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Bad Königshofen
Rückblick zum Tag der Deutschen Einheit: 1990 hebelten die Wallfahrer von Bad Königshofen ein Grenztor der DDR aus
Wenn am 3. Oktober der Thüringisch-Fränkische Wandertag bei Poppenhausen in Thüringen an einem Kreuz Halt macht, hat das für Wallfahrer einen besonderen Erinnerungswert.
Alljährlich halten die Wallfahrer entweder am Kreuz bei Rieth oder wie hier am Wallfahrerkreuz bei Poppenhausen. Das erinnert an eine ungewöhnliche Grenzöffnung 1990.
Foto: Hanns Friedrich | Alljährlich halten die Wallfahrer entweder am Kreuz bei Rieth oder wie hier am Wallfahrerkreuz bei Poppenhausen. Das erinnert an eine ungewöhnliche Grenzöffnung 1990.
Hanns Friedrich
Hanns Friedrich
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:46 Uhr

Der 24. Mai 1990 ist für die Männerwallfahrt von Bad Königshofen nach Vierzehnheiligen ein unvergessliches Datum. Nach der Grenzöffnung am 10. November 1989 nahmen die Wallfahrer erstmals nach 40 Jahren wieder den alten Wallfahrtsweg, der von Zimmerau in Unterfranken über Rieth und Gleismuthausen in Thüringen über DDR Gebiet führte. Damals nahmen die Männer eine ungewöhnliche Grenzöffnung vor.

"Mit unseren Wanderstöcken schlugen wir die eisernen Bolzen aus dem mehr als drei Meter hohen Grenztor bei Gleismuthausen und konnten durch den engen Spalt in Richtung Westen schlüpfen." Heute erinnert bei Poppenhausen ein großes Kreuz an dieses Ereignis von damals. In diesem Jahr ist dort am 3. Oktober ein Haltepunkt beim 26. Thüringisch-Fränkischen Wandertag.

Tore an der Grenze waren nur zu bestimmten Zeiten offen

Vor Ort werden einige Wallfahrer von damals sein, darunter auch Ansgar Büttner aus Wargolshausen. Er wird berichten, dass der damalige Wallfahrtspfarrer Josef Treutlein sagte "Christus hat noch viel größere Schranken überwunden."

Mit den Wanderstöcken wurden die eisernen Bolzen aus dem Tor heraus geklopft und so das Tor spaltweit geöffnet. Damit konnten die Wallfahrer einzeln durchschlüpfen und ihren Weg fortsetzen.
Foto: Hanns Friedrich | Mit den Wanderstöcken wurden die eisernen Bolzen aus dem Tor heraus geklopft und so das Tor spaltweit geöffnet. Damit konnten die Wallfahrer einzeln durchschlüpfen und ihren Weg fortsetzen.

Rückblick: Mehr als 300 Männer zogen am 24. Mai 1990 unter Glockengeläut gegen 4.30 Uhr aus der Stadtpfarrkirche, waren um 6 Uhr im Gottesdienst in Untereßfeld und marschierten dann in Richtung deutsch-deutscher Grenze bei Zimmerau. Zum damaligen Zeitpunkt war diese noch mit einem 3,30 Meter hohen Metallgitterzaun gesichert. Die Grenztore, wie zwischen Zimmerau und dem thüringischen Rieth, waren allerdings nur zu bestimmten Zeiten geöffnet.

Als die Wallfahrer gegen 8 Uhr an der "Übergangsstelle" ankamen, hatten DDR-Grenzbeamte das Tor geöffnet und die Wallfahrer konnten ungehindert ihren Weg fortsetzen. Der damalige Wallfahrtsführer Otto Heintz erinnerte sich, dass in den Ortschaften die Glocken läuteten und Menschen am Wegesrand standen. "Viele winkten uns zu, andere weinten und konnten es noch nicht glauben, dass die Zeit des geteilten Deutschland vorbei ist."

Das war 1990 als an die 300 Männer vor hinter dem verschlossenen Grenztor standen. Durch den Zaun wurden sie mit Getränken versorgt.
Foto: Hanns Friedrich | Das war 1990 als an die 300 Männer vor hinter dem verschlossenen Grenztor standen. Durch den Zaun wurden sie mit Getränken versorgt.

DDR wollte Maßnahmen gegen die Wallfahrer ergreifen

Singend und betend ging es in Richtung Gleismuthausen/Poppenhausen, wo die Wallfahrer wieder auf bundesdeutsches Gebiet wechseln wollten. "Da war das große Grenztor allerdings verschlossen und niemand da, der es uns öffnen konnte", erinnern sich Wallfahrer heute. Von Westdeutscher Seite wurden Getränke durch den Zaun gereicht. Da kam die Idee auf, mit den Wanderstöcken die eisernen Bolzen aus dem Tor zu schieben und so eine schmale Öffnung zu schaffen.

Später ankommende Grenzbeamte werteten dies als eine Zerstörung der DDR-Grenzanlagen und sprachen von Sachbeschädigung an DDR-Staatseigentum. Sie wussten aber auch nicht, warum niemand da war, um, wie ausgemacht, das Tor zu öffnen. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands hatten sich dann die eventuellen Maßnahmen der DDR-Behörden gegen die Wallfahrer erledigt.

Mit Wanderstöcken das Tor zum Westen geöffnet

Im Jahr 2015 wurde auf Anregung von Heinz Deuerling aus Bad Königshofen, einem Teilnehmer der Wallfahrt von 1990, als Erinnerung an diese ungewöhnliche Grenzöffnung ein Kreuz bei Gleismuthausen errichtet. Bereits zuvor gab es das Wallfahrerkreuz bei Rieth. Abwechselnd halten die Wallfahrer nun alljährlich an einem der beiden Kreuze, um im Gebet an die Wiedervereinigung Deutschlands zu erinnern. Ein eingerahmter Zeitungsartikel in der Votivkammer in Vierzehnheiligen erinnert heute noch an diese wagemutige Aktion.

Die DDR-Grenzbeamten waren nicht gerade erfreut über diese Art der Grenzöffnung
Foto: Hanns Friedrich | Die DDR-Grenzbeamten waren nicht gerade erfreut über diese Art der Grenzöffnung

Der Rhöner Bildhauer Klaus Metz gestaltete das Kreuz, das er aus Metall angefertigt und auf einem Betonsockel befestigt hat: Metall und Beton, die Baumaterialien, aus denen Zaun und Mauer gefertigt waren, die Deutschland teilten. Heute ist von der einstigen Grenze hier nichts mehr zu sehen. Ansgar Bütter, der damals dabei war, weiß noch, dass vor der Grenzöffnung auf der Landstraße zwischen Wasmuthausen und Eckhartshausen das Lied "Brüder reicht die Hand zum Bunde" von der Musikkapelle gespielt wurde.

Auch der damalige Wallfahrtsführer Engelbert Brüger und Pfarrer Josef Treutlein erinnern sich noch genau an die Situation vom Mai 1990: "Wir konnten ja nicht warten, bis uns jemand das Tor öffnet, mussten unseren Zeitplan einhalten und da haben wir eben das Tor zum Westen mit unseren Wanderstöcken geöffnet."

 
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