Die stark gestiegenen Energiepreise stellen für viele Unternehmen eine große Belastung dar. Deutsche Unternehmen sind von den hohen Kosten für Strom und Gas stärker betroffen als so manche internationalen Mitbewerber, die mitunter nur einen Bruchteil der Energiekosten von Betrieben in Deutschland zu tragen haben.
Um besser durch die Krise zu gelangen, haben etliche Firmen Mittel und Wege gefunden, um den Energieverbrauch zu senken. Wie kommt ein großes Unternehmen wie Jopp in Bad Neustadt, das weltweit über 1700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, durch die Zeit explodierender Energiepreise? Inwieweit stellen diese für das Unternehmen eine Belastung dar?
"Für uns ist Strom der wichtigste Energieträger", erklärt Jopp-Geschäftsführer Martin Büchs gegenüber dieser Redaktion. Die Stromkosten des Unternehmens hätten sich in der Spitze verdreifacht. "Das sind siebenstellige Beträge, da wir im Jahr 11 Millionen Kilowattstunden Strom in Bad Neustadt verbrauchen – so viel wie mehrere Tausend Privathaushalte zusammen", beziffert er die aktuelle Situation.
Keine nennenswerten Erhöhungen der Preise habe Jopp bisher in der Fernwärme in Bad Neustadt und Großbardorf schultern müssen. Aber Büchs geht davon aus, dass das zum Teil 2023 kommen wird.
Jopp: Aber indirekte Kostenerhöhungen über die Lieferanten
"Nicht vergessen dürfen wir die indirekten Kostenerhöhungen über unsere Lieferanten von Stahl, Kunststoffgranulaten, Härtereien, Galvaniken und vieles mehr", fügt der Geschäftsführer hinzu. "Diese wollen ihre höheren Energiekosten ebenfalls an uns weitergegeben. Da kommt insgesamt schon ein höherer siebenstelliger Betrag an Kostenerhöhungen heraus." Insgesamt liege die Kostensteigerung aktuell über zehn Prozent vom Umsatz.
Jopp betreibt in Bad Neustadt mit der Zerspanung und der Sintertechnik zwei energieintensive Bereiche, in anderen Standorten Kunststoffspritzguss, benennt Martin Büchs die größten "Energiefresser" des Unternehmens. All diese industriellen Prozesse würden einen hohen Energieeinsatz für den Betrieb der Maschinen, aber auch für die richtige Temperierung benötigen.
Was gibt es für Möglichkeiten, um die hohen Energiekosten abzufedern? Jopp betreibe seit Jahren ein Energiemanagementsystem, erläutert Büchs. Dabei gehe es um das Einsparen und mehr Effizienz im Betrieb. "Allerdings haben wir für die nächsten Jahre einen guten Auftragsbestand für Teile, die mit einer hohen Präzision gefertigt werden müssen.
Prozess- und mengenbedingt ist es daher schwierig, in der Summe große Mengen Energie einzusparen." Für eine Entlastung bei den Energiepreisen sollte auch das Preisdämpfungsprogramm der Regierung sorgen, hofft der Geschäftsführer. "Zumindest kurzfristig ist das eine gute Lösung und bringt uns etwas Entspannung."
Der größte Teil der Beleuchtung bei Jopp wurde auf LED umgestellt
Darüber hinaus treffe Jopp jedes Jahr eine zweistellige Anzahl von Maßnahmen, um Energiekosten zu sparen und den CO2-Ausstoß zu vermindern. Beispielsweise sei der größte Teil der Beleuchtung auf LED umgestellt worden. Außerdem will der Betrieb künftig einen Teil seines Stromverbrauchs selbst produzieren.
"Im Neubau unseres Entwicklungszentrums haben wir es geschafft, durch modernste Technik und einen Anschluss an die Nahwärmeversorgung in Bad Neustadt bereits über 80 Prozent CO2 einzusparen", sagt Martin Büchs. Die Einsparung der Kosten könne jedoch nicht in gleichem Maße mithalten, da die Investitionen auch bezahlt werden müssten.
Eines der größten Projekte von Jopp ist der Bau von Photovoltaikanlagen in Bad Neustadt und in allen anderen energieintensiven Jopp-Werken. "Wir wollen damit langfristig ein Stück weit die Kosten reduzieren und unserer Vision der CO2-Neutralität etwas näherkommen." Die erste 700 kWp-Anlage (die Maßeinheit Kilowatt-Peak beziffert die elektrische Spitzenleistung einer Photovoltaikanlage) ist kürzlich im Werk 3 in der Gartenstraße in Betrieb gegangen, die anderen Werke folgen in diesem Jahr. Mindestens 15 Prozent des Stroms sollen dann aus diesen Dachanlagen kommen.
Keine Versorgung mehr mit billigem russischen Gas
Wie blickt Martin Büchs in die Zukunft? Welche Entwicklung erwartet er? "Die deutsche Industrie steht insgesamt vor einer schwierigen Zukunft, nachdem die Versorgung mit billigem russischen Gas wohl endgültig vorbei ist. Ich sehe eine große Verantwortung bei der Politik, jetzt schnelle und kluge Entscheidungen für die Energieversorgung der Zukunft zu treffen", betont der Jopp-Geschäftsführer.
Es sei wichtig, die Industrie und damit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft jetzt nicht im Stich zu lassen. "Eine CO2-neutrale Produktion nützt uns nichts, wenn wir keine Produktion mehr haben." In Asien sei die Energie beispielsweise aktuell um 80 Prozent billiger.
"Für uns selbst denke ich, dass wir dabei sind, unsere Hausaufgaben zu machen", fährt Büchs fort. Er hofft, dass das Thema des bidirektionalen Ladens und das Nutzen der Batteriespeicher der Elektrofahrzeuge in Zukunft wieder eine Rolle spielt. Die größte Herausforderung in der aktuellen Energiekrise ist seiner Meinung nach nicht die Erzeugung von Energie, sondern die Speicherung.
In der Modellstadt für Elektromobilität in Bad Neustadt habe man gute Voraussetzungen, Projekte umzusetzen. "Aber auch ein Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft kann eine Rolle spielen, wenn die Politik die Rahmenbedingungen dafür richtig setzt", erklärt der Geschäftsführer von Jopp.