Als die Ukraine von Russland überfallen wurde, befand sich Olga Babiy in der Westukraine. Sie ist eine der Stammspielerinnen der Frauenbundesliga-Mannschaft des Schachclubs Bad Königshofen. Zu dem Zeitpunkt war sie im sechsten Monat schwanger. Nicht zuletzt deshalb war der erste Gedanke von Ehemann Igor Babiy und des Vereinsvorsitzenden Jürgen Müller: "Wie können wir sie in Sicherheit bringen?"
Obwohl sich der russische Angriff auf die Ukraine angekündigt hatte, überraschte er die Eheleute Babiy. "Der Gedanke war so unreal", sagte Olga Babiy damals. Eigentlich war die werdende Mutter auf Ruhe und Schonung eingestellt, stattdessen erlebte sie erste Luftalarme und verbrachte die Nächte in einem Schutzraum.
"Das Wichtigste ist unser Baby", sagte Igor zu ihr und so nahm Olga Babiy das Angebot der Familie Müller an, bei diesen zu wohnen.
Über die polnische Grenze in Richtung Deutschland
Igor brachte Olga gemeinsam mit der Schwägerin und derer Tochter mit dem Auto zur polnischen Grenze. Dann musste er zurückbleiben. Es gab endlose Schlangen und lange Wartezeiten. Die drei Ukrainerinnen übernachteten in Warschau bei Freunden und fuhren nach Breslau, wo Martina und Jürgen Müller sie abholten. In Kleinbardorf fanden sie ein vorläufiges Zuhause.
Wie ist es Olga Babiy inzwischen ergangen? Der kleine Andriy wurde am 28. Juni 2022 geboren. Seit der Geburt hat ihn sein Vater nur zweimal gesehen. Zu einer europäischen Schachveranstaltung in Prag, an der Olga teilnahm, durfte auch Igor anreisen und so kam es zu einer ersten Begegnung zwischen Vater und Sohn. Ukrainische Männer im wehrfähigen Alter dürfen nach wie vor das Land nicht verlassen. In Prag ergab sich eine günstige Gelegenheit, weil Igor auch zur Schachfamilie gehört.
Den ersten Geburtstag von Andriy konnte die Familie Babiy gemeinsam verbringen
Um den ersten Geburtstag von Andriy gemeinsam mit dem Vater zu feiern, wagte es Olga, einmal in die Westukraine zu fahren. "Die Bahnfahrt war sehr beschwerlich, mit einem Kinderwagen und einem Koffer. Dann aber war es ein wunderbares Wiedersehen." Igor Vater freute sich, wie gut sich Andriy entwickelt hat. "Aus Sicherheitsgründen verbrachten wir diese drei Wochen in einem Dorf im Westen der Ukraine. Wir hatten eine gute Zeit und feierten den ersten Geburtstag von Andriy. Die Schwiegereltern fuhren mit uns zurück nach Bad Königshofen und genossen die Zeit mit ihrem Enkelkind", schildert Olga Babiy rückblickend diese für sie wertvolle Zeit.
Olga hat inzwischen eine eigene Wohnung in Bad Königshofen. Andriy ist mittlerweile 18 Monate alt und geht begeistert zum Babyschwimmen.
Wie in der Ukraine Weihnachten gefeiert wird
Wie wird in der Ukraine Weihnachten gefeiert? Wie Olga berichtet, wurde früher Weihnachten am 7. Januar gefeiert, doch mittlerweile gilt auch der 25. Dezember als Feiertag, sodass einige nach "alter" Tradition feiern, andere nach der neuen. Nach der älteren Tradition ist am 6. Januar Heiliger Abend.
Olga Babiy wurde in der orthodoxen Kirche getauft, besuchte aber sowohl die orthodoxe als auch die katholische Kirche. Die Familie wird beide Weihnachten feiern.
Ein traditionelles Weihnachtsgericht in der Ukraine ist Kutia (gekochte Weizenkörner mit gemahlenem Mohn, Nüssen, Honig oder Zucker). Es gibt auch Varenyky (Maultaschen mit Kartoffeln), Salat, gedünsteten Kohl oder Sauerkraut und Uzvar (gekochte getrocknete Äpfel).
Ein Brauch in der Ukraine ist, dass die Kinder singend von Haus zu Haus ziehen. Für den kleinen Andriy bringt "Väterchen Frost" Geschenke am 6. Januar.
Olga Babiy möchte weiter in Deutschland bleiben
Wie sind die Zukunftspläne? "Die Wohnung, in der wir in Ternopil gewohnt haben, ist noch in Ordnung, aber sie gehört uns nicht. Mein Mann lebt zusammen mit unserem Hund in Dnipro", berichtet Olga.
Sie will in Deutschland bleiben, noch besser Deutsch lernen und in Zukunft eine Arbeitsstelle finden. Sie möchte vor allem, dass Andriy in Deutschland eine gute Schule besucht und eine gute Ausbildung erhält. Dazu würde Bad Königshofen gute Voraussetzungen bieten.