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Bad Neustadt
Heimkehrer: Von Flagstaff, Arizona bis nach Bad Neustadt – Monika Roehl erzählt ihre spannende Lebensgeschichte
Zurück im Landkreis Rhön-Grabfeld: Was bewegt eine 68-Jährige, ein Leben in Garmisch oder Flagstaff aufzugeben und in die alte Heimat zurückzukehren?
Früher war es das Hochgebirge, jetzt darf es auch ein Mittelgebirge sein. Monika Roehl ist in die Rhön zurückgekehrt.
Foto: Lender Härter | Früher war es das Hochgebirge, jetzt darf es auch ein Mittelgebirge sein. Monika Roehl ist in die Rhön zurückgekehrt.
Bearbeitet von Leander Härter
 |  aktualisiert: 04.09.2024 02:46 Uhr

Monika Roehl (Jahrgang 1956) lebte schon in Flagstaff, Arizona und im Zugspitzdorf Grainau. Jetzt ist sie nach Bad Neustadt zurückgekehrt und mit diesem Schritt sehr zufrieden.

Frage: Wie lebt es sich denn in Flagstaff, Arizona?

Monika Roehl: Sehr gut. Flagstaff liegt auf über 2.000 Meter Höhe. Auf den San Francisco Peaks in der Nähe kann man sehr gut Skifahren. Die große Attraktion ist aber der Grand Canyon, der für amerikanische Verhältnisse gleich um die Ecke liegt. Ich war im Hiking Club der Universität und habe so viele Touren vom Grand Canyon bis zum Mount Whitney in der Sierra Nevada unternommen. Grandios!

Was hat Sie denn in diese Ecke Amerikas verschlagen?

Roehl: Ich habe dort an der Northern Arizona University Englisch und Spanisch mit Sport und Biologie als Nebenfächer studiert. Im Sommer konnte ich am Grand Canyon als Reiseleiterin bei Scenic Airlines arbeiten. Daneben habe ich für einen Reitstall Ausritte mit ausländischen und anderen Touristen zum Rand des Grand Canyon geführt.

Wie kamen Sie und Ihre Eltern nach Bad Neustadt?

Roehl: Auf Umwegen. Als ich vier Jahre alt war, haben meine Eltern sich entschlossen, von Bad Kreuznach aus nach Michigan in den USA auszuwandern. Dort habe ich die Schule vom Kindergarten bis zum Abschluss der Highschool besucht. Ich wuchs zweisprachig auf, da zu Hause nur Deutsch gesprochen wurde. Nach der Highschool wollte ich in Arizona, wo wir auf einer Autoreise mal waren, studieren. Doch dann kam der Umzug nach Deutschland dazwischen.

Was ist denn geschehen?

Roehl: Das Rhön-Klinikum hat einen neuen Chefarzt gesucht. Mein Vater hat diese Stelle bekommen, und so sind wir nach Bad Neustadt gezogen.

Wie war das?

Roehl: Super! Meine Schwester und ich sind von Anfang an sehr gut aufgenommen worden. Nachdem wir in den USA auch mal als Nazis oder Krauts beschimpft wurden, waren wir hier mit unseren langen Haaren, Blue Jeans und Rennrädern fast wie Exoten. In Dearborn hatten wir sehr wenige Freiheiten, da unsere Eltern wegen der Drogen und hohen Kriminalität um unsere Sicherheit besorgt waren. Hier konnten wir ohne Angst überall hin und sind öfters erst in den frühen Morgenstunden von Feiern mit dem Rad nach Hause gefahren. Wir haben das Neustädter Gymnasium besucht und beide ein gutes Abitur gemacht, obwohl wir vorher nie eine deutsche Schule besucht hatten. Es waren es zwei tolle Jahre. Viele Freundschaften sind entstanden, die ich jetzt nach meiner Rückkehr nach Bad Neustadt auch noch genieße und schätze.

Wie ging es dann weiter?

Roehl: Es hat mich doch noch nach Flagstaff zum Studium gezogen. An der Northern Arizona University habe ich ein vierjähriges Studium mit einem M.A. als Lehrerin abgeschlossen. Leider habe ich anschließend an der Schule dort keine Stelle gefunden und kehrte so zunächst einmal nach Deutschland zurück. Ein Stellenangebot in Spanien klappte nicht und in Bayern wurde mein Lehrerabschluss aus den USA nicht anerkannt. Außerdem war es die Zeit der Lehrerschwemme. Als Alternative bot sich nur ein weiteres Sprachenstudium an. So habe ich an der Zweigstelle der Universität Mainz in Germersheim zwei Jahre Simultandolmetschen und zwei Jahre Übersetzen mit einem Übersetzer-Diplom-Abschluss studiert.

Und wie war das?

Roehl: Das war furchtbar! Es haben fast ausschließlich Frauen dort studiert, die Gegend ist Brettl eben. Zum Glück konnte ich aber an Wochenenden und Feiertagen für ein Unternehmen in Würzburg als Skilehrerin mit Amerikanern in die Alpen fahren und konnte so in Top-Skigebieten wie Chamonix, Verbier und Val Thorens kostenlos Ski fahren.

Dann kam der Sprung ins Berufsleben?

Roehl: Ja, ich hatte zuerst eine Stelle in Ulm, danach bei einem Sprachendienst in München. Im Laufe der Zeit musste ich erkennen, dass es schwer oder gar unmöglich war, als Übersetzerin oder Dolmetscherin eine feste Anstellung zu finden. So kam es dazu, dass ich einer freiberuflichen Tätigkeit nachgegangen bin, zuerst in München, später in Fürstenfeldbruck. Die Tätigkeiten waren vielfältig, reichten vom Simultandolmetschern am Europäischen Patentamt, Dolmetschen für die Polizei und bei Eheschließungen, Business English Unterricht an der Fachhochschule Augsburg bis hin zu Englischunterricht für Kinder bis zur vierten Klasse. In der Freizeit war ich viel mit dem Alpenverein, Kayak-Club oder Freunden in den Bergen unterwegs, beim Klettern, Wandern, Skitourengehen, MTB- und Kayakfahren oder mit dem Rennrad. Später kam der Entschluss, nach Murnau am Staffelsee zu ziehen, um näher an den Alpen zu sein. Von hier aus ergab sich die Chance, am Marshall Center for Security Studies in Garmisch-Partenkirchen Englisch und Deutsch zu unterrichten. So bin ich nach Grainau am Fuße der Zugspitze gezogen.

Wie wurden Sie in Grainau aufgenommen?

Roehl: Sehr gut, und mit den Mitarbeitern vom Marshall Center gab es viele Feiern und Unternehmungen. Die Gegend war natürlich toll, und ich war ständig in der Natur unterwegs! Irgendwann aber fühlte ich mich zwischen den steilen Bergen fern von anderen Orten wie München isoliert und eingesperrt. Der Vertrag bei der Army war ausgelaufen und immer mehr Freunde waren inzwischen weggezogen. So kam der Entschluss, an einen Ort zwischen Garmisch und München zu ziehen. Daraus entstand der Umzug nach Penzberg.

Dort wurden Ihre Erwartungen erfüllt?

Roehl: Zum Teil. Ich habe English-, Spanisch- und Französisch-Stammtische in Benediktbeuern regelmäßig besucht und zwei davon selbst geleitet. Mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub in Wolfratshausen war ich viel im Voralpenland unterwegs, war auch oft an einem der vielen Seen.

Aber?

Roehl: Trotz der traumhaften Landschaft, habe ich mich in Penzberg nach immerhin 9 Jahren nicht heimisch gefühlt.

Wann kam dann der Entschluss, nach Bad Neustadt zurückzuziehen?

Roehl: Die Miete und die Nebenkosten für meine Wohnung sind in die Höhe gestiegen. Günstigere Alternativen gab es keine. Eines Nachts konnte ich nicht schlafen und da ist mir der Gedanke gekommen, warum nicht zurück nach Bad Neustadt?

Das ging dann so einfach?

Roehl: Nein, nicht ganz. Erst mal habe ich über die üblichen Kanäle gesucht und bald gemerkt, dass die Preise dort auch nicht mehr so günstig waren. Seit mehreren Jahren organisiere ich die Klassentreffen unserer Abiturklasse. Über unsere E-Mail-Liste und WhatsApp-Gruppe habe ich gefragt, ob jemand einen Tipp für eine günstige Wohnung hätte. Nach etwa drei Wochen kam die Nachricht, dass eine geeignete Wohnung frei ist. In diese Wohnung bin ich dann im April eingezogen.

Wie geht es Ihnen jetzt?

Roehl: Ich fühle mich sehr wohl! Die Lebensqualität hier ist fantastisch, die Leute hier sind freundlich, alte Kontakte sind schnell wieder erweckt worden. Die Landschaft mag nicht so spektakulär wie in Garmisch oder Flagstaff sein, ist aber trotzdem einzigartig und schön. Und letztlich brauche ich mit zunehmendem Alter nicht mehr die hohen Alpen, sondern genieße das mäßigere Mittelgebirge, die Dörfer mit Fachwerkhäusern, das idyllische Saaletal und die schönen Wanderungen, Radtouren und gemütlichen Hütten in der Rhön.

Und wie schaut es mit Amerika aus?

Roehl: Da würde ich gerne noch einmal hin, wobei die Freunde inzwischen gefühlt über alle 50 Bundesstaaten verteilt sind. Aber wenigstens Michigan und Arizona, das wäre was...

 
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  • Carola Pohensky
    Ja,ist eine Lebensgeschichte,die wahrscheinlich noch einige Jahre so schön weitergeht. Aber als Titelblatt bei der Rhön und Saalepost,mit riesengroßem Bild
    Ich frag ja nur und wundere mich immer mehr.
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