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Bad Neustadt
Digitale Einkaufsstadt: Wie Bad Neustadt gegen Amazon und Co. ankommen will
Die heimischen Unternehmer müssen sich digital besser aufstellen, um fortan gegen die Online-Konkurrenz zu bestehen. Wie das gelingen soll und warum "lokal das neue Bio" ist.
Ein Bild aus belebten Zeiten auf dem Marktplatz Bad Neustadt noch vor der Corona-Pandemie. Unter anderem durch das Projekt 'Digitale Einkaufsstadt' wollen sich die örtlichen Händler für eine erfolgreiche Zukunft rüsten.
Foto: Stefan Kritzer | Ein Bild aus belebten Zeiten auf dem Marktplatz Bad Neustadt noch vor der Corona-Pandemie. Unter anderem durch das Projekt "Digitale Einkaufsstadt" wollen sich die örtlichen Händler für eine erfolgreiche Zukunft rüsten.
Christian Hüther
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:13 Uhr

Wer zuletzt einmal aufmerksam durch die Bad Neustädter Hohnstraße lief, dem könnte aufgefallen sein, dass dort mittlerweile ein ehemals leerstehendes Gebäude zu einem Innenstadtbüro umfunktioniert wurde. An der Scheibe prangt unter anderem auch der Schriftzug"Digitale Einkaufsstadt Bayern". 

Was hat es damit auf sich? Nicht erst die Corona-Krise mit wochenlangen Schließungen des Einzelhandels hat die Probleme vieler Innenstädte offen gelegt. Viele Leerstände prägten Stadtbilder, bequemes Online-Shopping vom heimischen Sofa ohne festgelegte Öffnungszeiten spült immer mehr Geld in die Kassen der großen Online-Anbieter - zum Leidwesen des stationären Handels.

Besser digital aufstellen gegen Online-Riesen

Bereits vor der Pandemie hatte die Tourismus und Stadtmarketing Bad Neustadt GmbH (TS) rund um den scheidenden Kurdirektor Michael Feiler gemeinsam mit der Stadt die Zeichen der Zeit erkannt, dass sich auch die heimischen Einzelunternehmer im "Kampf" gegen die Online-Riesen digital besser aufstellen und sichtbarer werden müssen. Es entstand unter anderem das Branchenverzeichnis "KaufLokal", das in der Zukunft weiterentwickelt werden soll. 

Als Unterstützung für das Vorhaben kam dem Stadtmarketing gemeinsam mit der Stadt als Prozesspartner das vor einigen Jahren aufgelegte bayerische Modellprojekt "Digitale Einkaufsstadt" nicht ungelegen. Im Kern umfasst das Projekt auf Bad Neustadt bezogen die vier Themenbereiche Einzelhandelsförderung, Digitales Geschäftliches Leerstandsmanagement, Smart City (Konzept, um das Zusammenleben in einer Stadt in Zukunft nachhaltig und effizient zu gestalten) und Innenstadt 2.0.

Ein Leerstand weniger: In der Bad Neustädter Hohnstraße findet sich künftig das Innenstadtbüro zum Projekt 'Digitale Einkaufsstadt'.
Foto: Christian Hüther | Ein Leerstand weniger: In der Bad Neustädter Hohnstraße findet sich künftig das Innenstadtbüro zum Projekt "Digitale Einkaufsstadt".

Erstberatungen fanden bereits statt

Zum Start haben bereits vor einigen Wochen individuelle Erstberatungen mit fast allen ansässigen Einzelhändlern stattgefunden. Laut dem scheidenden Kurdirektor Michael Feiler und Projektmanagerin Anna-Lena Weber hätten sie die Wichtigkeit einer guten Auffindbarkeit in den Suchmaschinen oder den sozialen Netzwerken erkannt. "Sie hatten einen kritischen Blick und waren konstruktiv mit dabei", freute sich Feiler.

Neben der digitalen Sichtbarkeit und Social-Media-Schulungen sollen die Einzelhändler auch Schulungsangebote in den Bereichen "Service und Qualität", "Payment/Gutscheine", "Mein Online-Shop" oder "Warenwirtschafts-/Kassensystem" erhalten, mit dem Gesamtziel eines sogenannten "Digitalführerscheins". Letzterem kommt laut Jan Angermüller in der Zukunft eine große Bedeutung  zu, wenn Behörden entsprechende Dokumente in digitaler Form verlangen.

"Lokal ist das neue Bio"

Vom bereits vorhandenen guten Verständnis unter den Geschäftsinhabern und einem "perfekten Setup in Bad Neustadt" berichtete auch Achim Gebhardt von der Firma CIMA, der als externer Prozessbegleiter im Projekt fungiert. "Lokal ist das neue Bio", hob er die Chancen für die Händler vor Ort heraus. Mit beispielsweise Amazon gleichzuziehen sei unmöglich. Vielmehr müsse der Weg sein, dass die Menschen die Produkte online suchen, sie aber dann offline, also vor Ort kaufen. Deshalb sei die digitale Sichtbarkeit so wichtig.

Michael Feiler hob in diesem Zusammenhang die Stärke des Einzelhandels mit einer professionellen Kaufberatung heraus, die man im Internet so nicht bekommen könne. Für Leerstände kann sich der Kurdirektor deshalb neben Pop-Up-Läden (ein Einzelhandelsgeschäft, das sich nur für kurze Zeit in ein Gebäude einmietet) auch die Schaffung von "Showrooms" (Ausstellungsräume, in denen Unternehmen und Händler ihre Produkte präsentieren) vorstellen.

Als Begleiter und nicht Belehrer fungieren

Für Bad Neustadts Geschäftsleiter Christoph Neubauer steht außer Frage, dass die Stadt voll hinter dem Projekt steht. "Wir müssen die Leute im Prozess mitnehmen und dabei als Begleiter, nicht als Belehrer fungieren." Es gelte, die Unternehmer zu überzeugen und nicht zu überreden. Im nächsten Schritt gelte das dann für die jeweiligen Mitarbeiter.

Um die Einzelhändler nicht im Regen stehenzulassen, dafür soll das bereits erwähnte neue Innenstadtbüro in der Hohnstraße dienen. Hier soll es fortan in Form von digitalen Sprechstunden praktische Hilfestellungen geben. Das Büro dient, so der Plan, aber auch als Treffpunkt für Partnerrunden, oder Seniorenstammtische, um die Innenstadt zu beleben, beziehungsweise zu deren Entwicklung beizutragen. "Vertrauenspersonen sind wichtig, wenn man als Kleinunternehmer noch ganz am Anfang steht", brachte es Christel Lux auf den Punkt.

Modellprojekt Digitale Einkaufsstadt

Um den Einzelhandel und die Kommunen bei der herausfordernden Aufgabe der Digitalisierung zu unterstützen, hat das Bayerische Wirtschaftsministerium 2015 das Modellprojekt Digitale Einkaufsstadt initiiert. 36 Kommunen hatten sich anfangs für das Projekt beworben, ausgewählt wurden damals Coburg, Günzburg und Pfaffenhofen an der Ilm. Bad Neustadt erhielt schließlich in der 3. Runde den Zuschlag für die Förderung von Projekten in diesem Bereich, mittlerweile ist die vierte Bewerbungsrunde gestartet worden.
Das Förderprogramm soll den Kommunen dabei helfen, die Modernisierung der Handelsunternehmen und der Innenstädte voranzutreiben. Unter anderem mit Innovationen für und von Kooperationen mit mittelständischen Handelsunternehmen oder mit Maßnahmen, die die Attraktivität der Innenstädte fördern. Auch soll so die Versorgung der Bevölkerung insbesondere in ländlichen Gebieten durch innovative Konzepte verbessert werden.
Quelle: Bayerisches Wirtschaftsministerium
 
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