Das ist ja klar und ein gefundenes Fressen, wenn zwei gestandene Politikerinnen wie CSU-Frau Dorothee Bär und die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der CDU in einem Azubi-Shuttle unterwegs sind. Irgendjemand lässt den Spruch von den Anfängerinnen los, die noch viel zu lernen hätten.
So war es auch in der vergangenen Woche, als auf der Facebook-Seite des Landkreises Rhön-Grabfeld über den hohen Besuch aus Berlin berichtet wurde. In Mellrichstadt und in Großbardorf machte die Bundeslandwirtschaftsministerin Station, um sich nicht nur über den Azubishuttle, sondern auch über die Erfolgsgeschichte der Öko-Gemeinde Großbardorf zu informieren.
Mit der Kutsche statt mit dem Flugtaxi
Witzigerweise zeigte das erste große Bild des Facebook-Postings zum Besuch nicht den Azubishuttle selbst, sondern eine Kutsche, die als Transportmittel für die Politikerinnen sowie Landrat Thomas Habermann genutzt wurde. Eine infrastrukturelle Rückständigkeit des Landkreises sollte damit selbstredend nicht zum Ausdruck kommen. Eine solche Kutsche ist schlicht und einfach sympathischer als hypermoderne Flugtaxis, die über den Rhön-Grabfelder Luftraum jagen. Zwei, drei Bilder weiter war er dann zu sehen, der Azubishuttle-Bus, auf den der dünn besiedelte Flächenlandkreis ja auch stolz sein kann.
Nun ist hoher Besuch aus Berlin auf der einen Seite eine Zierde für den Landkreis. Auf der anderen Seite herrscht Wahlkampf, womit sich die Zahl besuchswilliger Politprominenz automatisch erhöht. Was also staatstragende Visitation ist und was Kärrnerarbeit für jede Wählerstimme, ist schwer nur auseinanderzuhalten. Für die SPD-Kreistagsfraktion freilich ist die Lage eindeutig. Der Azubishuttle als "Fahrzeug der öffentlichen Hand" sei von der CSU "für Wahlkampfzwecke" verwendet worden.
Nicht der erste Vorfall
Die Sozialdemokraten erinnern sich an ähnliche Vorgänge aus vergangenen Zeiten. "Zum Beispiel die Verteilung von Flyern des CSU-Kandidaten mit dem städtischen Feuerwehrauto in Bischofsheim", so Fraktionssprecher René van Eckert gegenüber dieser Redaktion.
Für van Eckert handelte es sich beim Klöckner-Besuch eindeutig um einen Parteitermin. Bei offiziellen Ministerbesuchen würden auch andere Bundestagsabgeordnete im Vorfeld informiert. Prompt hat die SPD-Kreistagsfraktion eine Liste von Fragen zusammengetragen, die als förmliche Anfrage an den Landrat Thomas Habermann gegangen sind. "Wie viele Kilometer wurden bei der Wahlkampftour mit dem Azubishuttle zurückgelegt?" oder "Werden die Verbrauchskosten der CSU in Rechnung gestellt?", fragt René van Eckert die Verantwortlichen im Landratsamt. Auch der Fahrer des Shuttle-Busses müsse bezahlt werden, so ein weiterer Punkt in der Anfrage.
Zugespitzte Fragen
"Die letzte Frage ist etwas zugespitzt", gibt der SPD-Mann van Eckert zu: "Wird im Zuge der Gleichberechtigung den anderen demokratischen Parteien (...) ermöglicht, Fahrzeuge des Landkreises bei Kostenübernahme für Wahlkampf- bzw. Parteizwecke zu nutzen?"
Auf den Montag datiert ist nun die Antwort von Landrat Thomas Habermann auf die Anfrage der Sozialdemokraten im Kreistag. Zuerst einmal hält er die Anmerkung für berechtigt, dass "die Mittel der öffentlichen Hand nicht für Wahlkampfzwecke eingesetzt werden dürfen", schreibt Habermann an van Eckert.
Habermann rechtfertigt sich
Der Landrat verweist darauf, dass der Termin von den Büros der beiden Ministerinnen organisiert worden sei und das Haus von Bundesministerin Julia Klöckner das Azubishuttle-Projekt mit 170.000 Euro fördere. Das Fahrzeug sei "in einer Leerphase" genutzt worden, angesichts der Zeitknappheit sei es zur Vorstellung wie zum Transport genutzt worden.
Wenn man sich das Motiv aus Großbardorf mit dem historischen Gespann vor Augen führt, dann könnte man so etwas wie eine versteckte Retourkutsche in einem weiteren Antwortsatz des Landrats sehen: "Wie beim Besuch des Staatssekretärs Florian Pronold am 5. Juli 2021 stellen wir weder die Arbeitszeit der eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch das angefallene Verbrauchsmaterial oder Betriebskosten in Rechnung", schreibt Habermann. Pronold hat das SPD-Parteibuch.
Der Landkreis nutze stets parteiübergreifend die Möglichkeit, in den Dialog zu treten. Van Eckerts Termini "Wahlkampftour oder Parteizwecke" weist der Landrat zurück, der Landkreis habe hier "kein Engagement erbracht".
Was bleibt nun an Erkenntnis am Ende dieser Rhön-Grabfelder Episode aus dem Wahlkampf 2021 rund um ein Azubishuttle? Diese vielleicht: In der demokratischen Auseinandersetzung gelten oftmals die Regeln der harten Schule. Aber wer das beste politische Gesellenstück abliefert, entscheiden am Ende noch immer die Wählerinnen und Wähler.
Deutlicher als mit dem Vorzeigen dieser Repräsentantinnen kann doch das Versagen von CDU / CSU in den letzten 4 Jahren nicht dokumentiert werden
Außerdem gibt´s ja das schöne Sprichwort: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.