
Wie könnte man die Rhönerin und den Rhöner aus dem Gebirge charakterisieren? Durchschnittlich schlank, teilweise schmächtig, nicht wirklich fleißig, dafür wird sehr gerne Branntwein getrunken, so heißt es in Aufzeichnungen aus dem Jahr 1866.
Und die Menschen aus dem Rhöner Vorland – im Tal der oberen und mittleren Fränkischen Saale und im Streugrund? Sie sind, so wörtlich, ein kräftiger, gutmütiger und höflicher Schlag Leute, es gibt viele hochgewachsene, hübsche Burschen und lebfrische Dirnen mit üppigem Haarwuchs.
Was an dem kurzweiligen Abend in der Stadthalle Bad Neustadt geboten war
Mit diesem historischen Blick zurück sorgte Professor Reinhard Heydenreuter bei den knapp über 300 Gästen in der Stadthalle von Bad Neustadt für Lacher. Der Rechts- und Landeshistoriker war ein Ehrengast anlässlich des Festabends zu "50 Jahre Landkreis Rhön-Grabfeld". Ein kurzweiliger Abend, der neben Vergangenheit und Gegenwart auch einen Blick in die Zukunft warf.
Genau 50 Jahre sei es her, erinnerte Landrat Thomas Habermann, dass der Name "Landkreis Rhön-Grabfeld" 1973 aus der Taufe gehoben wurde und die Altlandkreise Bad Neustadt, Mellrichstadt und Königshofen Geschichte waren. Aus diesem Grund feiert man im Gegensatz zu den anderen Landkreisen auch erst dieses Jahr, obwohl die landesweite Gebietsreform ein Jahr zuvor über die Bühne ging. "Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal", so der Landrat in seiner unnachahmlichen Art.
Er selbst hielt sich in seiner Begrüßung kurz, die Festrede übernahm Florian Herrmann, Leiter der Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien. Die Reform sei eine Operation am offenen Herzen der bayerischen Seele gewesen, so der Minister. Als Ergebnis entstand ein modernes und leistungsfähigeres Bayern, "eines der besten Beispiele ist Rhön-Grabfeld".
Welchen Appell Staatsminister Florian Herrmann in Richtung Süden schickte
Der Landkreis als "ein starkes Stück Bayern" biete Zukunftschancen und habe mit einem der schönsten Mittelgebirge viel zu bieten. Der Appell von Herrmann in Richtung Süden erntete viel Applaus: "Nicht in die Ferne schweifen, einfach mal nach Rhön-Grabfeld fahren."

Für die künftigen Herausforderungen Digitalisierung und Entbürokratisierung solle man sich laut des Ministers die damals klugen und mutigen Entscheidungen der Reformierer zum Vorbild nehmen, "damit alle in 50 Jahren sagen können, das war damals ziemlich gut im Jahr 2023". Aktuell, so Herrmann, würde die Zahl der Landkreise in Bayern passen.
Mut war auch ein Stichwort im Vortrag von Reinhard Heydenreuter, wenn es um den Landkreis geht. Rhön-Grabfeld sei schon immer ein "mutiger und kriegerischer Landkreis" gewesen, so der Historiker. Er gab in seinem historischen Abriss zum Besten, wie der Graf zum Landrat wurde, der Gau zum Landkreis und der Untertan zum Bürger.
Blick in die Historie: Rhöner ließen der Obrigkeit nicht immer alles durchgehen
Der Adel habe in Rhön-Grabfeld im Gegensatz zum Süden eine große Rolle gespielt, das zeigen die vielen vorhandenen Burgen oder Grenzanlagen. Die Bevölkerung habe schon immer Integrationskompetenz gezeigt und hätte der Obrigkeit nicht immer alles durchgehen lassen, was unter anderem Bürgerbeteiligungen und Mitbestimmung vor Gericht bewiesen hätten.

In einer abschließenden Talkrunde mit Moderator Eberhard Schellenberger blickte auch Zeitzeuge Johann Böhm, Landtagspräsident a.D., auf die Ereignisse vor 50 Jahren zurück. Wie war die Stimmung, als die Altlandkreise ausdienen sollten? "Die Bevölkerung war im Prinzip sehr gelassen", empfand er. Der Streit war eher vordergründig, Platzhirsche in jeder Gemeinde traten in Erscheinung.
"Die Menschen haben sich gut identifiziert mit dem Großlandkreis und wir sind sehr gut zusammengewachsen", ist sich Landrat Thomas Habermann sicher. Deshalb könne man heute so befreit feiern.
Was Rhön-Grabfeld und Schmalkalden-Meiningen verbindet
Mitfeiern durfte auch der thüringische Nachbarlandkreis Schmalkalden-Meiningen mit der eingeladenen Landrätin Peggy Greiser, zu der Habermann ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. Die beiden Landkreise verbinde viel, so Greiser: die Rhön, das Biosphärenreservat, die Autobahn 71 eine Großgemeinde namens Grabfeld und die Mentalität.

Statt Wein überbrachte sie Bier und Nougat als Geschenk an Thomas Habermann, wobei die Süßigkeit doch eher den Mitarbeitenden im Landratsamt zugutekommen solle.
Die Vielfältigkeit des Landkreises zeigte sich im Rahmenprogramm des Abends. Den musikalischen Part übernahmen die Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen und die Kreismusikschule Rhön-Grabfeld. Der Drumcorps "schlagARTig" begrüßte zuvor die Gäste vor der Stadthalle.

Viel Applaus für das vielfältige Rahmenprogramm am Festabend
Für großen Applaus sorgten die Bigband der Berufsfachschule sowie der Auftritt des Kinderchors und das Tanz-Ensemble der Kreismusikschule, welches tänzerisch eine Modenschau der vergangenen fünf Jahrzehnte präsentierte. So sorgten die schrillen Kostüme beim Klang von Bee Gees, Madonna, Backstreet Boys und Co. für einen bunten Farbtupfer und Stimmung im Saal.

Der sportliche Auftritt der Rhönrad-Turngruppe der DJK Schönau, die dieses Jahr 100. Geburtstag feiert, rundete den Abend ab.