
Für Marika Schneider war es die Verwirklichung eines Traums. Zusammen mit ihren Eltern unternahm die ausgebildete Logopädin, die in einem kleinen Dorf in der Nähe von Erfurt lebt, eine Fahrt mit dem Heißluftballon. Das Außergewöhnliche an der Luftreise: Die 40-jährige Frau ist nach einem schweren Verkehrsunfall seit 17 Jahren von den Schultern abwärts gelähmt und seitdem auf den Rollstuhl angewiesen.

Dass ihr Wunsch jetzt in Erfüllung ging, hat sie dem Bad Königshöfer Georg Leupold zu verdanken. Der Radio- und Fernsehtechnikermeister betreibt seit vielen Jahren in der Badestadt eine Ballonfahrerschule. Seit einem schon länger zurückliegenden Kontakt mit Samuel Koch, der seit seinem Unfall bei "Wetten, dass" vom Hals abwärts gelähmt ist, weiß Leupold, dass auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen gerne einmal eine Luftfahrt mit dem Ballon unternehmen würden. "Mit einem herkömmlichen Korb ist das praktisch nicht möglich", so Leupold. Theoretisch könnte man einen Rollstuhlfahrer zwar in den Korb hieven, wegen der hohen Umrandung würde er aber so gut wie nichts sehen. "Außerdem könnte es bei einer etwas ruppigen Landung gefährlich werden."
Sitz mit einem Dämpfungssitzkissen
Vor wenigen Jahren wurde der Bad Königshöfer auf einen neuartigen Korb mit Dämpfungssitzkissen und im vorderen Bereich tief heruntergezogenen Seitenteilen aufmerksam, was auch sitzend einen guten Rundumblick ermöglicht. Vor zwei Jahren bestellte er diesen Korb, der im Frühsommer geliefert wurde. Und es dauerte nicht lange, bis die erste Buchung bei ihm einging. "Ein Ehepaar aus der Nähe von Erfurt meldete sich bei mir und hatte den Wunsch, ihrer im Rollstuhl sitzenden Tochter zum Geburtstag eine Ballonfahrt zu schenken." Nachdem die Wetterverhältnisse passten, war es kürzlich so weit. Georg Leupold und ein Begleiter machten sich mit dem neuartigen Korb auf den Weg nach Großfahner, einem kleinen Ort 20 Kilometer nordwestlich von Erfurt, wo sie auf dem Sportplatz von Familie Schneider schon freudig erwartet wurden.

Während sich die Ballonhülle langsam mit Heißluft füllte, wurde Marika Schneider vorsichtig aus ihrem Elektrorollstuhl gehoben, in einen Schalensitz gesetzt und mit einem Vierpunkt-Gurt gesichert. Neben ihr nahm ihre Mutter Hannelore Platz, während sich ihr Vater Ralf Schneider im hinteren Korbbereich neben Georg Leupold stehend auf die Ballonfahrt vorbereitete. Und dann ging es auch schon los. "Die Luftströmung trug uns von Großfahner sanft in Richtung Gotha", erinnert sich der Bad Königshöfer Ballonfahrer. "Dabei errichten wir eine Höhe von 1500 Metern, bevor wir nach eineinhalb Stunden Fahrt in einem Wiesenfeld in der Nähe von Siebleben landeten."
Mit der Ballonfahrt einen großen Traum erfüllt
Spricht man Marika Schneider auf ihre Ballonfahrt an, gerät sie immer noch ins Schwärmen." Über das Überraschungsgeschenk zu meinem 40. Geburtstag habe ich mich riesig gefreut." Es sei schon länger ein Traum von ihr gewesen, trotz ihrer großen körperlichen Einschränkungen einmal zu fliegen oder Ballon zu fahren. "Zwar wäre auch ein Tandemflug mit dem Gleitschirm möglich gewesen, doch davor hatte ich dann doch zu viel Respekt." Als ihr dann eine Fahrt in dem neuartigen Ballonkorb geschenkt worden sei, habe sie den Start gar nicht erwarten können. "Als es dann losging, war ich völlig entspannt und habe die Fahrt richtig genossen."

Woran sich die Großfahnerin besonders gerne zurückerinnert: das ruhige Dahingleiten und die absolute Stille, wenn Georg Leupold die Gasbrenner eine Zeit lang abstellte. "Ich kann meine Eindrücke gar nicht in Worte fassen, so überwältigt war ich." Auch dass die Fahrt statt einer geplanten Stunde fast zwei Stunden gedauert habe, sei toll gewesen. "Auf jeden Fall war es ein sehr emotionales Erlebnis und ich habe nach der Landung schon ein paar Tränen vergossen vor Freude."
Zum Abschluss des Tages gab es von Georg Leupold dann noch die obligatorische Urkunde und die feierliche Erhebung in den Adelsstand der Aeronauten, wie es nach einer ersten Luftfahrt mit dem Heißluftballon üblich ist. Ob sie sich eine weitere Ballonfahrt vorstellen könnte? Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: "Wenn sich wieder eine Gelegenheit ergeben sollte, auf jeden Fall."