Das frühere Schuhhaus Dietz in der Hohnstraße von Bad Neustadt wird derzeit umgebaut und soll im kommenden Jahr als Geschäfts- und Wohnhaus eine neue Nutzung erfahren. Bei den Baumaßnahmen wurden Teile des Fachwerks im Innern freigelegt sowie der Dachstuhl genauer untersucht. Das Ergebnis ist eine Überraschung: Das von außen kaum als Denkmal wahrzunehmende Haus stammt aus dem Jahre 1417 und ist damit eines der ältesten Häuser der Stadt.
Sein Schuhgeschäft hat Peter Dietz im vergangenen Jahr aufgegeben, das Haus in der Hohnstraße 9 hat er inzwischen verkauft. Die neuen Eigentümer, die nicht namentlich in der Zeitung genannt werden möchten, bauen das Haus um und modernisieren es von Grund auf. Obwohl Dietz nicht mehr Eigentümer ist, macht es ihm sichtlich Spaß, beim Abschlusstermin bezüglich der denkmalpflegerischen Untersuchungen durch die einstigen Räume des Schuhgeschäfts zu gehen. Im ersten Stock, zwischen allerlei Bauschutt und Baumaterial, steht sogar noch die Kinderrutsche, für die das Schuhhaus einst bekannt war.
Eine Sensation im Dachstuhl des ehemaligen Schuhhaus Dietz Bad Neustadt
Die eigentliche Sensation wurde aber noch einen Stock höher, im Dachstuhl, entdeckt. Die Mitarbeiterin des Architekturbüros von Dominik Wukowojac aus Mellrichstadt, Josefin Schnepf – sie hat einen Masterabschluss in Denkmalpflege – hatte beim Blick auf die historischen Balken im Dachstuhl einen Verdacht. Der herbeigerufene Experte für die Datierung historischer Hölzer, Holzwirt Dr. Thomas Eißing von der Universität Bamberg, konnte diesen Verdacht im Rahmen einer dendrochronologischen Untersuchung bestätigen.
Bei einer solchen Untersuchung werden Bohrkerne des Holzes entnommen. Anhand der typischen Jahresringe kann so sehr genau das Datum ermittelt werden, an dem der entsprechende Baum geschlagen wurde. Erfahrungsgemäß wurde das frisch geschlagene Holz seinerzeit sofort verarbeitet und verbaut. Ergebnis bezüglich der Hohnstraße 9: Das Holz im ältesten, dem vorderen Teil des Dachbodens, wurde in den Jahren 1417/18 geschlagen und verbaut.
Damit ist das ehemalige Schuhhaus Dietz eines der ältesten Häuser der Stadt. Allein die Alte Amtskellerei ist noch ein paar Jahrhunderte älter. Laut Eißing ist die Überraschung in der Hohnstraße 9 eine gar nicht so große. Der Experte für alte Hölzer schätzt, dass in den kommenden Jahren rund um den Marktplatz noch mehrere ähnlich alte Befunde entdeckt werden.
Giebel datiert auf das Jahr 1530
In den vergangenen Tagen waren Studenten des Masterstudiengangs Denkmalpflege der Universität Bamberg in dem Haus in der Hohnstraße beschäftigt, um im Rahmen des Schwerpunktthemas "Historische Dachtragwerke" dem Dachstuhl wie dem gesamten Haus weitere Geheimnisse zu entlocken. "Die Studenten haben alle Schichten der Baugeschichte freigelegt", sagte Thomas Eißing. So gliedert sich das Haus in zwei Teile. Den vorderen, älteren, und den hinteren, ein wenig jüngeren Teil. Der Giebel, der von außen verputzt und somit unsichtbar ist, datiert auf das Jahr 1530.
Wie bei vielen alten Häusern hat auch das Haus in der Hohnstraße im Laufe der Jahrhunderte enorme Veränderungen erfahren. Dennoch ist die historische Bausubstanz nach Abnahme von Verblendungsmaterial in allen Stockwerken klar erkennbar. Die neue Bauherrschaft will diese historische Substanz erhalten und sichern. Das ist vor allem im Dachstuhl auch dringend geboten, den dieser weist einige Schwachstellen auf, die im Rahmen einer Restaurierung ertüchtigt, sprich: gesichert werden müssen.
Das alles soll in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege stattfinden, wie Gebietsreferent Christian Schmidt bestätigte. Dazu ist zunächst ein erster, wichtiger Schritt notwendig: Die Aufnahme als Einzeldenkmal in die Denkmalliste der Stadt. Dort steht es nämlich noch gar nicht drin. Bislang ging man davon aus, dass es sich um ein Haus aus dem 18. oder 19. Jahrhundert handelt. Tatsächlich ist das ehemalige Schuhhaus Dietz aber mehr als 600 Jahre alt.