
Klassenprimus ist Rhön-Grabfeld zwar nicht. Aber es ist immerhin eine Zwei vor dem Komma, mit der der Landkreis beim Standort-Report der IHK Würzburg-Schweinfurt abschneidet. Mit einer Durchschnittsnote von 2,7 wird der Industrie- und Gewerbestandort Rhön-Grabfeld darin bewertet. Was bedeutet das?
Unter den sieben Landkreisen und zwei kreisfreien Städten bildet Rhön-Grabfeld zusammen mit Main-Spessart das Schlusslicht. Auch dort wird der Standort mit 2,7 bewertet. Auf Platz drei folgt der Nachbarlandkreis Bad Kissingen. Verlieren die Regionen an Attraktivität, je weiter sie vom Main liegen? Oder muss man gar psychologische Faktoren berücksichtigen, weil auf dem flacheren Land eher gemurrt wird?
Durchschnittlich mit 2,4 bewerten die mainfränkischen Unternehmen den Standort. 62,7 Prozent der Unternehmen vergeben mindestens eine glatte Zwei für ihren Unternehmenssitz. An diese Werte reichen die Umfrage-Ergebnisse der IHK Würzburg-Schweinfurt nicht heran. Mit besagtem Notendurchschnitt von 2,7 rangiert der Kreis dahinter. Hier sind es auch nur etwas über 50 Prozent der Unternehmen, die den Landkreis Rhön-Grabfeld als Standort mit mindestens "Gut" bewerten.
Das Thema Standortqualität ist Dauerthema in den Kommunen wie auch auf Landkreisebene selbst. Schnelles Internet, Ausbau von Straßen, Ausweisung von Gewerbegebieten: Themen wie diese sind eigentlich dauerhaft präsent in der Diskussion. Und was sagen die Unternehmerinnen und Unternehmer? 33 Prozent, also ein gutes Drittel, sehen eine Standortverbesserung in den letzten fünf Jahren seit der ersten Auflage des Standort-Reports. Allerdings sehen knapp rund 74 Prozent hier eine Stagnation, 17 Prozent gar eine Verschlechterung.
Gute Noten für Energieversorgung
Der Standort-Report für Rhön-Grabfeld sollte eigentlich kürzlich dem IHK-Gremialausschuss vorgestellt werden, musste aber kurzfristig wegen der Corona-Entwicklung abgesagt werden. Dieser Gremialausschuss hatte erst im Oktober Kritik an zunehmenden Spannungsschwankungen bei den Industrie-Netzen geäußert. Im Standort-Report allerdings wird die Versorgungssicherheit mit Energie noch als Stärke Rhön-Grabfelds gesehen. An Pluspunkten werden außerdem das Straßennetz, das Angebot an Schulen sowie die intakte Natur gesehen.
Auf der Negativ-Liste im Standort-Report steht hingegen die Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Insbesondere Fach- und Führungskräfte seien schwer zu finden, heißt es. Vor allem der Handel beklagt in Rhön-Grabfeld die Attraktivität der Innenstädte, eigentlich seit Jahren ein Dauerthema, an dem gearbeitet wird. Mit dem "Verständnis der Politik für betriebliche Angelegenheiten" ist es in Rhön-Grabfeld offenbar ebenfalls nicht weit her, zumindest wird der Punkt in der Minus-Liste aufgeführt. Die Antwort der Verantwortlichen in der Politik dürfte aber wohl anders ausfallen.
Die Lebensqualität als Faktor
Gute Noten erhält Rhön-Grabfeld für den Standortfaktor Lebensqualität mit einer 1,9-Wertung. Der Lebensqualität wird auch eine besonders hohe Bedeutung beigemessen. Klar auch, dass man hier nicht sonderlich auf eine gute Anbindung an das überregionale Luftverkehrsnetz setzt. Das gleiche Lob wie für die Lebensqualität gibt es für die medizinische Versorgung in Rhön und Grabfeld.

Und was sagt man am Landratsamt dazu, wo die Fäden der Standortentwicklung gewissermaßen zusammenlaufen? "Im Landkreis Rhön-Grabfeld nehmen wir diesen Stimmungsindex der Wirtschaft stets ernst", kommentiert Jörg Geier von der Kreisentwicklung am Landratsamt.
Der Landkreis reagiert
"Da seit Jahren gerade das Thema Beförderung von Azubis bemängelt werd, hatten wir im letzten Jahr den AzubiShuttle eingeführt", nennt Geier ein Beispiel, wie der Landkreis auf die IHK-Berichte reagiert. Dieser Shuttle stelle sicher, dass auch peripher gelegene Ausbildungsbetriebe erreichbar sind. "Die Auswertung der IHK deutet an, dass wir unser neu geschaffenes Angebot besser vermarkten müssen, da es offenbar noch zu unbekannt ist", so Geier weiter. Er ist auch froh, dass der Landkreis "das Thema Breitband offenbar zur Zufriedenheit der Unternehmen lösen" konnte.
Insgesamt 776 von 3500 angefragten Unternehmen aus Mainfranken haben sich am Standort-Report beteiligt, der nach 2016 nun zum zweiten Mal vorliegt. Vom Existenzgründer bis zum global aufgestellten Konzern werden Mitglieder befragt. 71 Standortfaktoren sind in die Analyse eingegangen.
Die meisten Gewerbetreibenden würden treu bleiben
Alles in allem sind die Rhön-Grabfelder Gewerbetriebenden mit ihrem Landkreis offensichtlich zufrieden. Knapp zwei Drittel, nämlich rund 65 Prozent, würden sich wieder für Rhön-Grabfeld als Unternehmensstandort entscheiden. Im Report von 2015 waren es noch rund 72 Prozent.
Die abgefragten Standortfaktoren lassen sich folgenden sechs Themenbereichen zuordnen: Standortkosten und Finanzierung, Infrastruktur, Rahmenbedingungen für Unternehmen, Bildung und Arbeitsmarkt, Innovationspotenzial und Wissenschaft sowie allgemeine Rahmenbedingungen. In der Vorbefragung aus dem Jahr 2016 erhielt der Standort Mainfranken noch die Durchschnittsnote 2,45 und knapp 60 Prozent der Unternehmen vergaben ein "sehr gut" oder "gut".