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Oberelsbach
"SOKO Lupine" wieder im Rhön-Einsatz
Gerd Frickel und sein Team sind vom Mai bis Oktober in der Langen Rhön unterwegs und bekämpfen dort professionell Lupinen. Wie gehen sie vor und haben sie Erfolg?
Die Lupinen müssen weg: Mit dem Ampferstecher gehen Gerd Frickel und sein Team den ungeliebten Leguminosen an die Wurzel, um sie dauerhaft zu beseitigen.
Foto: Thomas Pfeuffer | Die Lupinen müssen weg: Mit dem Ampferstecher gehen Gerd Frickel und sein Team den ungeliebten Leguminosen an die Wurzel, um sie dauerhaft zu beseitigen.
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:51 Uhr

In diesen Tagen sind wiederzahllose Freiwilligein der Rhön unterwegs. Schulklassen,  Mitarbeiter verschiedener Firmen, der Sparkasse oder des Landratsamtes, Einzelkämpfer wie der Lupinen-Peter aus Berlin, die Bergwacht, das Bergwaldprojekt oder verschiedenen Zweigvereine des Rhönklubs. Sie alle eint ein Ziel: Sie wollen dienoch weitere Ausbreitung der Staudenlupine auf den Rhönwiesen zumindest stoppen.

Tatsächlich sieht es aktuell nicht gut aus im großen Naturschutzgebiet zwischen Holzberghof, Heidelstein und Schwarzem Moor. Große Flächen sind einfach nur noch lupinenblau. Die so artenreichen Magerwiesen zu erhalten und die Geißel der Rhönwiesenzurückzudrängen, ist das Ziel der Freiwilligen. Ausgestattet mit Sensen oder Säcken mähen sie die blauen Blumen um oder reißen sie einfach heraus und sammeln sie. Meist entlang von Steinriegeln oder in feuchten Bereichen, die von den Bauern nicht gemäht werden können. 

Jeden Tag vor Ort

"Diese Hilfe ist unschätzbar wichtig, weil sie dazu beiträgt, die weitere Ausbreitung der Lupinen zu stoppen, ihre Bestände zu schwächen und noch unbelastete Wiesen freizuhalten", würdigt Torsten Kirchner die Arbeit der Ehrenamtlichen. Der Wildland-Gebietsbetreuer in der Langen Rhön, der die Lupineneinsätze hier seit Jahren koordiniert, weiß aber auch, dass die Lupine auf diese Weise – wenn überhaupt – nur sehr langsam zurückgedrängt werden kann. Für diese Aufgabe hat er aber nun im dritten Jahr einen Trumpf in der Hand: Er nennt ihn "SOKO Lupine".

Die SOKO, das sind Gerd Frickel und sein Team. Auf Initiative von Landrat Thomas Habermann wurde sie vor drei Jahren eingerichtet. Von Mai bis Oktober sind Frickel und zwischen drei und sieben Mitarbeiter seines in Ostheim ansässigen Landschaftspfegebetriebs in der Langen Rhön mit der Lupinenbekämpfung beschäftigt. "Wir sind jeden Tag da, außer wenn es wie aus Eimern regnet", erklärt Philipp Frickel, wie sein Vater Gerd ausgebildeter Fachwirt für Naturschutz und Landschaftspflege.

Knochenarbeit in schöner Umgebung: Auf Knien legt Philipp Frickel die Lupinenwurzeln frei.
Foto: Thomas Pfeuffer | Knochenarbeit in schöner Umgebung: Auf Knien legt Philipp Frickel die Lupinenwurzeln frei.

Die Aufgabe beschreiben beide knapp: "zurückdrängen und dokumentieren". Wie Philipp Frickel erläutert, sind alle Flächen, auf denen die Soko aktiv ist, digital genau erfasst. GPS-gesteuert können dort Jahr für Jahr punktgenau die Zahl der entnommenen Lupinen und die Bearbeitungsmethode ebenso festgehalten werden wie bestimmte Problembereiche. Das ist deshalb wichtig, weil damit die Entwicklung der Flächen beobachtet werden kann. Denn die Lupinen-Bekämpfer sind immer auf den selben Wiesen aktiv – heuer im dritten Jahr. Dazu kommen sogenannte "Initialflächen", also bislang lupinenfreie Wiesen, auf denen er erste Lupinen entdeckt habe, so Torsten Kirchner.

Große Wurzeln

Gerade auch um zu verhindern, dass "neue Baustellen" entstehen, benötigt Kirchner die Profis. Sie seien immer verfügbar, schnell und flexibel, zuverlässig und arbeiteten vor allem auch sehr präzise und gründlich, zeigt sich Kirchner von der Arbeit des Frickel-Teams überzeugt. Wie wichtig diese Gründlichkeit ist, wird deutlich, beobachtet man die SOKO bei der Arbeit. Mit einem sogenannten "Ampferstecher", einer Art Spaten, der statt eines Blattes mit zwei Zinken ausgestattet ist, stechen sie mehrfach um die Lupine, heben sie dann an, gehen auf die Knie und ziehen die Pflanze samt dem Wurzelgeflecht, das bis zum einen Quadratmeter groß ist und einen Meter in die Tiefe reichen kann, aus dem Boden. Das ist der entscheidende Moment, denn die Wurzel sollte nicht abreißen. "Wenn man das falsch macht, hat man im nächsten Jahr an diesem Standort vier neue Pflanzen", weiß Gerd Frickel, während er das Erdreich von einem Wurzelstruck entfernt und kontrolliert. Aus so gut wie jedem Wurzelrest im Erdreich würde nämlich eine neue Pflanze wachsen. 

So sieht ein Ampferstecher aus. Gerd Frickel und sein Arbeitsgerät.
Foto: Thomas Pfeuffer | So sieht ein Ampferstecher aus. Gerd Frickel und sein Arbeitsgerät.

Hat die Pflanze noch keine Samen ausgebildet, kann sie auf der Wiese liegen bleiben. Sind die Samen etwas reifer, müssen die ausgestochenen Pflanzen gesammelt und entsorgt werden. Ansonsten reifen sie nach - ebenfalls mit den entsprechenden Folgen im nächsten Jahr. Zur Dokumentation wird dann am Ende mit einem Handzähler jede entfernte Pflanze registriert.

Sträflingsgruppe

Die Arbeit ist schwer. Ist es feucht, klebt die Erde an den Wurzeln, ist es sonnig, plagen stechlustige Bremsen. Mancher Wanderer hat die Lupinen-Bekämpfer schon für eine Sträflingsgruppe gehalten. Auch weil sie zu großen Teilen auf den Knien erledigten werden muss, kann man sie nicht länger als sechs oder sieben Stunden am Tag machen, so die Erfahrung des SOKO-Chefs. Da zudem der Zeitaufwand pro Pflanze relativ hoch ist, kann die Ausstech-Methode nur auf wenig belasteten, hochwertigen Wiesen oder Initialflächen anwendet werden. Stark bewachsene Flächen werden mit der Sense oder einem kleinen Mähwerk bearbeitet.

Samenkontrolle: Haben die Lupinensamen einen gewissen Entwicklungsstand erreicht, müssen sie von den Wiesen entfernt werden, da sie nachreifen.
Foto: Thomas Pfeuffer | Samenkontrolle: Haben die Lupinensamen einen gewissen Entwicklungsstand erreicht, müssen sie von den Wiesen entfernt werden, da sie nachreifen.

Auch wenn die Methode aufwändig ist, sie ist erfolgversprechend. Das belegt auch eine Versuchsfläche am Rand der Hochrhönstraße, auf der zwölf verschiedene Arten der Lupinenbekämpfung getestet werden. Das Spektrum reicht vom Abzupfen der Blüten und dem Abschneiden der Blütenstände bis zu verschiedenen Mäh-Methoden.  Auch hier scheint sich das Ausstechen als erfolgreichster Weg zu erweisen.

Größeres Tätigkeitsfeld

Wie Philipp Frickel dank digital erfasster Daten am Beispiel einer Wiese am Wüstensachsenweg erläutert, habe man hier vor zwei Jahren noch 1500 Lupinen entfernt, im vergangenen Jahr seien es noch etwa 200 gewesen, aktuell schätzt er die Zahl auf "vielleicht noch 30". Da 30 Lupinen natürlich weitaus schneller von einer Wiese zu entfernen sind als 1500, können die Lupinen-Bekämpfer ihr Tätigkeitsfeld vergrößern. Bislang waren sie auf rund 220 Hektar und damit etwa zehn Prozent der infrage kommenden Flächen aktiv. Mehr Lupinen-Bekämpfer einzustellen ist schwierig, weiß Gerd Frickel, da man keine Leute findet, die eine solche Arbeit mit der erforderlichen Akribie machen wollen.

Kritisch begutachtet Schutzgebietsbetreuer  Torsten Kirchner die Testflächen für unterschiedliche Arten der Lupinen-Bekämpfung. Im Vordergrund der Bereich mit den Ausgestochenen Pflanzen.
Foto: Thomas Pfeuffer | Kritisch begutachtet Schutzgebietsbetreuer  Torsten Kirchner die Testflächen für unterschiedliche Arten der Lupinen-Bekämpfung. Im Vordergrund der Bereich mit den Ausgestochenen Pflanzen.

Ihre Erfolge aber motivieren nicht nur die Lupinen-Truppe bei der tagtäglichen Arbeit auf den Rhöner Wiesen, sondern sorgen auch für Zuversicht bei Torsten Kirchner, das Lupinenproblem vielleicht doch noch in den Griff zu bekommen. Dazu, so der Schutzgebietsbetreuer, würden weiterhin die freiwilligen Helfer gebraucht, daneben Bauern, die ihre Wiesen sauber mähen, und die SOKO Lupine. Allerdings ist ihm klar, dass "das in drei oder vier Jahren nicht zu erledigen ist".

Staudenlupine
Die Staudenlupine, eine Pflanzenart aus der Familie der Hülsenfrüchte, ist ein sogenannter Neophyt, eine eingewanderte Pflanze in der Rhön. Im Dritten Reich wurde sie gezielt auf den kargen Böden der Rhön ausgebracht, um sie fruchtbarer zu machen. Dank der Knöllchenbakterien an der Wurzel ist die ursprünglich aus Nordamerika stammende Leguminose in der Lage, Luftstickstoff zu binden. Damit düngt sie die Erde auf und bereitet anderen stickstoffliebenden Pflanzen wie Brennnessel, Hohlzahn und Kletten-Labkraut im wahrsten Sinne des Wortes den Boden. Die Folge: Die Magerrasen verändern ihren Charakter, was wiederum zum Verschwinden der typischen Vegetation der Rhöner Bergwiesen führt. Deshalb wird sie in der Rhön seit Jahren bekämpft. Das erweist sich als nicht einfach, da die Lupine zum einen sehr widerstandsfähig ist und zum anderen jede Staude rund 2000 Samen produziert, die beim Platzen der Hülsen weit verstreut werden. 
 
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