Am Ostermontag brannte ein Kühlschrank im Café Art der Kreisgalerie in Mellrichstadt. Seither ist das Haus geschlossen. Auch wenn die Gebäudehülle relativ glimpflich davongekommen ist: Im Innern hängt Ruß in allen Ritzen, auch die Kunstobjekte sind mit einer schmierigen schwarzen Schicht überzogen. Seit kurzem ist nun wieder Betrieb in der Kreisgalerie: Nachdem die Sachverständigen der Versicherungen ihre Gutachten verfasst haben, konnten endlich die Reinigungsarbeiten im Alten Spital beginnen.
Kreiskulturmanagerin Astrid Hedrich-Scherpf packt seither tatkräftig an. Mit Hausmeister Jürgen Scheuplein und weiteren Helfern beförderte sie Plakate, Prospekte und allerhand Inventar, das durch den Brand unbrauchbar geworden ist, in einen großen Container vor der Tür. "Alles, was verrußt ist, kommt raus", lautet ihre Ansage. Auch die Vorhänge im Café Art und weiteres Mobiliar landeten mit Schwung im Müll.
Kunstgegenstände werden mit Samthandschuhen angepackt
Größte Vorsicht lassen die Kulturmanagerin und ihre Helfer natürlich bei den Kunstgegenständen walten. Kleine Skulpturen wie die Goldköpfe von Sebastian Neeb wurden bereits mit Fingerspitzengefühl von der Wand geschraubt und bruchsicher in Kisten verstaut. Was kann noch eigenhändig verpackt werden? Im weißen Schutzmantel, bisweilen mit Atemmaske, nahm Astrid Hedrich-Scherpf mit ihrem Team Stockwerk für Stockwerk unter die Lupe.
Das hatten zuvor bereits die Sachverständigen von Gebäude- und Hausratversicherung sowie der Versicherung der Kunstwerke getan. Für die Reparatur der Gebäudeschäden, für die die Stadt Mellrichstadt zuständig ist, wird wohl ein fünfstelliger Betrag fällig, hieß es bereits im Kreisausschuss. Für die Reinigung und Sanierung der Kunstwerke – für die Einrichtung, die Kunstgegenstände sowie die Wechselausstellungen ist der Landkreis in der Verantwortung – steht ein sechsstelliger Betrag im Raum.
Kunstwerke im Depot haben besonders viel Ruß abbekommen
Laut Astrid Hedrich-Scherpf haben die rund 500 Kunstwerke, die im dritten Obergeschoss der Kreisgalerie im dortigen Depot gelagert werden, am meisten Schaden genommen, da der Ruß im Haus nach oben gezogen ist. Wenn sie zur Reinigung abgeholt werden, ist die Kulturmanagerin natürlich auch vor Ort. "Dabei können wir gleich eine Inventur machen", sagt Astrid Hedrich-Scherpf mit Galgenhumor.
Mit Samthandschuhen werden die großflächigen Kunstwerke angepackt. Zahlreiche Bilder wurden bereits von einer Spezialfirma verpackt und abgeholt. Insgesamt werden knapp 700 Gemälde zum Reinigen zu einer großen Restaurationsfirma nach Ratingen in Nordrhein-Westfalen gebracht, so die Kulturmanagerin. Die ausgestellten Skulpturen sollen hingegen nach Möglichkeit von Restauratoren vor Ort gereinigt werden. Dazu erhält das Trauzimmer der Kreisgalerie eine Schutzschleuse und wird in eine Werkstatt umfunktioniert.
Gebäudereinigung ist in Mellrichstadt in vollem Gange
Zur Gebäudereinigung sind ebenfalls Mitarbeiter einer Firma aus Nordrhein-Westfalen angereist und bereits emsig am Werk. In der näheren Umgebung sei man auf der Suche nach Fachleuten nicht fündig geworden. "Es gibt nicht so viele Fachfirmen, die auf Wasser- und Brandschäden an Kunstwerken spezialisiert sind", erklärt Astrid Hedrich-Scherpf. Zudem gebe die Versicherung den Ton an, was die beauftragten Firmen angeht.
Die Wände im Haus wurden bereits weitgehend gereinigt, nun wird entschieden, ob und an welchen Stellen möglicherweise noch der Putz abgeschlagen und erneuert werden muss. Im Treppenhaus, das am stärksten in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es mit einem bloßen Anstrich nicht getan ist, so Hedrich-Scherpf.
Wertvolle Keßler-Figuren werden von Experten untersucht
Ganz oben unterm Dach wurde in der vergangenen Woche ein Gerüst aufgebaut, um die Hochaltar-Figuren des Bad Königshöfer Barock-Künstlers Johann Joseph Keßler von der Wand zu nehmen und sicher für den Transport zu verpacken. Die wertvollen Ausstellungsstücke hängen im Treppenhaus der Kreisgalerie und wurden ebenfalls durch Ruß stark in Mitleidenschaft gezogen.
Bei der Reinigung und Restaurierung der Figuren ist große Expertise gefordert, daher werden sie ebenfalls in die Restaurationswerkstatt nach Ratingen gebracht und dort gereinigt. "Das ist eines der aufwändigsten Objekte im Haus", sagt Astrid Hedrich-Scherpf.
Die aktuellen Bilder von Künstlerin Sabine Bach werden als erste gereinigt
Die Bilder von Künstlerin Sabine Bach, die zur Zeit des Brandes 22 großformatige Bilder in ihrer viel beachteten Ausstellung "Ansichtssachen" in der Kreisgalerie präsentierte, werden von der Fachfirma als erste gereinigt. Die Künstlerin, die in Sondheim/Grabfeld lebt und vorwiegend mit Acryl arbeitet, hatte mehrere Arbeiten bereits verkauft und musste ihre Käufer informieren, dass die Bilder nun erst restauriert werden müssen. "Der beißende Geruch ist schon fast verflogen", sagte Astrid Hedrich-Scherpf kurz vor dem Abtransport der Bilder. Wenn die Rußschlieren entfernt sind, können sie an die Käufer ausgeliefert werden.
Insgesamt wird die Reinigung der rund 700 Kunstwerke wohl bis Mitte nächsten Jahres dauern, schätzt Astrid Hedrich-Scherpf. So lange soll es aber nicht dauern, bis die Kreisgalerie wieder geöffnet wird. Nachdem Pächterin Christine Weiß auf die Einnahmen angewiesen ist, sei man bestrebt, das Café Art schnellstmöglich wieder zu öffnen – "unser Ziel ist noch in diesem Jahr", so die Kulturmanagerin. Dazu wird es auch eine neue Wechselausstellung im Erdgeschoss geben, kündigt sie an.
Mellrichstädter interessieren sich für den Fortschritt der Sanierungsarbeiten
Die gereinigten Kunstwerke, die wieder in Mellrichstadt eintreffen, können derweil im neuen Zentraldepot in der ehemaligen Hainberg-Kaserne gelagert werden, bis die Kreisgalerie wieder komplett eingerichtet werden kann. Im besten Fall, wenn die Räume im Alten Spital zu diesem Zeitpunkt bereits saniert wurden, können sie auch gleich wieder an ihre Stammplätze zurückkehren.
Für die Mellrichstädter wären das natürlich schöne Nachrichten. Sobald die Türen offen sind und im Haus gearbeitet wird, spitzen Interessierte vorsichtig herein und fragen nach, in welchem Zustand die Bilder sind und wann das Café Art wieder geöffnet wird, sagt Astrid Hedrich-Scherpf. Sie freut sich über die Anteilnahme, die zeigt, dass die Kreisgalerie den Menschen am Herzen liegt.
Im kommenden Jahr, wenn die Räume bezugsfertig sind und die Kunstwerke wieder an Ort und Stelle stehen, lädt die Kulturmanagerin schon jetzt die Bevölkerung zu einem Besuch im Alten Spital ein. "Eigentlich wollten wir in diesem Jahr das 30-jährige Bestehen der Kreisgalerie groß feiern, die Planung lief bereits", so die Leiterin der Kulturagentur Rhön-Grabfeld. 2024 wird dann eben im neu gestalteten Haus Jubiläum gefeiert.