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Bad Neustadt
Klimaschutzkonzept für Rhön und Grabfeld: Ein Spagat zwischen Umweltschutz und Bürokratie
Mit knapper Mehrheit stimmt der Kreistag für einen Antrag auf ein bayerisches Förderprogramm. Vor allem die Bürgermeister im Gremium sehen aber wenig Sinn darin.
Anpacken für den Klimaschutz: Ob ein weiteres Konzept praktischen Nutzen hat, darüber diskutierte der Kreistag in seiner Haushaltssitzung 
Foto: Marijan Murat | Anpacken für den Klimaschutz: Ob ein weiteres Konzept praktischen Nutzen hat, darüber diskutierte der Kreistag in seiner Haushaltssitzung 
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 06.04.2024 02:41 Uhr

Der Landkreis bekommt wohl doch noch sein Klimaschutzkonzept. Seit Monaten wird um das Thema im Kreistag gerungen. Braucht es ein solches Konzept überhaupt für einen Landkreis mit eher beschränkten Einflussmöglichkeiten? Sind nicht die Kommunen die wahren Treiber des Klimaschutzes im Landkreis?    

Bei der Haushaltssitzung wurde noch einmal ausgiebig über das Thema diskutiert. Weil eine Förderzusage des Bundes für ein solches Klimaschutzkonzept seit Monaten aussteht, setzt Rhön-Grabfeld nun auf ein bayerisches Programm. Weil aber nicht beide Förderprogramme zusammen genutzt werden können, zieht sich der Landkreis aus dem Bundes-Programm zurück. Der Freistaat hat erstens eine höhere Förderung von 90 Prozent in Aussicht gestellt, außerdem eine schnelle Entscheidung.

Die Fraktionen stimmten nicht geschlossen ab

Interessant: So etwas wie einen Fraktionszwang gab es in der Sitzung nicht. Vor allem bei der CSU und den Freien Wählern waren die Meinungen zu einem solchen Klimaschutzkonzept geteilt. Am Ende stimmte der Kreistag – sozusagen in freier Abstimmung – mit knapper Mehrheit von vier Stimmen für einen Förderantrag, um ein solches Konzept auf den Weg zu bringen. "Eine solche lebendige Debatte wünsche ich mir öfter", freute sich am Ende Landrat Thomas Habermann. 

Das bayerische Förderprogramm kann sehr individuell an die örtlichen Bedürfnisse angepasst werden, auch die Installation eines Klimalotsen beziehungsweise Klimamanagers ist möglich. Mit dem Weggang von Maritta Wolf im Jahr 2022 ist diese Stelle unbesetzt, sehr zum Leidwesen von SPD und Grünen im Kreistag. 

Genügt dem Landkreis ein Energiemanager

Mittlerweile hat der Landkreis aber einen Energiemanager eingesetzt, der am Kreisbauamt angedockt ist. Er betreibt eine Bestandsaufnahme und forciert regenerative Energien für Liegenschaften des Landkreises sowie Einsparpotenziale, arbeitet also sehr technikorientiert. Die Aufgabe eines Klimaschutzmanagers wäre weiter gefasst und könnte Mobilitätskonzepte und weitere Projekte enthalten. 

CSU-Landrat Thomas Habermann eröffnete mit einer Eingangsthese die Diskussion: "Es gibt Hunderte Konzepte, die auf eine Verwirklichung warten. Wäre das nur ein weiteres Konzept, dann wäre nur öffentliches Geld verbrannt. Denn das Landratsamt würde mit Geld und Personal die Ausarbeitung unterstützen müssen", stellte der Landrat in den Raum. Es könnte sinnvoller sein, sich zum Beispiel mit dem Energiemanager auf konkrete Lösungen zur CO₂-Einsparung zu fokussieren, so Habermann.

Ringen um die Position

Das Ringen um die Positionsbestimmung wurde bei den Freien Wählern zuerst deutlich. In seiner Haushaltsrede hatte Michael Werner noch auf das ausführliche Konzeptpapier seiner Fraktion betont, das sich reserviert zu einem Klimaschutzkonzept äußert. "Blinder Aktionismus mit Einstellung von Personal ohne klare Aufgaben macht für uns keinen Sinn", so Werner.

Zuerst müsse klar sein, welche Aufgaben Sache des Landkreises sein könnten, und was reine Angelegenheit der Kommunen ist. Werner konnte sich auch eine Zweckvereinbarung zwischen Landkreis und Kommunen vorstellen. Bei der eigentlichen Diskussion zum Klimaschutzkonzept sagte Werner dann, dass es in seiner Fraktion keine einheitliche Meinung gebe.

Freie-Wähler-Kreisrat Eberhard Streit sah über die Arbeit des Energiemanagers hinaus kaum Einwirkungsmöglichkeiten des Landkreises. "Die Kommunen werden sich nicht hineinreden lassen", so Streit. Zuerst müsse eine Potenzialanalyse erfolgen.

Skeptische Bürgermeister der CSU

"Die Meinung in der CSU-Fraktion ist nicht einheitlich", machte Sandbergs Bürgermeisterin Sonja Reubelt klar. Dass der Klimaschutz wichtig ist, sei unumstritten. Es müsse aber gesehen werden, was die Kommunen und auch die Allianzen bereits dafür unternehmen würden. Die Innenentwicklung, um weiteren Flächenfraß zu vermeiden; das Klima-angepasste Waldmanagement, Nahwärmekonzepte, Umstellung auf LED-Beleuchtung: Praktisch jedes kommunale Thema berücksichtige mittlerweile die Klimafolgen. Die Kreuzberg-Allianz habe schon 2014 ein interkommunales Energiekonzept auf die Beine gestellt.  

"Die Phase der Konzepte ist vorbei", sprach sich Reubelt gegen einen entsprechenden Antrag aus. Rückenwind gab es von anderen CSU-Bürgermeistern wie Ostheims Steffen Malzer oder Thomas Fischer aus Nordheim, der vor einem weiteren "Bürokratiemonster" warnte.

René van Eckert für die SPD betonte, dass der Haushalt keine zusätzliche Belastung erfahre, weil die Stelle eines Klimaschutzmanagers im Etat bereits abgebildet sei. 

Eberhard Räder von den Grünen wollte den Gemeinden "ihre Leistung nicht absprechen" in Sachen Klimaschutz. In Summe könne der Landkreis aber ergänzend wirken durch ein Klimaschutzkonzept und bei der systematischen Suche nach Klimaschutz-Potenzialen helfen. Auch sein Fraktionskollege Yatin Shah sah eine "Zusatzleistung für Kommunen", außerdem habe sich der Kreistag mehrfach schon für ein solches Konzept entschieden. "Es ist kein Papiertiger", war sich Shah sicher. 

Christoph Herbert: Wunsch nach gemeinsamer Haltung

CSU-Kreisrat Christoph Herbert wollte "das Buch nicht zumachen", in dem er gegen einen Förderantrag stimmt, und hoffte stattdessen auf eine gemeinsame Haltung zwischen Kreis und Kommunen, reichte damit sozusagen SPD und Grünen die Hand, die sich seit Monaten stark machen für ein Konzept und die Beibehaltung eines Klima-Manager-Postens. 

Am Ende stimmten 25 der anwesenden Kreisrätinnen und -räte für einen Förderantrag an den Freistaat für ein Klimakonzept. Komplett aussteigen aus dem Thema wollte eine Minderheit von 21 Ratsmitgliedern.

 
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