Kurz vor dem Welttag der Erde, dem "World Earth Day", der jedes Jahr am 22. April stattfindet, verkündet die Firma Jopp ein anspruchsvolles Ziel: Bis 2035 will das Unternehmen klimaneutral arbeiten und produzieren. Im Interview erläutert Geschäftsführer Martin Büchs die Hintergründe und die ersten geplanten Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Martin Büchs: Unsere Produktion ist sehr energieintensiv, unter anderem in der Zerspanung oder dem Spitzguss. Nicht weniger als 85 Prozent unseres Energieverbrauchs beläuft sich auf Strom. Deshalb wollen wir beim Stromverbrauch Einsparungen vornehmen und so unserer Verantwortung gegenüber der Umwelt und den Menschen gerecht werden, aber wir wollen auch Kundenanforderungen entsprechen. Mit Fotovoltaik fangen wir jetzt an. Wir haben bislang nur eine kleine Anlage und da muss noch mehr passieren. Deshalb planen wir aktuell eine relativ große Anlage.
Der Termin hat jetzt einfach gepasst. Wir haben uns innerhalb der Gesellschafterfamilie Büchs abgesprochen und diesen Zeitpunkt gewählt. Natürlich hoffen wir auch auf Nachahmer, die am "World Earth Day" ihren eigenen Energieverbrauch kritisch hinterfragen.
In der ganzen Jopp-Gruppe verbrauchen wir 20 Gigawattstunden Strom pro Jahr, rund die Hälfte davon an unseren Standorten in Bad Neustadt. Das entspricht in Summe etwa dem Jahresverbrauch von 7000 Privathaushalten. Um diese Strommenge regenerativ zu produzieren, benötigen wir große Flächen mit Fotovoltaik- und Windkraftanlagen. Unser erster Schritt ist eine Fotovoltaikanlage, die knapp zehn Prozent unseres Strombedarfs decken wird.
Aktuell befinden wir uns in der Antragsphase für eine ca. 1,5 Megawatt große Fotovoltaikanlage auf den Dächern der Firma, verteilt auf die drei Standorte in Bad Neustadt. Nach unserer Recherche würden wir damit die größte Dachanlage im Landkreis Rhön-Grabfeld errichten. Diese könnte dann ein Vorbild für andere große Industrieunternehmen in der Region sein.
Die wirtschaftlichste Lösung in Sachen Stromgewinnung findet sich dort, wo man den Strom auch selbst verbraucht. Wir wollen den erzeugten Strom mit einer möglichst hohen Eigennutzung einsetzen und müssen die Anlagen für jedes Dach unserer drei Werke in Bad Neustadt genau dimensionieren. Die Anlage wird derzeit geplant und wir hoffen, dass sie Ende dieses Jahres fertig sein wird.
Auf unserem Werksgelände können wir keine Windkraftanlagen bauen, da hier Abstandsflächen berücksichtigt werden müssen. Für unsere Produktion benötigen wir aber auch nachts Strom, wenn die Fotovoltaik keine Erträge liefert. Wir brauchen die Windkraft, wenn wir dauerhaft in Deutschland produzieren wollen. Im nahen Ausland, zum Beispiel in Tschechien, ist der Strom um 40 Prozent billiger als in Deutschland. Da kommen wir am Thema Windkraft gar nicht vorbei. Auch nicht in der Region, wenn wir den so gewonnenen Strom nicht durch überregionale und teure Netze leiten wollen. Genauere Pläne in Sachen Windenergie haben wir aber noch nicht.
Energie einsparen ist natürlich ein weiteres Thema auf unserem Weg. Wir haben durch den Neubau unseres Campus den Energieverbrauch unserer Verwaltungsflächen um 80 Prozent senken können. Durch energieeffizientes Bauen sowie durch den Einsatz regenerativ erzeugter Wärme aus Hackschnitzeln. In unserer Produktion und den Werksgebäuden können wir nach Schätzungen weitere zehn Prozent Energie in den kommenden Jahren einsparen. Neue Maschinen benötigen in der Regel ebenfalls weniger Energie. Und mit dem Thema Fotovoltaik sind wir mit dieser ersten Anlage noch nicht am Ziel angekommen. Die gesamte Maßnahme muss ja auch wirtschaftlich darstellbar sein. Alles auf einmal geht natürlich nicht.
Nachdem wir schon seit Jahren mit dem bidirektionalen Laden von Elektrofahrzeugen experimentieren, hätten wir auch ideale Voraussetzungen, den Strom in Überschusszeiten zu speichern und beispielsweise nachts zu verbrauchen. Leider sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür nicht vorhanden. Wir haben in Deutschland eine Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen, die uns das Leben schwer machen. Selbst die Erzeugung von Strom in einem Werk und der Verbrauch in einem anderen Werk ist wirtschaftlicher Unsinn.
Das nun formulierte Ziel heißt 2035. Ob es dabei bleibt, müssen wir abwarten, da wird vielleicht noch nachjustiert. Wir wollen einfach schneller sein als andere Unternehmen und Verantwortung übernehmen. Der Trend in Richtung Klimaneutralität beschleunigt sich derzeit rasant und wir wollen diesen aktiv mitgestalten.