Nach dem Streit um die künftige Finanzierung von Hebammen in Krankenhäusern ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf die Forderungen der Berufsverbände eingegangen. Demnach sollen Hebammen weiter im sogenannten Pflegebudget bleiben.
Zuvor hatte sich großer Unmut an Lauterbachs Plänen für eine Krankenhausreform entzündet, weil Hebammen fürchteten, ab 2025 aus dem Pflegebudget zu fallen. Das hätte bedeutet, dass die Krankenhäuser für zusätzliches Fachpersonal wie beispielsweise Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Hebammen selbst hätten aufkommen müssen. Was den Hebammenverband fürchten ließ: Pflegekräfte, die auch weiter über das Pflegebudget laufen, könnten fortan die Aufgaben von Hebammen übernehmen. Über 1,5 Millionen Menschen unterzeichneten eine Petition gegen eine derartige Reform, Karl Lauterbach gab – zumindest bezüglich der Hebammen – nach.
Werden Hebammen aus der Versorgung verdrängt?
Rhön-Grabfeld könnte diesem Hin und Her des Gesundheitsministers eigentlich ein Stückweit gelassen zusehen: Denn im Landkreis werden Hebammen schon heute nicht mehr über das Pflegebudget finanziert. Wie Katrin Schmitt, Pressesprecherin am Bad Neustädter Rhön-Klinikum, bestätigt, sind alle Hebammen am Rhön-Klinikum freiberuflich beschäftigt. Die Reform tangiert sie also so oder so nicht direkt.
Besorgt ist die Kreissprecherin der Hebammen, Christine Gröschel, dennoch angesichts der Entwicklungen. "Wir fürchten, dass die Hebammen von Seiten des Gesundheitsministeriums immer mehr aus der Versorgung verdrängt werden. Und das, obwohl wir letztendlich die einzige Berufsgruppe sind, die dafür ausgebildet ist, Frauen vor, während und nach der Geburt qualitätsgesichert und hochwertig zu betreuen."
Als eine von 167 Delegierten aus ganz Deutschland besuchte Gröschel diese Woche die Bundesdelegiertentagung des Deutschen Hebammenverbands in Berlin und beteiligte sich stellvertretend für die unterfränkischen Hebammen an einer Protestveranstaltung, um auf die Anliegen ihrer Berufsgruppe aufmerksam zu machen. Bei allen derzeitigen Gesetzesvorlagen ergeben sich laut Gröschel Nachteile für die Hebammen, obwohl im Koalitionsvertrag eine Eins-zu-eins-Betreuung und die Förderung von natürlichen Geburten als Ziel genannt worden seien.
Als Beleghebammen tangiert sie die Reform nicht direkt
Gröschel, die bis vor kurzem im Kreißsaal des Bad Neustädter Rhön-Klinikums gearbeitet hat, erklärt das dortige Finanzierungsmodell: "Wir sind freiberuflich und arbeiten als Beleghebammen." Beleghebammen sind selbstständig tätig und schließen mit der Klinik einen Belegvertrag ab. Die Beleghebamme darf die Einrichtungen und das Material der Klinik für die Geburtshilfe unentgeltlich in Anspruch nehmen, im Gegenzug garantieren die Hebammen der Klinik, alle Schichten rund um die Uhr abzudecken. Die Hebamme rechnet dann mit der Krankenkasse der betreuten Frau direkt ab.
In Rhön-Grabfeld sind die Hebammen mit dem Beleg-Konzept laut Gröschel "sehr zufrieden". Schließlich ermögliche es ein flexibles und eigenständiges Arbeiten. Auch finanziell sei es oft attraktiver als das Angestelltenverhältnis. Schwierig sei das Modell eventuell für Teilzeitkräfte, die nur wenig Dienste übernehmen, aber trotzdem die teure Haftpflicht-Versicherung stemmen müssten, so Gröschel.
So viel zur Situation im Kreißsaal. Doch wie ist dann die Lage auf der Mutter-Kind-Station nach der Geburt? Schon heute arbeiten laut Gröschel im Bad Neustädter Rhön-Klinikum auf der Wochenbettstation in erster Linie Pflegekräfte. Bei Bedarf allerdings, mindestens ein Mal am Tag, sehen die Beleg-Hebammen nach ihren Patientinnen und helfen beispielsweise bei Stillproblemen. "Auch diese Leistung wird dann direkt mit der Krankenkasse der Patientin abgerechnet."
Betreuung im frühen Wochenbett ist entscheidend
In Rhön-Grabfeld sei man noch "in der glücklichen Lage", dass Frauen "vorerst" im frühen Wochenbett Unterstützung durch Hebammen, "also die Fachpersonen für das frühe Wochenbett" haben. Das sei längst nicht mehr überall so. Gröschel weiß von Frauen, die nicht immer zufrieden sind mit der Betreuung in den ersten Tagen nach der Geburt. "Das liegt sicher auch daran, dass sie oft nicht die Möglichkeit haben, eine Hebamme zu Rate zu ziehen und Probleme, die in den ersten Lebenstagen des Kindes entstanden sind, oft nur mit viel Mühe wieder behoben werden können."
Gröschel sagt "vorerst". Sie meint damit, solange es die geburtshilfliche Abteilung und die Beleghebammen am Rhön-Klinikum gebe, präzisiert sie auf Nachfrage. Laut Hebammen-Berufsverband bieten immer weniger Krankenhäuser Geburtshilfe an. Wie sicher ist das defizitäre Geschäft auf längere Sicht am Rhön-Klinikum?
Ist die defizitäre Geburtsabteilung am Rhön-Klinikum sicher?
Die Antwort von Rhön-Klinikums-Pressesprecherin Schmitt ist eindeutig: Werdende Mütter bräuchten die Sicherheit, dass es eine ausreichende wohnortnahe und hochwertige Versorgung gibt. "Dies werden wir heute und in Zukunft erfüllen - wir kommen unserem regionalen Versorgungsauftrag im Bereich der Geburtshilfe uneingeschränkt nach."
Ein weiterer entscheidender Punkt der laut Gröschel gegen Lauterbachs Ursprungsreform spricht: "Laut der Hebammenausbildungsverordnung sollen Studierende auf Wochenstationen durch Hebammen ausgebildet werden. Dies gilt es auszubauen und nicht zu verhindern."
Auch das Leopoldina-Krankenhaus arbeitet mit Beleghebammen
Ähnlich wie am Bad Neustädter Rhön-Klinikum ist das System am Schweinfurter Leopoldina-Krankenhaus. Auch dort arbeiten die Hebammen im Kreißsaal freiberuflich im Beleg-System. Vom Krankenhaus selbst erhalten sie laut Pressesprecher Christian Kirchner einen Obolus für Dokumentationsarbeiten und Qualitätsmanagement. Regulär seien Hebammen auf der dortigen Mutter-Kind-Station nicht vertreten, bei Bedarf und Fragen könnten Mütter sie allerdings im Wochenbett anfordern, so Kirchner.
Festangestellt sind Hebammen hingegen noch laut Pressesprecherin Tamara Burkardt im Helios-Klinikum in Meiningen, das erst jüngst als erstes Krankenhaus in Thüringen und eines von fünf Krankenhäusern bundesweit als "babyfreundliches Krankenhaus" zertifiziert wurde. Hebammen seien fester Bestandteil des dortigen Mutter-Kind-Zentrums, erklärt sie. Ob Hebammen dort derzeit aus dem Pflegebudget finanziert werden, darüber wollte Burkardt allerdings keine Angaben machen.
Angestellt sind Hebammen außerdem auch im St. Josefs-Krankenhaus in Schweinfurt, dort arbeiten laut Krankenhausdirektor Norbert Jäger auch Hebammen auf der Mutter-Kind-Station. Entsprechend erleichtert äußerte sich Jäger über Lauterbachs Zurückrudern in Sachen Reform. Derzeit würden Hebammen nämlich durchaus anteilig aus dem Pflegebudget finanziert. Er hofft, dass das auch künftig möglich ist.
erst sein Hirn einschalten, bevor er wieder solche unsinnigen Doktorweisheiten vom Stapel lässt, genauso wie bei seinem "Steckenpferd" Corona.