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Bad Neustadt
50 Jahre Gebietsreform: Wann wird in Rhön-Grabfeld gefeiert?
1972 wurden in Bayern ganze Gebiete neu geordnet. Das barg eine Menge politischen Zündstoff. Wir fragten Landrat Thomas Habermann, wie er die Gebietsreform aus heutiger Sicht bewertet.
Landrat Thomas Habermann will im nächsten Jahr das Jubiläum der Gebietsreform groß feiern.
Foto: Stefan Kritzer | Landrat Thomas Habermann will im nächsten Jahr das Jubiläum der Gebietsreform groß feiern.
Michael Nöth
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:59 Uhr

Der Landkreis, dem Thomas Habermann als Landrat seit 2003 vorsteht, besteht aus 37 Kommunen und 12 Verwaltungsgemeinschaften.

Frage: 50 Jahre Landkreis Rhön-Grabfeld - ist das ein Grund zum Feiern?

Thomas Habermann: Das ist ein schöner Grund zum Feiern, obwohl die alten Gebiete damals einen Verlust ihrer Identität befürchtet hatten. Ich sehe diese Neuordnung als gelungen an. Gefeiert wird in diesem Jahr aber nicht. Unser Landkreis-Name "Rhön-Grabfeld" ist tatsächlich erst 1973 offiziell ausgerufen geworden. Deshalb werden wir auch erst im nächsten Jahr groß feiern.

Wie sehen Sie den Landkreis derzeit aufgestellt? Beginnen wir mit der Wirtschaft.

Habermann: Rhön-Grabfeld ist im Vergleich zu anderen Kreisen stark zentralistisch geprägt. Mit Bad Neustadt als der Stadt, die die größte Wirtschaftskraft und damit die meisten Arbeitsplätze anbietet. Man sieht es an der Arbeitsmarkt-Statistik. Da stehen wir zu vergleichbaren Kreisen gut da.

Wie bewerten Sie die gesellschaftliche Ausrichtung?

Habermann: Unsere Bürgerinnen und Bürger sind sehr wertbewusst, sind traditionstreu und heimatverbunden. Deshalb halten sie auch schwierige Zeiten gut aus. Und ich sehe immer mehr junge Menschen, die bewusst wieder nach Rhön-Grabfeld zurückkehren, weil sie hier im Vergleich zu den Ballungsräumen bezahlbar wohnen können. Die Lebensqualität von Rhön-Grabfeld zieht zusätzlich an.

Viel Wald, viel Feld, viel Natur - auch das prägt den Landkreis Rhön-Grabfeld. Vor 50 Jahren ist er aus den ehemaligen Altlandkreisen Königshofen, Mellrichstadt und Neustadt entstanden. 
Foto: Sonja Demmler | Viel Wald, viel Feld, viel Natur - auch das prägt den Landkreis Rhön-Grabfeld. Vor 50 Jahren ist er aus den ehemaligen Altlandkreisen Königshofen, Mellrichstadt und Neustadt entstanden. 
Beim Blick auf die Bevölkerungszahlen ist zuletzt eine stetige Abnahme zu erkennen. Beunruhigt Sie das?

Habermann: Nein. Man muss immer ein Bezugsdatum sehen: Vor der Wende hatten wir 75.900 Einwohnerinnen und Einwohner. Nach der Wende hatten wir einen enormen Zuwachs, der uns bis 1999 eine Bevölkerung von 87.000 bescherte. Danach gingen die Zahlen zurück. Wir liegen jetzt bei 79.000. Der Peak wird in etwa 15 Jahren erwartet. Da bekommen wir mit der zunehmenden Alterung schon Probleme.

Sind die Gemeindezusammenschlüsse politisch gelungen?

Habermann: Mit Abstrichen: ja. Wir haben keine Kommune mit zu vielen Ortsteilen. Kleine Gemeinden habe den Vorteil, dass die Räte bei ihren Entscheidungen alles im Blick haben.

Hat sich die Leistungsfähigkeit der Gemeinden tatsächlich erhöht?

Habermann: Da muss man klar sagen, dass die Verwaltungen in den einzelnen Gemeinschaften einen sehr guten Job machen. Ohne das Expertenwissen der Mitarbeiter in den Verwaltungsgemeinschaften würden einige Gemeinden nicht so gut da stehen, wie es nun der Fall ist. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die VG Bad Neustadt. Auch den Zusammenschluss von Bastheim zur VG Mellrichstadt halte ich für einen intelligenten Schritt hin zu einer besseren Leistungsfähigkeit.

Wird es künftig weiter zu Zusammenschlüssen kommen?

Habermann: Da ist viel Dynamik drin. Ein Landrat kann dazu nur beraten und ermuntern. Und man hat am Beispiel Bastheim gesehen, dass die Bevölkerung die Entscheidung mitträgt.

Können die Verwaltungen ihren Aufgaben überhaupt noch gerecht werden?

Habermann: Im Landratsamt haben wir beispielsweise durch den Sondereffekt "Corona" das Gesundheitsamt aufgestockt. Aus 15 wurden 60 Mitarbeiter. Andere haben diesen Teil outgesourct. Wir wollten das selbst machen. Natürlich wird das Arbeiten immer schwieriger, je mehr Aufgaben bewältigt werden müssen. Zusätzlich beobachte ich eine enorme Zunahme einer Verrechtlichung, einer Überregulierung. Da muss sich der Gesetzgeber schon fragen, welche Folgen das in den Kommunen hat. In unseren Verwaltungsgemeinschaften erlebe ich aber eine gute Struktur und ein ambitioniertes Personal. Das muss man auch mal loben. Meine Devise ist: Kleine Gemeinden und eine große, effizient arbeitende Verwaltung.

Wird es in absehbarer Zeit zu einer neuen Anpassung der Gebiete kommen?

Habermann: Vor zehn Jahren habe ich noch gesagt, das 50. Bestehen feiern wir als Rhön-Grabfeld. Beim 60. könnte es schon einen Landkreis Bayerische Rhön geben. Das sehe ich - Stand jetzt  - nicht mehr so. Aus meiner Sicht ist es nicht absehbar, dass einer dieses Thema politisch anpackt. Ich bin mir sicher, dass wir auch den 60. als Rhön-Grabfeld feiern.

 
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Kommentare
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  • H. L.
    Lieber GZW, machen Sie sich doch mal die Mühe und gehen in das Foyer unseres Landratsamtes. Dort befindet sich eine Infotafel was alles im LRA zu finden ist. Sie werden staunen. Was wäre denn die Alternative? Alles in SW oder WÜ zentralisieren und ich muß wegen allen Auskünften und Stempeln dorthin fahren? Das ist sicher nicht Sinn und Zweck der Sache. Nein, ein LRA muß wohnort- und bürgernah bleiben,
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  • G. Z.
    Warum nur VG´s zusammenlegen? Warum nicht auch die Landratsämter. Die Politik hat das doch längst bei den Wahlen längst schon mit den Wahlreisen gemacht. Und? Hat das jemanden gestört? Für was braucht man ein Landratsamt? Die Frage ist: wie oft war denn hier jemand schon mal in seinem Landratsamt? Ich war mit meinen 60 Jahren noch NIE da. Mit Landratsamt, meine ich Landratsamt, also nicht die Zulassungsstelle oder ähnliches. Ich meine die Stelle, die den Kreis verwaltet, die Baugenehmigungen erteilt usw. Da muss kein normaler Mensch hin, aber das ist der Wasserkopf, den man ohne Einschränkungen der Bürger zusammenlegen kann. Das gleiche gilt für die Verwaltungsgemeinschaften: außer Passangelegenheiten, Gewerbeanmeldungen braucht der Bürger nix vor Ort. Die Gemeindefinanzen, das Baurecht kann eine größere Einheit viel besser, korrekter und schneller für die Gemeinden verwalten. Die unterste Ebene, die Gemeinden die braucht der Bürger, denn hier lebt er. Das gilt auch fürs Landratsamt!
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  • G. Z.
    "Meine Devise ist: Kleine Gemeinden und eine große, effizient arbeitende Verwaltung" also weg mit den kleinen Verwaltungsgemeinschaften. Die schaffen es eben nicht mehr. Die Personalkosten laufen den kleinen VG´s davon wie man an Heustreu sieht, dabei kann man noch nicht einmal die Pflichtstellen besetzen und die Pflichtaufgaben erfüllen. Die wichtigste Stelle der VG- Leitung mit Kämmerei, die den Haushalt aufstellt konnte man nur mithilfe von Neustadt erledigen. Den konsequenten Schritt zum Zusammenschluss macht man aber nicht. Warum? Da könnte man das eine oder andere Pöstchen verlieren und die Kosten zahlt ja der Bürger! Bastheim wird vom Landrat angeführt und auch dass die Bürger dort damit zu frieden sind. Vor Ort, die Bürgerservicestelle, am besten noch mit Bankomat zum Geld abheben (muss man halt sich an die Kosten der Bank beteiligen!) mehr braucht der Bürger nicht. Und fürs Recht, Gesetz und Satzungen machts die große VG schneller, korrekter und günstiger.
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