Die Schaufenster des Schuhhauses Dietz in der Hohnstraße sind seit einigen Tagen abgeklebt. Darauf zu sehen sind im Eingangsbereich auch zwei lustige Erdmännchen, die im Dialog zueinander stehen: "Du, der Dietz macht zu!", sagt das eine. "Schad!", das andere - und trifft damit wohl exakt die Meinung vieler Bad Neustädter.
Schließung hat nichts mit Corona und Lockdowns zu tun
Seit 100 Jahren gibt es Schuhe bei Familie Dietz. Nun soll Schluss sein. Die Schließung im Jubiläumsjahr 2021 ist ein lange geplanter Schritt in den Ruhestand von Peter Dietz und seiner Frau Petra. Vor zwei Jahren hat sich die Familie bereits zur Schließung des Schuhhauses entschlossen und alles auch mit den Mitarbeiterinnen besprochen. Mit Corona und den Lockdowns, das beteuert Peter Dietz, hat die Schließung nichts zu tun. Die beiden Firmeninhaber wollen einfach zeitig in den Ruhestand gehen und diesen gemeinsam mit Kindern und Enkeln genießen.
Andere Firmen feiern zu einem solchen Anlass ein großes Fest. Das Schuhhaus Dietz hingegen macht Feierabend, und das für immer. Nach 100 Jahren soll es schon bald keine Schuhe mehr vom Dietz geben. Peter Dietz, 63, will gemeinsam mit seiner Frau in diesem Jahr in den Ruhestand gehen. Damit endet ein langes und für viele Bad Neustädter fast schon selbstverständliches Traditionsgewerbe in der Altstadt.
Alles begann im Jahre 1921 an der Salzpforte
Orthopädieschuhmachermeister Georg Dietz hatte im Jahre 1921 mit der Herstellung von Schuhen begonnen, damals an der Salzpforte. 1930 erfolgte der Umzug seiner Werkstatt in die Hohnstraße 10. In den jetzigen Firmensitz in der Hohnstraße 9 zog Familie Dietz 1936. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernehmen Erich Dietz und Rudolf Dietz das Schuhgeschäft, in den 60er Jahren wird die Verkaufsfläche wesentlich erweitert. Die Rutsche, auf der Generationen Bad Neustädter Bürger erst gerutscht sind und dann Schuhe anprobiert haben, kam 1975 ins Geschäft. "Die Rutschbahn ist bis heute die Attraktion in der Kinderabteilung", sagt Peter Dietz.
Im Jahre 1987 gibt Erich Dietz die Orthopädiewerkstatt ab und konzentriert sich ganz auf den Verkauf. Mit dem Ausscheiden von Rudolf Dietz 1995 ging das Schuhhaus Dietz an dessen Sohn Peter über, ein Jahr später feiert die Familie das 75-jährige Geschäftsjubiläum. 2007 erfolgten zuletzt eine Erweiterung der Verkaufsräumlichkeiten und ein barrierefreier Zugang.
Was mit der Immobile passiert, ist noch nicht klar
Wann genau das Schuhhaus Dietz nun seine Pforte schließt, steht nach Auskunft von Peter Dietz noch nicht fest. Erst mal müssen die noch darin befindlichen Bestände verkauft werden. Was anschließend mit der Immobilie passiert, will obendrein noch geplant werden. Das Haus befindet sich im Besitz der Familie Dietz. Ein Gewerbe zur Miete wäre im Erdgeschoss für Peter Dietz vorstellbar, im ersten Stock aber eher Wohnräume. Das alles steht aber noch nicht fest.
"Wir haben unseren Familienbetrieb immer mit Leib und Seele geführt und das wirklich sehr gerne gemacht", sagt Peter Dietz. Ein großes Dankeschön geht von Seiten der Familie an die vielen langjährigen Stammkunden, die das Schuhhaus in Zukunft wohl vermissen werden. "Bis heute kommen Mütter und Väter mit ihren Kindern zu uns, sehen die Rutschbahn in der Kinderabteilung und sagen: Da bin ich als Kind auch schon gerutscht", erinnert sich Peter Dietz.