
In loser Reihe stellen wir nicht nur "Rückkehrer in die Heimat" vor, die den Landkreis Rhön-Grabfeld verlassen haben und zurückgekehrt sind. Vorgestellt werden auch Rhöner und Grabfelder, die fest mit ihrer Heimat verbunden sind, hier ihren Lebensmittelpunkt haben und ihren Lebensunterhalt bestreiten. Seit etwa zwei Jahren haben sich zwei Ginolfser Jungs von ihren Jobs als Techniker und Elektrotechniker in der Industrie losgesagt. Inzwischen führen sie ein Unternehmen mit mehreren Beschäftigten.
Flo: Wir stammen beide aus Ginolfs, und sind hier bei unserer Familie aufgewachsen. Es war für uns immer klar, dass wir etwas hier im Ort machen möchten.
Flo: Nein! Wir haben beide eine Ausbildung in Bad Neustadt gemacht und einen grundsoliden Job gelernt: Elektroniker für Geräte und Systeme. Während meiner Berufszeit war ich auch einmal in Rumänien. Das hat mir alles auch sehr gut gefallen und viel Spaß gemacht. Es war aber nicht so, dass ich darin eine große Berufung gefunden habe und unbedingt fort wollte.
Maggi: Das war bei mir genauso! Ich schaue mich schon auch um, aber ich finde hier in der Rhön alles, was ich brauche. Hier habe ich die Möglichkeit, das zu machen, was ich mag. Wir haben viele Ideen, was wir aus der Gegend noch alles machen können. Ich bin hier fest verwurzelt, alles gut!
Maggi: Das lag zum einen daran, dass uns unser Job zwar schon irgendwie Spaß gemacht hat, aber wir haben gemerkt, dass es da noch mehr geben uns, was uns Erfüllung bringt. Von daheim waren wir es von Kindheit an gewohnt, mit anzupacken. Unsere Groß- und Urgroßeltern waren Bauern, hatten ihre eigenen Tiere und einen Tagesrhythmus, haben geschafft und etwas geschaffen. Damit sind wir groß geworden. Wenn andere im Freibad waren, waren wir bei der Heuernte. Wir wollten schon immer etwas anpacken und auf eigenen Füßen stehen. Dann kam uns die Idee mit den Alpakas.
Flo: Die Idee kam uns beim Feierabendbier bei unserem Baumhaus. Wir haben einige Wiesen, die von Baumwuchs frei gehalten werden sollen. Dort immerzu zu mähen, war uns zu aufwendig. Deswegen haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, das einfacher zu machen. Schafe wären auch gegangen. Die gibt es aber schon an vielen Stellen, und Schafe müssen auch im Winter in den Stall. Bei Alpakas ist das nicht so, denn Alpakas sind etwas exotischer und es gibt die Möglichkeit noch weitere Aktionen mit ihnen zu machen. Wanderungen zum Beispiel.
Maggi: Wir haben 2018 angefangen, nebenberuflich Touren anzubieten. Unsere Hauptsaison ist von April bis Oktober und an den Wochenenden. So war es einfach zu starten. Das lief dann so gut, dass wir 2021 bzw. 2022 unseren Job gekündigt haben.
Flo: Die war schon hart. Die Idee, mit Alpakas Wanderungen zu machen und damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hat nicht jeder verstanden. Es gab zu Beginn im Dorf schon eine gewisse Skepsis. Wir hatten unglaublich viele Ideen, mussten aber auch lernen, was es heißt, ein Unternehmer zu sein und Dinge zu organisieren. Inzwischen haben wir viele Kooperationen mit anderen Unternehmen aus der Gegend aufgebaut und es werden immer mehr. Es entwickelt sich etwas.
Maggi: Unser Urgroßvater war schon ein Vorbild. Er war zu seiner Zeit sehr innovativ in der Landwirtschaft, hat viel aufgebaut und gemeinsam mit unseren Großeltern auch die Grundlage gelegt, dass wir hier die Möglichkeiten haben, etwas mit Tieren zu machen. Er war einer, der uns viel gezeigt und gelehrt hat. Dass es dazu gehört, anzupacken, auch wenn nicht alles immer Spaß macht, durchzuhalten, wenn es mal schwierig wird. Verantwortung zu übernehmen und aus dem, was da ist, etwas zu machen. Das hat uns geprägt und so sehen wir uns auch.
Flo: Wir haben unsere eigene Webseite und nutzen Social Media. Inzwischen haben wir über 50.000 Follower bei Facebook und Instagram. Uns ist es wichtig, unseren Gästen Einblicke in unser Leben und Arbeiten zu gewähren. Wir bloggen deshalb regelmäßig, machen auch kurze Videoclips. Ein Video von Maggi wurde schon über 5 Millionen Mal angeklickt.
Maggi: How to open a beer. Ich habe gezeigt, wie man ein Bier mit einer anderen Flasche mit dem Fuß öffnen kann. Wir waren von der Resonanz vollkommen überrascht. Das Video ging in sehr kurzer Zeit viral und wir bekamen Kommentare aus der ganzen Welt.
Maggi: Ich denke, das liegt daran, dass es so authentisch ist. Ich spiele in dem Video mit meinen Englisch-Kenntnissen und zeige einfach ganz kurz, wie das Öffnen geht. Ist nicht wirklich schwierig, wenn man weiß, wie es geht. Auch in allen anderen Blogbeiträgen verstellen wir uns nicht. Wir zeigen, wie es ist, auch wenn manchmal etwas nicht so klappt wie gedacht oder länger dauert. Man kann ruhig auch mal sehen, dass die Arbeit nicht immer nur Spaß macht. Aber genau das macht uns aus. Man glaubt uns.
Flo: Ja, wir haben schon einige Anfragen bekommen, Werbepartner oder Testimonial zu werden. Bisher haben wir das sehr restriktiv gehandhabt. Wir möchten uns nicht vor den Karren spannen lassen. Bei allen unseren Ideen ist der Bezug zur Rhön sehr wichtig. Deswegen tun wir uns mit überregionalen Werbepartnern auch so schwer. Ist der regionale Bezug da, fühlen wir uns wohl.
Maggi: Wir sind immerzu am Schaffen. Das haben am Anfang nicht alle verstanden. Wenn etwas im Dorf ist oder die Vereine Hilfe benötigen, dann müssen wir häufig absagen. Vereinsangelegenheit, wie Feiern finden in der Regel am Wochenende statt, da haben wir aber häufig unsere Wanderungen. Inzwischen sehen aber viele, dass wir hier etwas aufbauen und unterstützen uns. Als Jungunternehmer hatten wir von vielen Dingen keine Ahnung. Ich war schon immer mehr an Zahlen, Daten und Fakten interessiert. Deswegen kümmere ich mich um die Buchhaltung und steuerliche Themen. Flo ist der Kreative. Gemeinsam wägen wir ab, was wir neu anpacken wollen.
Flo: Wir haben schon auch unsere Auseinandersetzungen. Aber das ist etwas, das wir inzwischen ganz gut gelernt haben: wie wir gemeinsam zu einer Lösung kommen. Vielleicht dauert es 30 Minuten, bis sich der Rauch gelegt hat. Dann geht es weiter. Es gibt aber auch noch Dinge, an denen wir arbeiten müssen. Wir müssen als Unternehmen noch wachsen, brauchen noch interne Strukturen und Prozesse. Im Sommer haben wir etwa zehn Mitarbeiter beschäftigt. Damit alle unsere Touren so ablaufen, wie wir es möchten, stecken wir viel Zeit in Leitfäden, überlegen uns, was wir unseren Mitarbeitern mitgeben können. Das ist nicht immer ganz einfach, weil es uns ganz wichtig ist, dass unsere Gäste einen unvergesslichen Rhönmoment mit nach Hause nehmen.
Maggi: Wir haben uns hier etwas aufgebaut, an dem wir unbedingt weiter arbeiten möchten. Gerade entsteht ein neuer Stall für die Alpakas, und mittlerweile haben wir auch ein eigenes Bier. Nächstes Jahr soll noch eine weitere Sorte dazu kommen. In der Rhön gibt es viele hochwertige Produkte. Diese möchten wir den Menschen näher bringen.
Flo: Vielleicht wird sich der Schwerpunkt unserer Arbeit in den nächsten Jahren etwas verschieben. Wir sehen uns ganz stark in der Entwicklung von Ideen bis zur ersten Umsetzung. Der Aufbau unseres Unternehmens wird uns beschäftigen. Ganz wichtig ist uns aber der Kontakt zu Menschen, bei unseren Touren oder anderen Projekten. Wir bleiben dauerhaft hier und zeigen, wie schön die Rhön ist.
Dieser Artikel wurde um die einleitende Passage ergänzt