Wenn Hans Sigl als Fernseh-Arzt "Bergdoktor Martin Gruber" zu seinem Stethoskop greift, schaut ihm auch Josephine Lippitz häufig dabei zu und fiebert mit in der dramatisch-romantischen Arztserie. Viele Leben hat der Bergdoktor in der Tiroler Region Wilder Kaiser bereits gerettet – fiktiv natürlich. Seinem Fan Josephine Lippitz ist das möglicherweise sogar im echten Leben gelungen. Denn die Wülfershäuserin hat Stammzellen, also Knochenmark, gespendet und damit einer Frau aus Deutschland eine neue Lebenschance gegeben.
"Wer hätte gedacht, einmal Stammzellspenderin sein zu dürfen? Ich jedenfalls nicht." So beginnt Josephine Lippitz den Erfahrungsbericht zu ihrer Stammzellenspende. Im Herbst hatte sie, die seit einigen Jahren bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) als Spenderin registriert ist, eine E-Mail erhalten mit der Bitte, zur genaueren Analyse Blut einzuschicken.
Stammzellenspende: Kurz vor Weihnachten kam der entscheidende Anruf
Kurz vor Weihnachten erhielt Lippitz den entscheidenden Anruf: "Frau Lippitz, Ihr Empfänger wäre so weit, die Spende soll stattfinden!“. Für sie ein tolles Weihnachtsgeschenk und auch für die Empfängerin und ihre Familie, hofft die 26-Jährige. Bei ihrer Arbeit an der Geomed-Kreisklinik Gerolzhofen hat die Radiologieassistentin und Rettungssanitäterin selbst mit Tumorkranken zu tun. Dabei erlebt sie mit, was es bedeuten kann, nicht rechtzeitig eine Stammzellenspende oder ein Spenderorgan zu bekommen.
Es folgte eine Voruntersuchung mit Aufklärung in der Entnahmeklinik, zu der Lippitz mit ihrem besten Freund Patrick fuhr. Vor dem eigentlichen Spendentermin musste Josephine Lippitz sich einige Tage lang G-CSF spritzen, einen hormonähnlichen Stoff, der bewirkt, dass die Stammzellen ins fließende Blut abwandern. "Das war schon eine Überwindung, ich hatte mir vorher noch nie selbst etwas gespritzt. Aber ich dachte: Augen zu und durch!" Vier Stunden nach der Applikation ging es mit Kopfschmerzen los. Die Nächte waren geplagt von Rückenschmerzen.
"Die Tage bis zur Spende waren aufregend und lenkten mich gut von Corona ab, denn es gibt noch anderes auf der Welt. Und Menschen, die froh wären, wenn zwei bis drei Impfungen sie vor dem Tod bewahren würden. Man liest viel, schaut sich Beiträge der DKMS an und überlegt, aus welchem Land der Empfänger sein könnte", schildert Josephine Lippitz.
In der Entnahmeklinik wurde ihr am Spendentag als erstes Blut abgenommen, um den Wert der Stammzellen in ihrem Blut und somit die Dauer der Spendenzeit zu ermitteln. Bei der Spende wurde ihr mit einer Dialysenadel aus der rechten Ellenbeuge Blut entnommen, die Stammzellen herausgefiltert und das Blut wieder in ihren Körper geleitet.
"Ich habe mir vorher vorgestellt, wie sich das wohl anfühlt, wenn Blut mit hoher Geschwindigkeit raus und wieder rein geht. Fühlt es sich an wie ein innerliches Karussell? Als ich wieder in Gedanken vertieft war, sah ich schon das Blut vor mir durch den Schlauch Richtung linken Arm fließen. Und schon war ich mitten drin in der Spende", beschreibt sie.
Bergdoktor-Darsteller Hans Sigl ist selbst als Stammzellenspender registiert
Lippitz durfte währenddessen Musik hören oder Filme auf ihrem iPad sehen. "Ich schaue zu Hause wahnsinnig gerne den 'Bergdoktor'. Martin Gruber und Dr. Kahnweiler sind der Knaller. Das entspannt mich nach meinen langen Arbeitstagen, so sollte es auch zur Spende sein", erzählt Josephine Lippitz. Ihre Lieblingsserie ist für sie einfach "ein bisschen heile Welt".
"Na, Sie gucken die Bergretter?", fragte eine Schwester die Spenderin. "Nein, Gruber und Kahnweiler, die zwei Knalltüten bringen einen selbst bei der Stammzellspende zum Schmunzeln", entgegnete Lippitz. Da passt es umso besser, dass der Bergdoktor-Darsteller Hans Sigl selbst bei der DKMS als Spender registriert ist.
Trotz Cola und zusätzlicher Flüssigkeit wurde Lippitz während der etwa vierstündigen Spende immer müder und schlapper. "Die letzte Stunde zog sich wie Kaugummi. Das Gerät fing an zu schleudern wie eine Waschmaschine. Mir wurde zum Schluss richtig übel und komisch", erinnert sie sich. Als alles vorbei war, musste sie erst einmal wieder zu Kräften kommen und das Erlebte verarbeiten.
Am Ende der Spendenwoche erhielt Josephine Lippitz den Anruf der DKMS, dass ihre Spende in Deutschland geblieben ist. "Ich habe angegeben, dass ich regelmäßig über den Patientenzustand informiert werden möchte. Ich möchte wissen, ob ich jemandem das Leben retten konnte", sagt Lippitz. In frühestens zwei Jahren darf sie die Empfängerin – eine Frau aus Deutschland – kennenlernen, wenn diese das auch möchte. Bis dahin ist anonymer Briefkontakt erlaubt.
"Ich würde es jederzeit wieder tun. Die Erfahrung, das Mitfiebern, das Gefühl, jemandem neue Hoffnung zu geben und dass man die einzige Chance ist, dem anderen das Leben zu retten", beschreibt sie in emotionalen Worten.
Ob sie sich als Lebensretterin fühlt? "Ja, und als Hoffnungsgeberin", sagt Lippitz und appelliert: "Lasst euch registrieren. Es ist alles aushaltbar, auch wenn es erstmal schlimmer klingt. Und es kann jeden von uns treffen, dass er oder sie von heute auf morgen Hilfe braucht."
Darum geht es in erster Linie in diesem Artikel.
Sie hat täglich mit tumorerkrankten Menschen zu tun, sie will sich hier, denke ich, nicht profilieren.
Meinen Respekt hat sie und all die anderen Spender, ich wusste schon von meiner Cousine, dass das Ganze den Spender auch fordert und das war wichtig, dass das Prozedere auch mal erklärt wird.
Alles Gute auch der Empfängerin!
Schön, dass die Main-Post so ausführlich darüber berichtet hat. Hoffentlich wird die Erkrankte schnell wieder vollständig gesund.