits Ende März 2020. Also genau zu jener Zeit, als das Virus Deutschland in den Würgegriff nahm und deshalb ein geplanter Tag der offenen Tür bis heute nicht stattfinden konnte.
Was hat sich mit dem Neubau verändert?
Und so wissen auch nur die wenigsten, dass sich mit dem rund 3,7 Millionen Euro teuren Neubau, der auch optisch punkten kann, die frühere Konzeption rund um die Trinkwasserversorgung in diesem Bereich grundlegend verändert hat. Dies erklären Ulrich Leber, Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Neustadt und Wassermeister Sascha Kirchner bei einem seltenen Rundgang durch das Gebäude.
Früher gab es zwei Brunnen am Bersbach und einen dritten bei Querbachshof sowie drei Betriebspunkte – das Wasserwerk Brendlorenzen sowie die beiden Hochbehälter am Langen Hans. Das Problem: Alle Bauwerke und deren Technik waren in die Jahre gekommen. Das Wasserwerk wurde im Jahr 1967 gebaut, die beiden Hochbehälter 1960 beziehungsweise 1974. "Eine Sanierung war daher grundsätzlich erforderlich", so Leber.
Da ein Ausbau nur begrenzt möglich war, entschied man sich 2018 zu der gänzlich neuen Konzeption. Einer der beiden Brunnen am Bersbach wurde aufgelassen, das Wasserwerk und die beiden Hochbehälter gingen in einem Neubau auf, die Betriebspunkte wurden so reduziert.
Eine neue Anbindung nach Bad Neustadt
Ein weiterer Vorteil: Eine Anbindung an das Trinkwassernetz von Bad Neustadt ist geschaffen worden. "Sollten wir einmal Probleme bekommen, können wir jetzt Wasser von Brendlorenzen hinüberschieben und umgekehrt", freut sich Sascha Kirchner über eine neue Flexibilität und Erleichterung. Möglich geworden ist dies, da der neue Hochbehälter etwas angehoben wurde und jetzt auf dem gleichen Höhenniveau liegt wie die großen Behälter Hohenroth und Luitpoldhöhe (Mühlbach).
Schließlich müsse man, ergänzt Leber, der Bevölkerung auch an den verbrauchreichsten Tagen im Jahr genug Wasser zur Verfügung stellen. Das sei meistens im Juni/Juli der Fall, wenn die Gärten ausgiebig gegossen werden.
Sorgen, dass das Wasser einmal knapp werden könnte, hat er nicht. "Bereits meine Vorgänger haben weitsichtig geplant und für eine gut vernetzte Struktur gesorgt", sagt der Stadtwerke-Chef. Zusätzlich sorgt eine Anbindung an die Mellrichstädter Gruppe dafür, "dass wir auf vielen Standbeinen stehen."
Was befindet sich im neuen Hochbehälter?
Im Hochbehälter durchläuft das Wasser verschiedene Aufbereitungsstufen. Das Rohwasser gelangt zunächst in einen Oxidator. Durch eingeblasene Luft fällt Mangan und Eisen aus. Eine UV-Anlage sorgt anschließend dafür, dass Bakterien im Wasser abgetötet werden würden. "Das dient bei uns aber eher der Prophylaxe, da wir ohnehin schon unverkeimtes Wasser haben", beruhigt Ulrich Leber. In einem letzten Schritt findet eine Entsäuerung des Wassers statt. Das Wasser wird durch einen Belüfter so eingestellt, dass es sich im entsprechenden Gleichgewicht von Kalk und Kohlensäure befindet.
Mit am auffälligsten im neuen Hochbehälter sind die beiden großen Reinwasserkammern mit einem Fassungsvermögen von jeweils 650 Kubikmetern. "Das ist quasi der Ersatz für das Brender Hallenbad", witzelt Leber. Sollte es für die Zukunft nötig sein, habe man im Gebäude bewusst noch Platz freigelassen für eine weitere technische Aufrüstung.
Dass sich der Neubau bereits bezahlt gemacht hat, bemerkt allen voran Sascha Kirchner, der im Hochbehälter täglich nach dem Rechten sieht. "Die Anlage ist sehr pflegeleicht und stabil", freut sich der Wassermeister über nahezu keinerlei Störungen seit der Inbetriebnahme. Mit dem Blick auf einen Kontrollmonitor würde er Anzeichen für einen Rohrbruch ohnehin schnell erkennen, Stör-Benachrichtigungen auf das Handy erleichtern die Überwachung zudem.
Werbung für den Schluck aus dem Wasserhahn
"Das Wasser aus dem Hahn ist daher selbstverständlich geworden, wie Strom aus der Steckdose", sagt Ulrich Leber in diesem Zusammenhang über ein heute verändertes Bewusstsein. Deshalb sei es seiner Ansicht nach wichtig, gerade jüngeren Menschen nahezubringen, "was wir mit dem Wasser so treiben", beispielsweise mit Aktionen in Schulen, beim Erntedankfest oder über das städtische Sommerprogramm. "Denn unser Wasser ist von der Qualität her vergleichbar mit Mineralwasser", wirbt er für den preiswerten Schluck aus dem heimischen Hahn. "Man muss keine schweren Kisten schleppen."