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München
Politiker-Derbleckn am Nockherberg: Für den neuen Söder gibt es saftige Watschn - und Merkel ist eine Fatamorgana
"Pimmelpolitik", Ampel-Rap, bissige Fastenpredigt: Wie nach Corona-Zwangspause beim Münchner Nockherberg wieder gegen die Prominenz aus Bayern und Berlin ausgeteilt wird.
Thomas Unger (rechts), und Roland Schreglmann treten als bayerischer Ministerpräsident Söder und CSU-Generalsekretär Huber beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg auf.
Foto: Sven Hoppe/dpa | Thomas Unger (rechts), und Roland Schreglmann treten als bayerischer Ministerpräsident Söder und CSU-Generalsekretär Huber beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg auf.
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 15.07.2024 11:17 Uhr

Ein komplett neuer Söder, ein Lied über "Pimmelpolitik" – und ein Fastenprediger Maximilian Schafroth, der die versammelte bayerische Politik-Prominenz mit rustikalem Charme nach allen Regeln der Kunst elegant abwatscht: Der Münchner Nockherberg ist zurück - nach langer Zwangspause erst wegen Corona und dann wegen des Beginn des Krieges in der Ukraine vor gut einem Jahr.

Vier Jahre sind also vergangen seit dem letzten realen "Politiker-Derbleckn". Manches hat sich verändert seitdem: Die Ampel regiert nun in Berlin, die CSU hat keine Bundesminister mehr. Markus Söder ist als Kanzlerkandidat gescheitert. Und Angela Merkel – einst ein Fixpunkt im Singspiel auf der Nockherberg – ist in Pension und nur noch Fatamorgana.

Die Aufführung samt Live-Fernsehübertragung wurde inzwischen verschoben und vom Traditionstermin Mittwoch auf Freitag vorverlegt. Offizieller Grund: Man wolle verhindern, dass die Gäste im Saal am kommenden Mittwoch lieber auf dem Handy das Champions League Spiel des FC Bayern verfolgen statt das Bühnengeschehen. Möglicherweise erhoffte man sich bei der veranstaltenden Paulaner-Brauerei und beim übertragenden Bayerischen Rundfunk (BR) an diesem Freitagabend aber auch schlicht eine bessere Einschaltquote.

Söder ist mit neuem Doppelgänger auch auf der Bühne weniger dominant als früher

Neu auch die Besetzungsliste im aufwändig inszenierten "Singspiel", das an diesem Donnerstagabend bei der Generalprobe schon der Presse vorgestellt wurde und bei dem die Politik-Prominenz aus Bayern und Berlin auf einer einsamen Insel gestrandet war: Statt Stephan Zinner, der Markus Söder jahrelang als prollig-sympathischen Haudrauf gegeben hatte, doubelt jetzt der Schauspieler Thomas Unger erstmals den Ministerpräsidenten. Dass der Söder diesmal im Singspiel weniger dominant wirkt, als in früheren Jahren, liegt allerdings weniger am neuen Doppelgänger, sondern an der ihm zugedachten Rolle.

Freitagabend in München: Ministerpräsident Markus Söder und seine Frau Karin beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg. 
Foto: Sven Hoppe, dpa | Freitagabend in München: Ministerpräsident Markus Söder und seine Frau Karin beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg. 

Denn der CSU-Chef gibt zwar auch auf der Insel im "Team Bayern" immer noch unangefochten den Ton an. Im Wettstreit mit den ebenfalls gestrandeten Ampel-Spitzen Olaf Scholz, gespielt von der Schauspielerin Nikola Norgauer, Christian Lindner (Christian Pfeil) und Robert Habeck (Thomas Linpinsel) quält er sich aber mit existenziellen Fragen. Und mit seinem servilen Generalsekretär, dessen Namen - Huber? Maier? Müller?  - er sich partout nicht merken kann.

"Glaubt bloß ned', dass ich nix könnt' als Ministerpräsident", singt der Nockherberg-Söder und sucht seine wahre Seele - "die muss irgendwo noch sein". Doch dann fällt ihm doch keine andere Bestimmung für sich selbst ein.

"Das bayerische Kabinett kennt keiner. Weil der Söder alles selber macht."
Singspiel-Autor Richard Oehlmann über den Verzicht auf Landesminister

Zur Rettung aus der Notlage trägt Söder auf der Insel nicht viel mehr bei, als ein schönes Selfie. Derweil geht FW-Chef Hubert Aiwanger (Stefan Murr) "am rechten Rand" fischen - was ihm nicht gut bekommt. Aus der Landespolitik schafft es darüber hinaus nur noch Grünen-Chefin Katharina Schulze (Sina Reiss) auf die Singspiel-Bühne – und beschwert sich dort über die versammelten Polit-Chauvis: "Egal ob alter Knacker oder supersofter Macker, ihr macht Pimmelpolitik."

Roland Schreglmann (hinten l-r, als CSU-Generalsekretär Huber), Thomas Unger (als bayerischer Ministerpräsident Söder), Stefan Murr (als stellvertretender bayerischer Ministerpräsidenten Aiwanger), Thomas Limpinsel (vorne l-r, als Wirtschaftsminister Robert Habeck), Nikola Norgauer (als Bundeskanzler Scholz), und Christian Pfeil (als Finanzminister Lindner) beim Singspiel auf dem Nockherberg.
Foto: Sven Hoppe/dpa | Roland Schreglmann (hinten l-r, als CSU-Generalsekretär Huber), Thomas Unger (als bayerischer Ministerpräsident Söder), Stefan Murr (als stellvertretender bayerischer Ministerpräsidenten Aiwanger), Thomas Limpinsel ...

Mehr Landespolitiker dürfen diesmal nicht mitmachen, was Singspiel-Autor Richard Oehlmann so erklärt: "Das bayerische Kabinett kennt keiner. Weil der Söder alles selber macht."

Wer ist härter im Verbiegen einstiger Überzeugungen: Robert Habeck oder Christian Lindner?  

Umso ausgiebiger darf das Ampel-Trio seinen Zwist auf der Bühne austragen: "Ich halt' viel mehr aus, als du", werfen sich FDP-Lindner ("Ein neues Wort für Schulden suchen, als Vermögen schräg verbuchen") und Grünen-Habeck ("Haufenweis Prinzipien streichen, Niederknien vor fiesen Scheichen") als "Gangster-Rapper" an den Kopf. Rettung kommt auch nicht von der früheren Kanzlerin Angela Merkel (Antonia von Romatowski), die nur als entfernte Erscheinung vorbeipaddelt, oder von CDU-Chef Friedrich Merz.

Sie hat's beim Derbleckn ins Singspiel geschafft: Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag, beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg an diesem Freitag.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Sie hat's beim Derbleckn ins Singspiel geschafft: Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag, beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg an diesem Freitag.

Die Botschaft bleibt am Ende trotzdem positiv: "Ein Hoch auf das Durcheinander" schmettert der Chor der Doppelgänger einer Verschwörungstheoretikerin (Gisela Schneeberger) entgegen.

Auch Fastenprediger Maxi Schafroth will von Verschwörungsthesen und Systemkritik nichts wissen und lobt. Anderswo seien die Herrschenden unantastbar: "Hier sitzen sie in der ersten Reihe und lassen sich abwatschen."

"Wenn wir unsere Klimaziele so schnell umsetzen würden, wie wir verhaften, dann müsst' mer nimmer verhaften."
Fastenprediger Maxi Schafroth zu Klimaprotesten und Präventivhaft in Bayern

Und genug verbale "Watschn" hat der Allgäuer dabei: Zwar spreche Markus Söder gerade viel von der "Südstaaten-Anarchie" in Bayern, wo man noch essen, sagen und singen könne, was immer man will. Doch mit Protest und Rebellion täten sich die Konservativen halt schwer. Wie bei den Klimaprotesten: "Wenn wir unsere Klimaziele so schnell umsetzen würden, wie wir verhaften, dann müsst' mer nimmer verhaften", meint Schafroth. Zudem habe "der Markus seine eigene Klebezeit gerade verlängert", stichelt er: "Die 15-Jährigen pappen auf der Straße, ihr pappts an euren Stühlen."

Was haben Hubert Aiwanger und konventionelle Landhaltung gemeinsam?

Für die Bayern-SPD gelte "höchstmögliche Dynamik bei gleichzeitigem Stillstand", und Hubert Aiwanger profitiere in Söders Schwitzkasten von seiner Erfahrung in der Landwirtschaft: "Wer aus der konventionellen Landhaltung kommt, weiß, man kann auch mit einen Metallbügel um den Hals ein Freiheitsgefühl entwickeln". Söder sei zudem als "Leistungsmonster" ein Produkt des bayerischen Schulsystems, findet Schafroth. Dessen Essenz sei schließlich "permanente Höchstleistungsanreize durch schwelende Minderwertigkeitsgefühle".

Die derart "Derbleckten" lachen auch diesmal tapfer in die Kameras. Eine ernste Botschaft an die Politik hat der Fastenprediger allerdings auch noch: "Habt's eine Demut und vergesst's mir die kleinen Leute nicht."

 
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  • klafie
    PS: wer von den Politikern am Nockerberg nicht derbleckt oder abgewatscht wird ist doch eher beleidigt, weil er nicht erwähnt wird.
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  • klafie
    ich hab am Freitag auch nur das Singspiel angeschaut, das war echt feinste Sahne, als dann Mama Angela auftauchte, prodelte der Saal, als einsame Meerjungfrau ihrer vergangenen Zeit nachtrauernd. Gestern Abend hörte ich dann noch den "Möchte-Gern-Fastenprediger" an, für mich war es wirklich die reinste Gruselvorstellung was dieser Mann abgab. So was grottenschlechtes hab ich noch nie gehört. Den werde ich mir nächstes Jahr tunlichst sparen.
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  • LeserausKarlstadt
    Manch einer hörte sich auch selbst gerne Reden, klare Selbstdarstellung .
    Auch manch Applaus aus dem Publikum war wohl mehr : Ich will ins TV
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  • juerwer@gmx.de
    Schade, dass angestammten Termine dem Fußball weichen müssen. Aber der König ist halt auch sogar wichtiger als Abstimmungen im Bundestag. War da nicht einmal etwas, was korrigiert werden musste? Es gibt genügend Berufe, die selbst bei so "wichtigen" Spielen ihre Leistung auf der Arbeit bringen müssen.
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  • Arcus
    Gestern konnte ich mir nur die Fastenrede von Maxi Schaffroth anschauen. Die war super. Heute werde ich mir das Singspiel zu Gemüte führen. Verglichen mit dem Fasching aus dem Würzburger Vorort ein echtes Schmankerl.
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  • al-holler@t-online.de
    Sie wollen ernsthaft das Nockherberg-Singspiel mit einem Vorortfasching vergleichen?
    Da sind wohl die Koordinaten ein wenig verrutscht🤣
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  • wroeder
    Diese Fastenpredigt war schlicht eine Zumutung.
    Dafür Standing Ovation? Das verstehe wer mag.
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  • Arcus
    Find ich auch. Die Zustände in der bayrischen CSU Politik sind viel schlimmer.
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  • schwabayer
    Da waren Bruno Jonas und Django Asül als Bruder Barnabas viel lustiger, pointierter und flüssiger im Vortrag als dieser Dauerkicherer. Schade...
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  • grafer.andy
    da fehlt michael lerchenberg in der aufzählung.
    der wurde ja leider abserviert...
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  • forstnig
    Die Sendung vom Nockherberg war mal sehr gut und ist jetzt nicht mehr der Rede wert. Dieses Dauergekicher des Maximilian Schafroth ist unheimlich Nervig, habe nur den Anfang geschaut und dann umgeschaltet, das weiterschauen konnte ich mir nämlich nicht antun.
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  • helenews@gmx.de
    Maxi Schaffroth erreicht nicht das Niveau seiner Vorgänger. Das war keine Fastenpredigt mit diesem ewigen Grinsen.
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  • mponline
    Dieser "Milchbubi" Maxi spielt sich als Rächer der Enterbten auf. Seine Vorstellung war die Schwächste seit Jahrzehnten! Muß jedes zweite Wort vom Manuskript ablesen, dazu gekünstelte Lacher ... Und das "Publikum" steigt auf die Stühle zum "tosendem Beifall".
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  • gsunder-menschenverstand
    Selten gingen die Meinungen über die Fastenpredigt von Maxi Schaffroth (nicht das Singspiel, denn das war wie immer super!) so auseinander: die Derbleckten und die Medien begeistert, das gemeine Volk eher enttäuscht. Meine Meinung: mit einer ernsten, fast schon populistischen Passage am Ende kann man eine eher maue Predigt (immer wieder gestört durch das kindische Kichern des Fastenpredigers) nicht retten.
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  • rasputin32
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln (unbelegte Behauptungen) auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • leopoldg
    Watschn?
    Ich bin Unterfranke, Söder ist Franke!
    Das ist eine Schelle.
    Für Zugezogene :Eine Ohrfeige dass einem die Ohren klingeln (schellen).
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Zitat Überschrift: "Politiker-Derbleckn am Nockherberg: Für den neuen Söder gibt es saftige Watschn"

    Saftige Watschn? Sorry, das war doch alles harmlos und weichgespült! Ein typisches Politiker-Schaulaufen. Das ist keine Kritik an den Zuständen, dieses Singspiel biedert sich der Politik an.

    Zitat: "Mehr Landespolitiker dürfen diesmal nicht mitmachen, was Singspiel-Autor Richard Oehlmann so erklärt: "Das bayerische Kabinett kennt keiner. Weil der Söder alles selber macht."

    Die Erklärung die wie ein Witz herüberkommt ist doch in Wahrheit der deutschlandweiten Quote geschuldet. Auch andere Landespolitiker sind außerhalb ihres eigenen Bundeslandes kaum bekannt! Dem BR ist deutschlandweite Quote wichtiger als Lokalkolorit.
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  • al-holler@t-online.de
    na ja, der Herr Stern halt, macht aus einer Maus wieder mal einen Elefanten: Hauptsache, es wird der Eindruck erweckt, Söder hätte was abbekommen; war aber nicht so!
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