
Holunder-Anbau für Bionade, eine eigene Heulimo, Trüffel-Pläne und Putenställe, in denen auf tiergerechte Haltung geachtet wird – der Biohof Ritter in Ostheim ist breit aufgestellt und gilt als Vorzeigebetrieb für innovative und nachhaltige Landwirtschaft. Das hat sich längst auch bis nach München herumgesprochen.
Im vergangenen Herbst wurde die Familie Ritter vom bayerischen Verbraucherschutzministerium für ihr außergewöhnliches Hofkonzept ausgezeichnet – als einer von vier Betrieben im Freistaat, die aus einer Vielzahl von Bewerbungen ausgewählt wurden. Vor Ort sahen Vertreter der Fachjury nun ihr Urteil bestätigt: Einen ganzen Nachmittag nahmen sich die Gäste aus München und Triesdorf Zeit, um sich von Tim, Inge und Martin Ritter zeigen zu lassen, was ihren Hof so besonders macht.
Große Pläne mit der hofeigenen Heulimo
Eines dieser Projekte ist die hofeigene Heulimo. "Schmeckt wirklich nach Heu", zeigten sich die Gäste nach dem ersten Schluck begeistert. Das Rezept wird natürlich nicht verraten, aber mit drin sind neben Heusoda auch Quittensaft und Holunderblütenextrakt aus der Region. Und noch eine Besonderheit gibt es: "Dafür eignet sich nur das Heu aus der Hochrhön", verrät Tim Ritter. Ostheimer Heu ist dafür nicht zu gebrauchen.

Der 26-Jährige hat große Pläne mit der Vermarktung der Heulimo. Verhandlungen mit einem großen deutschen Lebensmitteleinzelhändler laufen, bald könnte die Ostheimer Bio-Heulimo in Märkten in ganz Bayern zu haben sein.
Vater Martin Ritter hat noch ganz andere Ideen, das Rhöner Heu in aller Munde zu bringen. "Ein Heu-Energy-Drink als Green Power könnte Red Bull Konkurrenz machen", sagt er verschmitzt. "Man kann in der Rhön viel entwickeln. Uns gehen die Ideen nicht aus."
Immer offen für Neues: Landwirte gehen mit der Zeit
Genau das ist es, was die Jury-Mitglieder beeindruckt: Regional ausgerichtet, Traditionen verbunden, aber immer offen für Neues – der Biohof Ritter geht mit der Zeit. Neben Gerlinde Koch und Daniela Mc Loughlin vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie Manfred Geißendörfer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und Vertretern der Regierung von Unterfranken und des Veterinäramts ließ es sich auch Landrat Thomas Habermann nicht nehmen, der Familie Ritter dafür ein großes Lob auszusprechen.

"Mit Holunder für Bionade hat es begonnen, mit Heu und Pilzen geht es weiter und dazu kommt eine ethische Tierhaltung mit Wertschöpfungskette", so der Landrat. Der Naturland-zertifizierte landwirtschaftliche Bio-Betrieb zeige, was in der überregulierten Welt heute an innovativer Landwirtschaft möglich sei. Gerlinde Koch, im Staatsministerium zuständig für Fleischhygiene, legte ihr Augenmerk auf die tiergerechte Geflügelhaltung auf dem Hof. Die Tiere werden in Ställen mit Freilauf und Beschäftigung aufgezogen, in einem nahegelegenen Schlachthof geschlachtet, im hofeigenen Zerlegeraum verarbeitet und direkt vermarktet.
Auch Puten kommen in die Pubertät
Seinen ersten Stall für 1500 Bio-Puten hat Martin Ritter vor 21 Jahren gebaut. Damals sei er ausgelacht worden, gab er bei der Hofführung preis. "So könne man die Tiere nicht halten", haben Kritiker geunkt, doch der Erfolg gab dem Ostheimer Recht. Die Puten auf dem Ritter-Hof haben mehr Stroh im Stall, regelmäßigen Auslauf und Material wie Heuballen und Mobiles zur Beschäftigung. Das sorgt dafür, dass sie sich insbesondere in der Pubertät nicht gegenseitig beharken.

"Seit 21 Jahren müssen die Schnäbel unserer Puten nicht gestutzt werden. Wir haben keinen Salmonellen-Fall und keinen Coli-Ausbruch zu verzeichnen. Unsere Verlustrate im Stall liegt bei 1,8 Prozent", informierte der Landwirt seine Zuhörer. Die Fachleute zeigten sich entsprechend beeindruckt.
Ein Kreislauf, der sich auszahlt
Mittlerweile ist Sohn Tim verantwortlich für die Geflügelhaltung auf dem Hof. Rund 7000 Bio-Puten werden im Jahr auf dem Hof in der Frickenhäuser Straße aufgezogen und verkauft, sagt er, dazu 800 Hähnchen, 180 Enten und 100 Gänse im Jahr. Die Puten kommen mit fünf Wochen vom Aufzüchter nach Ostheim, Hähnchen, Enten und Gänse als Eintagsküken. Das Futter für die Tiere ist eine hofeigene Mischung aus Weizen, Hafer und Mais aus dem eigenen Anbau, auch das Stroh für die Ställe kommt von den eigenen Feldern. Der Mist wird als Wirtschaftsdünger auf den Feldern ausgebracht. "Ein Kreislauf", beschreibt der Landwirt, der auf dem Hof selbstverständlich ist.
Geschlachtet werden die Bio-Hennen ab der 21. Lebenswoche mit rund zwölf Kilogramm, die Hähne in der 23. Lebenswoche mit 22 Kilogramm. Rund 400 Tiere werden direkt vermarktet, die restlichen Puten kommen in den Bio-Handel.
Biohof Ritter strebt nach dem Tierwohl-Preis
Dass die Konsumenten durch die hohe Inflation weniger Geld in der Tasche haben, merken auch die Ritters. Hier mache sich der eigene Hofladen durchaus bezahlt. Die Direktvermarktung funktioniere noch gut. Insgesamt seien die Kunden hier durchaus bereit, mehr für qualitativ hochwertige Lebensmittel auszugeben, sagt Tim Ritter.
Um deutlich sichtbar zu machen, dass im Hofladen nur hochwertiges Geflügelfleisch angeboten wird, hat sich der junge Landwirt in diesem Jahr für den bayerischen Tierwohl-Preis beworben und wartet schon gespannt auf die Entscheidung der Jury, die im August fallen wird.