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Niederlauer
Über 500 Jahre altes Gebäude: Warum Edgar Schmitt aus der Rhön seinen Zehnthof seit 20 Jahren mit einer Wärmepumpe heizt
Trotz Denkmalschutz und dicker Wände: Edgar Schmitt installierte eine Wärmepumpe im Zehnthof. Was der Grund ist und warum er dafür sogar einen Brunnen bohren ließ.
Edgar Schmitt saniert seit mehr als 20 Jahren seinen historischen Zehnthof in Niederlauer. Dabei nutzt er trotz des Denkmalschutzes auch eine Wärmepumpe, Photovoltaik und moderne Dämmung.
Foto: Josef Lamber | Edgar Schmitt saniert seit mehr als 20 Jahren seinen historischen Zehnthof in Niederlauer. Dabei nutzt er trotz des Denkmalschutzes auch eine Wärmepumpe, Photovoltaik und moderne Dämmung.
Kristina Kunzmann
 |  aktualisiert: 15.07.2024 13:25 Uhr

Ein mehr als 500 Jahre altes Gebäude und eine Wärmepumpe, das passt doch nicht zusammen: Hätte Edgar Schmitt vor mehr als 20 Jahren auf Meinungen wie diese gehört, würde in seinem historischen Zehnthof in Niederlauer heute wohl Gas für Wärme sorgen. Den Anschluss dafür hatte er schon kurz nach dem Kauf 2001 legen lassen. Doch Schmitt ist niemand, der sich vorschnell von einer Idee abbringen lässt. Und so verrichtet in den jahrhundertealten Mauern heute doch eine Wärmepumpe statt einer Gastherme ihren Dienst.

Bei der Sanierung ist es Edgar Schmitt wichtig, das Alte zu erhalten und mit dem Neuen zu verbinden. Im Bild zeigt er einen historischen Türstock. Dahinter entsteht gerade ein modernes Badezimmer.
Foto: Josef Lamber | Bei der Sanierung ist es Edgar Schmitt wichtig, das Alte zu erhalten und mit dem Neuen zu verbinden. Im Bild zeigt er einen historischen Türstock. Dahinter entsteht gerade ein modernes Badezimmer.

"Wärmepumpen waren für Heizungsbauer vor 20 Jahren noch total exotisch. Sie wussten entweder gar nichts davon oder rieten ab, vor allem im Altbau", erinnert sich Schmitt, dem Umweltschutz und Nachhaltigkeit wichtige Anliegen sind. Man brauche Mut und Leute, die Ahnung haben und "nicht so altbacken" sind, meint er. Deshalb sucht er Rat bei einem Kältetechniker, der ihn überzeugt, dass auch in einem Altbau eine Wärmepumpe möglich ist – "wenn man es richtig macht".

Edgar Schmitt aus Niederlauer musste einen Brunnen bohren lassen

Schmitt will es richtig machen und entscheidet sich für eine wasserführende Wärmepumpe, auch wenn diese deutlich mehr kostet als eine Gasheizung. Warum? "Sie ist sehr effizient. Aus einem Kilowatt Strom gewinnt die Wasser-Wärmepumpe rund fünf Kilowatt Energie, bei einer luftgeführten Wärmepumpe sind es 2,5, bei Gas oder Öl nur 0,7 bis 0,9 Kilowatt", rechnet der 64-Jährige vor. Zudem funktioniere sie unabhängig von den Außentemperaturen, da das Grundwasser konstant eine Temperatur von 11 bis 12 Grad habe.

Der Zehnthof wurde um 1530 erstmals urkundlich erwähnt und war einst das zentrale Gebäude in Niederlauer. Inhaber Edgar Schmitt bezeichnet es als 'Schätzchen', das er erst frei graben musste.
Foto: Josef Lamber | Der Zehnthof wurde um 1530 erstmals urkundlich erwähnt und war einst das zentrale Gebäude in Niederlauer. Inhaber Edgar Schmitt bezeichnet es als "Schätzchen", das er erst frei graben musste.

Über einen Wärmetauscher gelangt das Wasser aus einem neu gebohrten "Saugbrunnen" in die 25-Kilowatt-Wärmepumpe. Diese entzieht dem Grundwasser Energie für Heizung und Warmwasser. Dann führt sie das um drei bis vier Grad abgekühlte Wasser über einen "Schluckbrunnen"  – dieser war auf dem Grundstück bereits vorhanden und musste nicht extra gebohrt werden – ins Grundwasser zurück. 

Gedanken, ob der sinkende Grundwasserspiegel sein Heizsystem in Gefahr bringen könnte, mache er sich durchaus, so Edgar Schmitt. "Da der Brunnen aber 20 Meter tief ist und wir bereits bei elf Metern auf Wasser gestoßen sind, haben wir reichlich Reserve. Und es fließt ja auch wieder zurück ins Grundwasser", meint er.

Denkmalschutz setzt Grenzen bei der Installation von Photovoltaik in Niederlauer

In einem Schichtspeicher neben Schmitts Wärmepumpe sammelt sich oben Warmwasser und unten Heizungswasser. "Weil ich so wenig Strom wie möglich brauchen möchte, habe ich einen Heizstab eingebaut, den ich an meine Photovoltaikanlage auf dem nicht denkmalgeschützten Nebengebäude anschließen kann. So muss ich im Sommer für das Warmwasser nicht die Wärmepumpe laufen lassen", erläutert Schmitt. Gerne würde er auch auf dem Dach des Haupthauses Photovoltaik installieren, das ist aber aufgrund des Denkmalschutzes nicht erlaubt.

Als weitere Ergänzung steht im Wohnraum des Zehnthofs, der um 1530 erstmals urkundlich erwähnt und dessen Struktur seither bis auf den Bau eines Nebengebäudes nicht verändert wurde, ein wasserführender Vergaser. Dieser Holzofen bringt mehr Leistung, als für den Wohnraum gebraucht wird.

Die nicht benötigte Energie speist er in den Speicher ein, sodass sie sich im ganzen Haus verteilen kann. Im Gewölbekeller, Flur und Bad gelangt die Wärme über eine Fußbodenheizung in die Räume, im Wohn- und den anderen Zimmern größtenteils über Decken- und Wandheizung.

Edgar Schmitt ist Künstler, Elektroniker und handwerklich geschickt. 70 bis 80 Prozent Eigenleistung brachte er bisher in die Sanierung seines Anwesens ein, das er komplett entkernte. Er baut Treppen, baggert und verlegt Leitungen. "Sonst wäre das brutal teuer geworden, wenn man es so aufwendig machen will wie wir", gibt Schmitt zu.

Auf diese rund 500 Jahre alte Wandmalerei in seinem Zehnthof in Niederlauer ist Edgar Schmitt besonders stolz. Um sie nicht zu zerstören, befinden sich dahinter keine Heizspiralen.
Foto: Josef Lamber | Auf diese rund 500 Jahre alte Wandmalerei in seinem Zehnthof in Niederlauer ist Edgar Schmitt besonders stolz. Um sie nicht zu zerstören, befinden sich dahinter keine Heizspiralen.

Wie denkt Schmitt heute über seine Heizungswahl? Es sei ein Risiko gewesen, in 60 Zentimeter dicke Steinwände eine Wärmepumpe zu installieren, räumt der 64-Jährige ein. Edgar Schmitt setzte dreifach verglaste Eichenfenster ein und dämmte, wo es "halbwegs Sinn macht". Den Dachboden und eine dünne Fachwerkwand isolierte er mit ökologischen Holzfaserplatten.

Edgar Schmitt: "Es ist gut, dass wir langsam ein bisschen umdenken beim Heizen"

Dennoch: "Es ist nicht optimal. Aber die Wärmepumpe ist eine Lösung, die nachhaltig und auf Dauer sinnvoll ist", bilanziert Schmitt. "Denn vielleicht kann man es sich in zehn Jahren gar nicht mehr leisten, mit Gas zu heizen. Oder nur noch einzelne Räume, so wie früher. Wenn der Strompreis ins Unermessliche explodiert, haben wir natürlich ein Problem, aber das gibt es auch in anderen Bereichen".

Ihm ist es ein Anliegen, anderen die Angst zu nehmen, im Altbau eine Wärmepumpe zu installieren. "Heutzutage muss man dafür ja oft auch nur die Heizkörper tauschen und braucht nicht einmal Fußboden- oder Wandheizung. Die Technik hat sich weiterentwickelt. Es ist gut, dass wir langsam ein bisschen umdenken beim Heizen", sagt Edgar Schmitt. 

Bisher hat Schmitt die Heizung vor allem für Veranstaltungen in seinem Gewölbekeller genutzt und damit gute Erfahrungen gemacht. In zwei bis drei Monaten will er mit seiner Frau Elisabeth Ried ins Haus einziehen, dann wird er sehen, ob das System sich auch im Alltag bewährt. "Im Winter haben wir die Wandheizung schon mal laufen lassen, das war gemütlich und hat einen guten Eindruck gemacht", zeigt sich Edgar Schmitt optimistisch.

 
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  • S. W.
    Gute Sache, aber es kann doch aber auch nicht jeder mal so schnell das Grundwasser anbohren.... Was ticktricktrack schreibt ist doch auch ein Ansatz..... Sparen und weniger Öl und Gas verbrauchen. Kann es nur bestätigen, ich konnte auch 30 % Gas sparen indem ich Raumtemperatur / Vorlauf temperatur verringert habe..... Das kommt mir in der aktuellen Diskussion zu kurz. Man meint immer nur dass man alle fossilen Heizungen sofort rausschmeißen muss.
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  • K. K.
    @elton: stimmt, für die Bohrung des Grundwasserbrunnens ist eine Genehmigung nötig. Zur Zeit der Brunnen-Bohrung von Herrn Schmitt war das noch nicht der Fall, dennoch hat er bei den Ämtern um Zustimmung, die er erhielt. Viele Grüße, Ihre Redaktion
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  • S. T.
    Die Preise für Wärmedämmmaterial haben sich in den letzen 2 Jahren teilweise mehr als verdopoppelt da hatter er Glück gehabt das vorher gemacht zu haben. Bei den hohen Preisen lohnt es also aktuell nicht für Altbauten eine Wärmepumpe einzubauen.
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  • R. A.
    Sagt wer?
    Einer der es gemacht hat oder einer der nur nachredet.
    Ich habe dieses Jahr mein Haus getestet.
    35- 42 Grad Vorlauftemperatur im Altbau ohne wesentlich Dämmung.
    Wir haben nicht gefroren, aber gegenüber den Vorjahren 58% Öl gespart. Meine 85 jährige Mutter hat aber immer gesagt, dass die Heizung kaputt ist, weil die nicht heiss waren, sondern nur lau.
    Auf die Frage, ob es denn kalt ist , nein aber die Heizung ist nicht warm/ heiss.
    Für mein dafürhalten alles über Jahre angezüchtete Angewohnheiten, welche die Mietervereine noch ad absurdum gepusht haben.
    Es wäre soviel in D möglich, man sieht es gerade am füllstand der Gasspeicher.
    Über Jahre wurden wir nur über den Tisch gezogen.
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  • D. E.
    Die Dänen lachen über unsere sinnlosen Heizungsdiskussionen. In Deutschland wurden 20 Jahre verblödelt.
    https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/waermewende-in-deutschland-schleppend-was-die-daenen-besser-koennen-als-die-deutschen-li.347420
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  • M. B.
    Danke!
    So ist es… in Skandinavien ist die WP schon längst gesetzt.
    In Skandinavien ist es doch eher kälter als bei uns, oder ?!?

    Alles nur Stammtischgelaber von Aiwanger, Söder und AFD.
    Schlimm, dass man diese 3 eigentlich getrennte Positionen mittlerweile in einem Atemzug nennen muss.
    Bayern sagt leise Servus…
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