
Die Stadt Bad Königshofen und speziell die Shakehands-Arena waren unlängst ein bisschen der Nabel der Tischtenniswelt. Hier tobten sich ein gutes Dutzend von Weltklasse-Nachwuchsspielern und einheimische Jugendliche an den Platten bei Hochgeschwindigkeits-Tischtennis aus. Das Geschehen beobachteten, filmten und besprachen mehrere Erwachsene.
Die Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahre gehören zu den Besten ihrer Altersklasse. Die Erwachsenen waren ihre Nationaltrainer. Sie kamen aus Italien, Portugal, Österreich, Tschechien, Kroatien, Slowenien und Australien ins Grabfeld. Auch dabei: die für die Entwicklung des Tischtennissports Verantwortlichen der ITTF (Internationalen Tischtennis-Föderation) mit der Slowenin Polona Cehovin und der Italiener Massimo Costantini an der Spitze. Beide sind High Performance & Development Director des Weltverbands.
Pilotprojekt der Internationalen Tischtennis-Föderation
Mit ihnen gestaltete die geballte Kompetenz der ITTF diesen ersten Teil eines Pilotprojekts. Der lief vier Tage lang in der Badestadt. Dass es nicht das letzte Mal gewesen sein muss, betonten hernach alle unisono. Sie waren mit ihrer Standort-Wahl unter allen Aspekten rundum zufrieden.
Warum Bad Königshofen? "Weil hier in der Kleinstadt die Sportart eine große Tradition und einen sehr hohen Stellenwert hat", hob Polona Cehovon hervor. „Von hier kommt ein erfolgreicher Bundesliga-Club mit dem Manager Albert, der – das ist uns im Weltverband bekannt – mit sehr wenig schon sehr viel auf die Beine gestellt und uns sofort willkommen geheißen hat". Man müsse hier nur die Halle, das gesamte Equipment oder die Videos von Bundesliga-Spielen sehen, da spüre man, was hier los ist. "Diese kleine Stadt und ihr Verein mit seiner Innovationsfreudigkeit sind eine Marke in der internationalen Tischtennis-Community und auf der Weltkarte des Tischtennis", lobte die Slowenin.
Wenig Ablenkung in Bad Königshofen
Die geringen Ablenkungen in der Kleinstadt sei dem Trainingscamp für den jugendlichen Weltklassenachwuchs förderlich. In der Halle sei alles vorhanden, was nötig ist, der Wohlfühlfaktor in der familiären Atmosphäre der Hotels Schlundhaus und Ebner kaum zu überbieten.
Hinzu komme die Nähe zu Hofheim, und damit zur Firma ESN. Von der kam der Vorschlag, das Camp der ITTF in Bad Königshofen abzuhalten. Bei ESN werden seit 30 Jahren Beläge für Schläger-Hersteller auf der ganzen Welt produziert, von über 200 Mitarbeitern aus der Region und dem Umland. Das Unternehmen entwickelt die Zukunft von Tischtennis und hat jetzt ein neues Trainingstool, „Spinsight ESN Digital“, auf den Markt gebracht. Das kann die Trainingsarbeit partiell revolutionieren. Es bietet eine Möglichkeit, effektiver zu trainieren oder schneller besser zu werden. Denn was man nicht genau messen könne, das könne man auch nicht verbessern, so die Aussage der Firma.
Hermann Mühlbach, der mit dem TTC Jülich schon gegen Bad Königshofen spielte, erklärte das neue digitale Trainingssystem, das hier in Bad Königshofen mit der ITTF anlässlich des Research-Trainingscamps mit Top-Athleten erstmals vorgestellt wurde. „Wir können damit Tischtennis-Spins, -Geschwindigkeit, -Platzierung und -Flugkurve sichtbar machen. Das ermöglicht den Spielern, sich zu verbessern, und den Coaches, noch detailliertere Trainingstipps zu geben.“
Die Entwicklungskurve steiler machen
Laut ITTF-Direktorin Cehovin wolle der Weltverband den Tischtennissport weltweit weiterentwickeln und für immer mehr Menschen erschließen. "Dafür nehmen wir die nächste Weltklasse-Generation mit ins Boot und wollen ihre Entwicklungskurve steiler machen. Auf dem Weg dazu testen und nutzen wir mit ihnen und ihren Trainern die neuesten technischen Entwicklungen der Sport-Wissenschaft und -Industrie, so auch diese Tools von ESN", so die Slowenin. Dieses Pilotprojekt, das allererste dieser Art, habe die ITTF sehr optimistisch gemacht, was die Ergebnisse und Wiederholungen in der Zukunft betrifft. Die Location sei die beste, die sie sich vorstellen könne und mit der Nähe zu Hofheim gebe es den perfekten Mix. "Ich bin mir sicher, dass wir wieder kommen werden", so Cehovin.
Die ITTF hatte dem Club das Angebot gemacht, die Top-Jugendlichen des TSV Bad Königshofen und die Shakehands-Trainingsgruppe teilnehmen zu lassen. So könne auch der lokale Tischtennis-Nachwuchs vom Programm profitieren.
Tischtennis von einem anderen Stern
Und was sagen die internationalen Teilnehmer? Der tschechische Trainer Richard Gyri nahm mit dem zwölfjährigen „Riesentalent“ Petr Hodina teil. Der Junge spielt für sein Alter Tischtennis wie von einem anderen Stern. Gyri erklärt: „Man bekommt über einen Bildschirm viele Informationen über einen geschlagenen Ball, die man sonst nur fühlen kann. Hier ist alles abgemessen und nachgewiesen.“
Marco Rodriguez aus Portugal ist Nationaltrainer für die U19-Mädchen. "Wir waren in der Freizeit in der Frankentherme. Den Jungs und Mädchen hat es sehr gut gefallen, auch wenn es nur zwei Stunden waren. Die Bedingungen des Trainingscamps sind optimal und ich bin mir sicher, dass ich wieder kommen werde."
Die Kroatin Hana Arapovic (17) freute sich auch darüber, dass sie nun weiß, wo Filip Zeljko spielt, den sie sehr gut kenne. Sie spielt in Weil am Rhein in der 1. Bundesliga. Sie gilt als eines der höchstbegabten Nachwuchstalente der Welt, wurde deshalb auch eingeladen und spielt "täglich um die 5000 Bälle im Training." Ebenso wie Zeljko trainiert sie in Zagreb und reist zu den Spielen in der Bundesliga an.
Sie sprechen dieselbe Sprache
ITTF-Direktor Massimo Costantini schließlich hält Bad Königshofen für einen "Platz, an dem Tischtennis sehr präsent und durch die Rolle des Clubs in der Bundesliga sehr bekannt ist". Er könne sich gut in die Situation hineindenken, weil er selbst in einem kleinen Ort in Italien aufgewachsen ist. Deshalb wisse er, dass hier viele Menschen ein Teil des Projekts Bundesliga-Tischtennis sind. Gemeinde, Sponsoren und Medien jeder Art gehören dazu. Deshalb habe sich die ITTF in Kooperation mit ESN und Andreas Albert, der Schnittstelle des Projekts, zusammengetan. "Wir sprechen dieselbe Sprache und sind der Innovation aufgeschlossen". Er sehe eine gute Koalition, die die gemeinsamen Ziele, die Weiterentwicklung des Tischtennissports, erreichen könne.