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Mellrichstadt
Pflegen lernen für Angehörige: Modellprojekt in Mellrichstadt
Das Pflegeübungszentrum in Mellrichstadt ist ein Modellprojekt. Hier können Betroffene lernen mit einer Pflegesituation umzugehen.
Foto: Anja Behringer | Das Pflegeübungszentrum in Mellrichstadt ist ein Modellprojekt. Hier können Betroffene lernen mit einer Pflegesituation umzugehen.
Anja Behringer
Anja Behringer
 |  aktualisiert: 19.10.2020 10:44 Uhr

Tritt ein Pflegefall auf, ist die nächste Frage in der Familie häufig die, wie es jetzt weiter gehen soll. Für die Beteiligten ist die Antwort meist nicht leicht. Genau da setzt das Modellprojekt Pflegeübungszentrum (PÜZ) der Caritas an. Betroffene sollen Beratungen und Schulungen bekommen, die ihnen Einblick in die Pflegesituation geben, erklärt Reiner Türk, Vorsitzender des Caritasverbandes für den Landkreis Rhön-Grabfeld, bei der Eröffnung der Einrichtung. Bereits vor sechs Jahren haben die Verantwortlichen begonnen, sich mit dem Projekt auseinanderzusetzen. Von der ersten Idee bis zur Verwirklichung brauchte es viel Ausdauer und immer wieder inhaltliche Anpassungen, sagt Türk.

Wie sieht das Ergebnis aus?

Das PÜZ bietet zwei Wohneinheiten  sowie einen Gemeinschaftsraum mit Küche. Dort können Betroffene nach dem Auftreten eines Pflegefalls bis zu drei Wochen wohnen. Ohne Verpflegung wird dabei ein Eigenanteil von 30 Euro pro Nacht fällig. Von den verschiedenen Hilfsmöglichkeiten, der Kommunikation mit der Pflegeversicherung bis zu Vorbereitungen zu Hause können sie in die Pflegesituation starten. Die Möglichkeit in dieser Zeit mit Realitätsbezug zu üben, soll einerseits Sorgen nehmen, andererseits aber auch die Realität aufzeigen, verdeutlicht Melanie Huml. Das beginne beim Beantragen von Hilfsmitteln und gehe bis zum Erlernen von bestimmten Handgriffen.  70 Prozent der Pflegebedürftigen in Bayern werden zu Hause versorgt, erklärt die Staatsministerin für Gesundheit und Pflege. 

Das PÜZ wurde im Beisein von Melanie Huml, Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, eröffnet.
Foto: Martina Harasim | Das PÜZ wurde im Beisein von Melanie Huml, Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, eröffnet.

Die Idee eines Pflegeübungszentrums habe einfach bestochen, sagt sie auch mit Blick auf den Häusliche Pflege Innovationspreis 2018, der dem PÜZ verliehen wurde. Das PÜZ ist das Erste seiner Art. Huml sei aber schon von mehreren Kollegen auf das Projekt angesprochen worden. "Wir strahlen hier von Mellrichstadt wirklich aus - nicht nur bayernweit, sondern bundesweit" freut sie sich. Das Ziel sei, dass Betroffene nach ihrem Aufenthalt in der Einrichtung sagen können "Wir trauen es uns zu - diese Situation". Landrat Thomas Habermann ist sich ebenfalls sicher, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der solche Projekte immer häufiger werden. Er selbst habe ebenfalls schon Erfahrung in der Pflege von Angehörigen gemacht.

Herausforderungen der Pflege

"Das ist beglückend, man spürt aber auch wie schnell man an seine Grenzen stößt", so sein Fazit. Sein Dank gilt vor allem den vielen Beteiligten, die hinter dem PÜZ stehen und die Umsetzung erst möglich gemacht haben. "So ein Projekt, das kann man nicht befehlen", ist er sich sicher. Es brauche die Idee, Unterstützung und Geduld über lange Zeit.

Johanna Dietz, Angelika Ochs und Ulli Feder strich Landtagsabgeordneter Steffen Vogel als die Macher heraus. Bei Schwachstellen und Herausforderungen im Pflegesystem und der persönlichen Umsetzung Orientierung geben zu können, sieht Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner als Kernpunkt des PÜZ. Dabei strich er die Zusammenarbeit von Kirche, in Form der Caritas, und dem Staat heraus. 

Bernhard Seidenath, Vorsitzender des Landtags-Ausschusses Gesundheit und Pflege, ist sich sicher, dass es viele Delegationen geben wird, die sich das Pflegeübungszentrum anschauen wollen. Die Einrichtung von Pflegeübungszentren soll auf ganz Bayern ausgeweitet werden.  Zur derzeitigen Haltung der Krankenkassen sagt er, dass es nicht weitsichtig sei, wenn sie das Projekt nicht fördern. 

Einen Scheck über 1000 Euro überreichte Georg Straub, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Bad Neustadt, bei der Eröffnung des Pflegeübungszentrums an Angelika Ochs.
Foto: Martina Harasim | Einen Scheck über 1000 Euro überreichte Georg Straub, Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Bad Neustadt, bei der Eröffnung des Pflegeübungszentrums an Angelika Ochs.

Segen für die Menschen

"Das Modellprojekt ist versehen mit Vorschusslorbeeren. Und die müssen wir uns jetzt verdienen" schloss Angelika Ochs, Geschäftsführerin des Caritasverbands für den Landkreis Rhön-Grabfeld. Domkapitular Clemens Bieber, Pastoralreferentin Iris Will-Reusch und Pfarrer Andreas Werner hielten eine ökumenische Andacht. Zur Segnung des PÜZ erklärte Bieber, er werde um den Segen Gottes für die Einrichtung und die daran beteiligten Menschen bitten. Da sich diese Menschen anderen annehmen, würden sie selbst zum Segen. Zum Abschluss der Feierlichkeiten übergab Peter Dechant, Architekt des Pflegeübungszentrums, den Schlüssel an die Verantwortlichen. 

 
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