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MELLRICHSTADT
Trockenheit: Wer Wasser klaut, kriegt Ärger
Martina Harasim
Martina Harasim
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:55 Uhr

„Ich habe die Pacht seit 20 Jahren, so schlimm war es noch nie.“ Wolfgang Klemm betreut den Mahlbach auf 3,3 Kilometern von der Mellrichstädter Gemarkungsgrenze bis hin zur Einmündung in die Streu. Dass die lange Trockenheit an den Bächen der Gegend nicht spurlos vorübergehen würde, war ihm schon klar. Dass die Lage am Mahlbach so katastrophal würde, hat er nicht erwartet.

Wenig kommt vom Schwickershäuser See

Das Wasser, das den Mahlbach speist, kommt zum Teil aus dem Schwickershäuser See nahe Nordheim in Thüringen. Aus dieser Talsperre sind im Moment nur Minimalabläufe zu erwarten. „Aus dem Ellenbach kommt auch nicht viel“, weiß Klemm. Die Folge: Der Mahlbach ist in weiten Teilen trocken. Am Montag vergangener Woche hat er die letzten Fische aus dem Mahlbach gerettet und in den Teich eines Bekannten umgesiedelt. Viele waren es nicht, kleine Barsche, Rotfedern, Weißfische und zwei Aale.

Fehlanzeige herrschte bei den Forellen. Sie können in dem aufgeheizten Wasser nicht lange überleben und sind wahrscheinlich schon vorher eingegangen. Jedes Jahr setzt Wolfgang Klemm Fische im Wert von 300 bis 400 Euro im Mahlbach aus. Bis man sie angeln kann, dauert es drei bis vier Jahre. Klemm geht es nicht um die verlorene Investition, Angeln ist nur ein Hobby, ihm geht es um das Gewässer selbst. Denn neben den Fischen sind auch Krebse, Muscheln und Kleinstlebewesen gefährdet, die sich im Bachbett tummeln.

Angst vor Fischsterben

Noch nicht ganz so schlimm, aber dennoch sehr bedenklich ist die Situation in der Streu. Karl-Peter Sturm (Mitglied der Hegefischereigenossenschaft Streu und Nebengewässer) inspiziert jeden Morgen und Abend den Bereich der Streu vom Sägewerk Hahn bis zur Oberstreuer Gemarkungsgrenze, den er gepachtet hat. Er schaut sich die Wehre im Mutterbett der Streu, im Mühlgraben und im Verbindungsgraben zum Kirschgarten an und reinigt sie, um den Durchfluss zu gewährleisten. Die Situation ist so angespannt, „da geht es um Millimeter“, sagt er. „Die Streu befindet sich in einem extrem kritischen Zustand, in dem das Fischsterben jederzeit beginnen kann“, so Karl-Peter Sturm.

Um zu verdeutlichen, wie dramatisch die Situation ist, nennt Sturm einige Zahlen: Bei Nordheim werden die Zuflusswerte der Streu gemessen. Die niedrigste jemals gemessene Wassermenge lag vor Jahren bei 63 Litern pro Sekunde. Zurzeit sind es 80 Liter/Sekunde.

Wohin das Wasser verschwindet

Und dann macht er eine weitere Rechnung auf: Zwischen Nordheim und Ostheim verschwinden von den ursprünglichen 80 Litern/Sekunde jede Nacht 20 Liter/Sekunde. Wer das Wasser entnimmt, weiß man noch nicht. Das Wasserwirtschaftsamt ist laut Sturm noch am Suchen. Von den übrigen 60 Litern/Sekunde verschwinden 40 Liter/Sekunde in sogenannten Schlupflöchern bei der Kupfermühle in Ostheim, um bei Mittelstreu wieder aufzutauchen. Bleiben 20 Liter Wasser pro Sekunde, die die Streu bei Mellrichstadt hinabfließen. Diese Menge Wasser muss derzeit für das Mutterbett der Streu und die beiden Gräben reichen, sagt Sturm.

Kleingärtner und Landwirte

Die Lage ist so prekär, dass die Hegefischereigenossenschaft, der Sturm angehört, nun eine Klientel ins Visier nimmt, bei der sie in normalen Jahren ein Auge zudrückt: Kleingärtner, die das Gießwasser für ihre Gärten mit Pumpen aus der Streu holen, und Landwirte, die mit Tankwagen anrücken, um Wasser zu schöpfen. Das sei schon in normalen Zeiten nicht erlaubt. Um die Gewässer zu schützen, will die Hegefischereigenossenschaft nun rigoros vorgehen, kündigt Sturm an. Bisher habe man Fotos von den Tankwagen samt Nummernschildern gemacht und die Gartenbesitzer und Landwirte gebeten, die Wasserentnahmen zu unterlassen. Dabei habe man sich oft beschimpfen lassen müssen.

Nun sei man fest entschlossen, Leute, die illegal Wasser aus der Streu und ihren Nebengewässern entnehmen, anzuzeigen. Unterstützung bei den Kontrollen erhofft sich die Genossenschaft vom Wasserwirtschaftsamt.

Die Mühlen helfen

Dieser Tage hat Thomas Dietz als Vertreter des im Urlaub weilenden Bürgermeisters Eberhard Streit die Streu und den Mahlbach inspiziert. Er weiß um das Problem, kann aber, wie alle anderen auch, nur auf Regen hoffen. Eine gute Nachricht hat er immerhin: Die beiden Mühlen halten sich vorbildlich an die Auflagen des Landratsamtes und nutzen die Wasserkraft der Streu derzeit nicht.

Fast leer: Der Mahlbach hinter dem Biberdamm an der Bahnbrücke
Foto: Martina Harasim | Fast leer: Der Mahlbach hinter dem Biberdamm an der Bahnbrücke
Etwas Wasser fließt noch aus der Teufelsquelle (rechts) in den Mahlbach.
Foto: Martina Harasim | Etwas Wasser fließt noch aus der Teufelsquelle (rechts) in den Mahlbach.
 
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  • G. Z.
    Auszug aus der Homepage des bayerischen Umweltministeriums: Keine wasserrechtliche Gestattung ist z. B. notwendig für: Das Entnehmen von Grundwasser in geringen Mengen für Zwecke der Land- und Forstwirtschaft und des Gartenbaus zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit (§ 46 WHG, Art. 29 BayWG) Tätigkeiten, die unter den sog. Gemeingebrauch an oberirdischen Gewässern fallen (§ 25 WHG, Art. 18 BayWG; u. a. möglich beim Baden, Tränken, Eissport...). Einige Einwirkungen auf bestimmte Gewässer, soweit sie von wasserwirtschaftlich untergeordneter Bedeutung sind (vgl. Art. 1 Abs. 2 BayWG; z. B. bei einem kleinen Teich, der nicht in Verbindung mit anderen Gewässern steht). Das ist kein Diebstahl ! Der Artikel gegen Kleinstlandwirte und Kleingärtner, die Wasser per Hand abpumpen oder bis zu einem Hektar bewässern, begehen keinen Diebstahl. Wasserentnahme unter 5000 Kubik pro Jahr für solche Maßnahmen sind demnach allgemein genehmigt, soweit natürlich das Ganze mit der Ökologie zu vereinbaren ist.
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