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Bad Neustadt
Stromschwankungen: Rhöner Industriebetriebe klagen Netzbetreiber an
Wenn Spannungsschwankungen Maschinen lahmlegen, kostet das die Firmen viel Geld. In Rhön-Grabfeld ist zurzeit der Ärger groß. Aber: Die Netzbetreiber kennen die Schuldigen.
Der Strom kommt aus der Steckdose, wenn er kommt: Rhön-Grabfelder Industriebetriebe klagen über vermehrte Spannungsschwankungen in ihren Netzen. Die seien auch ein Kostenfaktor, der nicht zu unterschätzen sei. Doch Abhilfe ist schwer.
Foto: René Ruprecht | Der Strom kommt aus der Steckdose, wenn er kommt: Rhön-Grabfelder Industriebetriebe klagen über vermehrte Spannungsschwankungen in ihren Netzen. Die seien auch ein Kostenfaktor, der nicht zu unterschätzen sei.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:52 Uhr

"Kommt ein Vogel geflogen, legt die Firma kurz lahm...": Nein, nach verballhornten Kinderliedern ist den Rhön-Grabfelder Industriebetrieben, die Tausende Arbeitsplätze bereithalten, derzeit wirklich nicht zumute. In den Sommermonaten hatten sie wieder massiv mit Spannungsschwankungen in ihren Stromnetzen zu kämpfen. Die Folge: Produktionslinien müssen wieder hochgefahren werden, Einrichter Maschinen nachjustieren, im schlimmsten Fall ist ein teures Werkstück kaputt. Und Schuld soll das Federvieh tragen.      

Das Umspannwerk in Brendlorenzen ist ein wichtiger Knotenpunkt im Stromnetz des Landkreises. 
Foto: Gerhard Fischer | Das Umspannwerk in Brendlorenzen ist ein wichtiger Knotenpunkt im Stromnetz des Landkreises. 

Kosten gehen in die Hunderttausend Euro

"Wir haben nachgerechnet, bei uns waren das rund 100.000 Euro Kosten im letzten Jahr", so Jopp-Seniorchef Hubert P. Büchs. Mit entsprechend ernster Miene moderierte er am Mittwoch eine Online-Diskussionsrunde des Informationskreises der Industrie Rhön. Denn mit dem Ärger über Spannungsschwankungen war er beileibe nicht alleine. Matthias Braun, Energie-Manager bei Siemens in Bad Neustadt, Gerhard Grone von Gardner-Denver oder Tobias Behm vom Werkzeug- und Formenbauer Benkert aus Niederlauer: Alle stimmten sie in das Klagen über Unzuverlässigkeiten im Stromnetz ein.    

"Rund 30 solcher Vorfälle in einem Monat: Die Qualität des Netzbetriebes ist für uns nicht ausreichend", fand er deutliche Worte in der Diskussionsrunde. Energiemanager Matthias Braun von Siemens bestätigte die Beobachtung, dass 2020/2021 wieder gehäuft Fälle solcher Schwankungen auftraten, die zu kostspieligen Ausfällen führten. Im Mai und Juni dieses Jahres zählte Braun 17 beziehungsweise 14 solcher Spannungseinbrüche im Millisekundenbereich. "2013 war noch ein ganz schlimmes Jahr", erinnert sich der Siemens-Mann.  

Überlandwerk Rhön sieht keine Versäunisse

Zu den Beschwerden nahmen Joachim Schärtl und Roland Göpfert Stellung, die beiden Geschäftsführer des Überlandwerk Rhön. Unterstützt wurden sie von  Johannes Brantl von der Bayernwerk AG. Vom Bayernwerk kommt die Hochspannung, die in den Umspannwerken Nordheim und Brendlorenzen als Mittelspannung an das Überlandwerk weitergereicht wird. Roland Göpfert wollte nicht von Stromunterbrechungen sprechen, sondern von Spannungsschwankungen. Denn durchschnittlich sei noch eine Spannung von 50 Prozent vorhanden bei solchen Einbrüchen. Ursächlich sei ein Überschlag, der zu einem Netzschluss führt. Ein Lichtbogen bildet sich für Millisekunden, der zu einer automatischen Abschaltung im Millisekundenbereich und zur automatischen Wiedereinschaltung führt. Je nach Entfernung zum Umspannwerk in Nordheim oder Brendlorenzen seien die Spannungseinbrüche mehr oder weniger stark zu spüren.

Überlandwerk: Normen werden eingehalten

Wie Göpfert anhand einer Powerpoint-Präsentation darlegte, würden im Netzbetrieb die maßgeblichen Normen stets eingehalten. Außerdem habe eine Befragung von 15 Großkunden des Bayernwerks in der Region keine besondere Problematik offenbart. Johannes Brantl vom Asset-Management für Hoch- und Mittelspannung beim Anbieter Bayernwerk in Regensburg, rechnete vor, dass bayerische Stromkunden durchschnittlich für 15 Minuten in einem ganzen Jahr auf Strom verzichten müssen wegen Netzproblemen, was ein sehr guter Wert sei.      

Nichtsdestotrotz wisse man um wiederkehrende Phasen erhöhter Stromschwankungen. Windböen, Staub, Verschmutzungen und hier vor allem Vogelkot seien die bekannten Auslöser solcher Lichtbögen, die durch die automatische Wieder-Einschaltung in Sekundenbruchteilen schnell wieder unproblematisch seien. Das Bayernwerk betreibe ein umfangreiches Monitoring solcher Ereignisse. Es gebe immer wieder Jahre mit einem erhöhten Vorkommen solcher Spannungsschwankungen.

Vögel als Hauptursache von Störungen

Auch die Wissenschaft könne einen Zusammenhang mit Vogelpopulationen und entsprechenden jahreszeitlichen Schwerpunkten herstellen. Entsprechend sei man mit Ornithologen im Austausch, um Wege zum besseren Schutz der Leitungen zu finden. Vor allem ältere Isolatoren an den Strommasten seien anfällig für Lichtbögen durch Vogelkot. Neuere Modelle mit Silikonummantelung könnten Abhilfe schaffen. Außerdem helfen Vorrichtungen, um die Tiere zu vergrämen. Allerdings gewöhnten sich die Vögel häufig sehr schnell an solche Dinge, so Brantl.

Gerhard Grone von der Firma Gardner-Denver wollte sich nicht damit abfinden, dass "ein Vogelschiss" der alleinige Grund sei und forderte intensive Ursachenforschung. Matthias Braun vom Bad Neustädter Siemens-Standort bereicherte die Diskussion um einen ganz anderen Aspekt. "Die Häufung der Fälle in den Morgenstunden könnte mit Schaltvorgängen zu tun haben, wenn auf Wind- und Sonnenenergie umgeschaltet wird", stellte er in den Raum. Die Kotausscheidung von Vögeln zum Beispiel sei ja nicht auf die Morgenstunden beschränkt. Brantl bestätigte die Übergangsphasen zwischen konventioneller und regenerativer Energie. Technisch bereite sie aber keine Probleme, ein Zusammenhang sei auszuschließen, rechnete er vor. Es entspreche einer normalen statistischen Verteilung solcher Störungshäufungen.    

Kosten nicht auf die Allgemeinheit abwälzen

Er drehte quasi den Spieß um und fragte, ob das Problem nicht teilweise auch in der mangelnden Störfestigkeit der Geräte und Maschinen liege, die mit sehr empfindlichen Regelsystemen ausgestattet seien. Und er stellte Geräte zur Aufrechterhaltung der Spannung vor, die freilich bei entsprechendem Strombedarf auch größere Summen verschlingen. Brantl zitierte aus einem Resümee der Bundesnetzagentur. Demnach müssten spannungssensible Betriebe selbst Vorsorge treffen, um solche unvermeidbaren Schwankungen auszugleichen. Es sei der Allgemeinheit der Netznutzer nicht zuzumuten, dass auf sie diese Kosten für eine Minderheit der Stromkunden verteilt würden. "Man könnte manche oberirdische Leitung unterirdisch legen, aber das kostet schnell Hunderte Millionen Euro", so Brantl.        

Immerhin: Mehrere Stimmen aus Rhön-Grabfelder Betrieben stellten eine Verbesserung der Lage in den letzten Wochen fest. Hat alles also doch mit Jahreszeiten und den Vogelpopulationen zu tun? Der thematische Austausch am virtuellen Runden Tisch war Hubert P. Büchs und den etwa 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Runde jedenfalls wichtig. Die eine oder andere Investition dürfte auf betroffene Unternehmen zukommen. Und womöglich finden die Netzbetreiber den Stein der Weisen, damit die Vögel ihr Geschäft machen, ohne das Geschäft anderer zu vermiesen.  

 
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  • georg-ries@web.de
    Die Haftung des Netzbetreibers ist in den jeweiligen Anschlussverordnungen gesetzlich geregelt. Der Netzbetreiber muss beweisen, dass er nicht vorsätzlich oder fahrlässig die Spannungsschwankungen herbeigeführt hat.
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  • TLW-tu_W
    In Deutschland gibt es bestimmt etwas, das nicht reguliert ist.
    Klingt sehr glaubwürdig.

    Aber bestimmt können Sie hier auf Ihr Fachwissen aus einem ausführlichen Studium oder einer Ausbildung zurück greifen.
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  • zwrecht@aol.com
    wenn ich spannungsempfindliche Geräte habe, ist doch eigene Vorsorge zwingend? Habe wegen ständiger Spannungen im Netz schon vor Jahren alle meine elektronischen Geräte selber mit USV abgesichert. Innerhalb einiger Millisekunden ist da alles abgesichert. Wer mehr braucht, muss auf ONLINE-USV umswitchen. Hier wurden 100.000 EUR Schaden angeführt. Wer bei solchen Summen nicht selbst vorsorgt ist meines Erachtens selber schuld.
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  • FischersFritz
    Steht doch sogar im Artikel:

    "Brantl zitierte aus einem Resümee der Bundesnetzagentur. Demnach müssten spannungssensible Betriebe selbst Vorsorge treffen, um solche unvermeidbaren Schwankungen auszugleichen."
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  • erich-waldherr
    @Marder16180912
    Aus was bitte sind wir bisher ausgestiegen? Unterbrechungen der Stromversorgung sind geringer geworden. Der Stromverbrauch ist in den letzten Jahren gesunken. Möglicherweise sind Leute wie hentinger Schuld an der Misere, da sie 10H erwirkt haben. Vielleicht hat man beim Überlandwerk Rhön die Zeichen der Zeit nur nicht erkannt, die chrihand beschreibt.
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  • chrihand
    blablabla....wie man mit Vögeln umgeht kann man bei der ÜZ Lülsfeld lernen.
    Z.B. Sitzstangen auf den Mittelspannungsmasten. Fertig.

    Wartung und Netzausbau ist das nächste Thema, da hake ich bei Marder116180912 ein.
    Energiewende heisst auch, ein möglichst dezentral betreibbares Netz zu etablieren. Scheiter oft an Umweltschützern, aber muss auch vom Betreiber entsprechend ausgebaut werden. Ring- und Stichleitungen etc. Hier hat Herr Braun völlig recht. Der tägliche Stromhandel hat teils heftige Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, das europäische Stromnetz ist schon mindestens zweimal in den letzten zehn Jahren erheblich durch Fehlschaltungen zum Stundenwechsel beeinträchtigt worden. Hier gab es schon erhebliche Ausfälle! Grüner Aktivismus macht das hier nur noch schlimmer! Windkraft nein, Solarkraft nein, Kohlekraft nein, Atomkraft nein, Stromleitung nein. Das funktioniert nicht!
    Lesestoff: https://www.netzfrequenzmessung.de/aktuelles.htm
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  • chrihand
    @hentinger:
    Aktuell zeichnet sich ab, dass zuwenige konventionelle Kraftwerke am Netz sind. Deren Turbinensätze sind maßgeblich daran beteiligt Ausfälle anderer Kraftwerke abzufangen (Schwungmasse!) bis die Nachregelung greift. Das kann Wind nicht leisten und Solar schon gar nicht.

    "Unter Momentanreserve versteht man die kontinuierlich am Netz befindlichen Schwungmassen wie bspw. die Turbosätze von Großkraftwerken. Diese fangen normalerweise abrupte Änderungen der Frequenz auf. Mittlerweile wissen wir, dass die Netzaufspaltung am 08.01.2021 auch verbrauchsseitig in Westeuropa nicht folgenlos blieb.

    So wurde uns berichtet, dass der Frequenzsprung zu Schutzabschaltungen von laufenden Anlagen und damit zu Produktionsunterbrechungen geführt hat. Offenbar kam es in jüngerer Vergangenheit öfters zu solchen Unregelmäßigkeiten, die bislang allerdings nicht mit Netzereignissen in Verbindung gebracht wurden. "

    Der Stundenhandel führt erheblichen Lastverschiebungen -> Freqzenzsprünge
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  • Meinungsvertreter
    Haben die betroffenen Unternehmen Pönalen mit dem Netzbetreiber vereinbart oder woher rührt der Anspruch auf bedingungslose Aufklärung und Schadensersatz? Es ist doch ein alter Hut, dass moderne Geräte und Anlagen immer empfindlicher auf Netzschwankungen reagieren. Und es ist auch nichts Neues, dass Betriebe eigenverantwortlich Absicherungsmaßnahmen treffen müssen. Aber klar, Schuld hat erstmal wer anderes. Dass der Netzbetreiber überhaupt einen Dialog anbietet verwundert mich ein bisschen.
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  • Schuld sind nicht Vögel (die gab es schon immer) sondern die Energiewende. Aus allem aussteigen ohne irgendwo einzusteigen, ist eine Gefahr. Der Strombedarf steigt ja eher an, als das er sinkt (eMobility). Die Grünen auch hier im Forum schulden uns eine Antwort.
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  • FischersFritz
    Heiliges Kanonenrohr … der natürliche Feind der Fakten ist halt – wie so oft heutzutage – die Meinung.

    Nehmen Sie das jetzt bitte nicht persönlich – aber wenn ich die Wahl habe zwischen Ihrem Geschwurbel und einer Einschätzung des VDE, dann fällt mir die Entscheidung leicht, wem ich mehr elektrotechnische Kompetenz zuspreche … 😉

    https://www.vde.com/de/presse/pressemitteilungen/stromversorgung-in-deutschland
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  • FischersFritz
    Mit was für einer Verschwörungs-Blutgrätsche kommen Sie denn da von der Seitenauslinie?

    Die Versorgungsqualität ist nur deswegen auf einem konstant hohen Niveau, weil die Störungen < 3 Minuten in der Statistik nicht erfasst werden?

    Aber genau und nur diese nehmen beständig zu – was aber keiner zugeben will, weil damit der Ausbau der Erneuerbaren in Frage gestellt würde – denn die sind nämlich schuld an der Misere. Wegen des Flatterstroms. Oder, wie Sie es nennen: „Spannungsmüll“!

    So in etwa richtig verstanden?

    Sorry, hentinger … aber was Sie hier in diesem Forum treiben kann man nicht mehr ernst nehmen … das MUSS einfach Satire sein!

    Aber als Satire ist es nicht mal schlecht – das muss man Ihnen lassen …
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  • TLW-tu_W
    "Die Konstruktion moderner Geräte erfolgt zunehmend nach der Vorgabe‚ Leistungselektronik statt Kupfer. Dies bedeutet, dass keine echten Transformatoren und keine großen (Glättungs-)Kondensatoren und demnach auch weniger Energiespeicher verwendet werden. So können auch sehr kurze Spannungseinbrüche (die es schon immer gab) Auswirkungen auf den Betrieb der Geräte haben."

    aus dem vde Artikel, das Entscheidente nochmal separat, ich fürchte sonst wird es nicht erfasst:
    "die es schon immer gab"

    Sprich, die Spannunseinbrüche gab es schon immer. Früher wurden die Geräte robuster gebaut. In Zeiten von "geiz ist geil" und "Haltbarkeit ist Zweitrangig" spart man hier offensichtlich an der falschen Stelle.

    PV-Anlagen scheinen zudem nur bei einphasigen Anschluss ein Problem zu sein. Keine Ahnung wie verbreitet das ist. Sie als Fachmann für alles haben bestimmt genauere Zahlen.

    Das Sie das "die es schon immer gab" unterschlagen haben, war bestimmt nur ein Flüchtigkeitsfehler.
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