Es war eine überraschende und viel beachtete Entscheidung. Wenn der Marktplatzsommer von Bad Neustadt in der kommenden Woche 20. Jubiläum feiert, wird die Familie Griebel nicht für das gastronomische Angebot zuständig sein. Die Griebels rund um "Oberhaupt" Manfred und seine Söhne Florian und Johannes sagten der Stadt nach jahrelanger Zusammenarbeit zumindest für dieses Jahr ab. Was sind die Gründe?
Manfred Griebel spricht von einer spannenden Situation, in der der Markt nach zwei Jahren Corona-Pause wieder rasant hochfährt. "Und das geht nicht so einfach", sagt er offen. Das Annehmen von Veranstaltungen, wie die Donnerstagskonzerte, sei grundsätzlich einfach. Man müsse eine solche Veranstaltungsreihe aber auch zu Ende bringen.
Warum der Marktplatzsommer von Bad Neustadt eine komplexe Sache ist
Was er meint: Beim Marktplatzsommer handelt es sich um eine "komplizierte und schwierige Serie". Der Auf- und Abbau von Biertischgarnituren, Bistrotischen, Ausschank und Essensständen erfolgt innerhalb eines Tages. Los geht es am frühen Nachmittag, bis 2 Uhr in der Nacht muss der Marktplatz wieder geräumt sein.
Hinzu kommt der eigene hohe Anspruch, der bei der Bewirtung an den Tag gelegt werden soll und den die Menschen gewohnt sind. "Es ist ein Unterschied, ob man Getränke selbst zapft oder dem Gast Flaschen hinstellt", unterstreicht er. Alleine für die Bewirtung der sieben Donnerstage braucht es 50 Mitarbeitende, rechnet Manfred Griebel vor.
Familie Griebel stehen weniger Mitarbeitende zur Verfügung
Das Problem: Seiner Firma – dazu gehört neben dem Eventbereich der eigene Hotelbetrieb mit 180 Betten, ein Verleihservice und Ausrichten von Privatfeiern – stehen derzeit nur noch rund 70 statt der sonst im Sommer 130 Mitarbeitenden zur Verfügung. "Man muss mit diesen Mitarbeitenden haushalten und sie nicht am Zahnfleisch gehen lassen", so Griebel. Aus diesem Grund habe man mit der Absage eine "Vernunftentscheidung" getroffen, mit der man gut leben könne und hinter der man voll und ganz stehe.
"Das heißt aber nicht, dass wir uns verabschiedet haben", sagt der Gastronom. Wie bereits MyEvent-Geschäftsführer Marcel Reichert, dessen Agentur sich in diesem Jahr um die Organisation des Marktplatzsommers kümmert, sieht auch Griebel eine Kooperation von mehreren Partnern als Weg der Zukunft, wenn es darum geht, eine solche Großveranstaltung wieder auf das Niveau der Vor-Corona-Zeit zu hieven. Für dieses Jahr sei die Vorbereitungszeit für eine solche Kooperation jedoch zu knapp gewesen.
Doch auch für die neuen Wege braucht es das entsprechende Personal im Bereich Hotellerie, Gastgewerbe und Events – Stichwort "Fachkräftemangel" auf dem Markt. Ein oft benutzter Begriff, der in den Augen von Manfred Griebel zu global benutzt wird. "Der Markt ist noch da, hat sich aber deutlich verschoben", hat er festgestellt.
Probleme im Gastgewerbe haben schon vor Corona begonnen
Es gibt immer weniger Voll- und Teilzeitkräfte. Stattdessen ersetzen verstärkt geringfügig Beschäftigte (Aushilfen) diese Kräfte und hätten so Probleme im Hotel- und Gastronomiebereich übertüncht, die bereits weit vor Corona begonnen haben. Außerdem: "Die Zahl der nicht besetzten Lehrstellen kennt man. Noch viel schlimmer sind die nicht mehr ausgeschriebenen Stellen, die Zahl hat man nicht", so der Bad Neustädter.
Dass es mittlerweile auch immer schwerer wird, Aushilfen zu bekommen, liegt für ihn nicht am Faktor Bezahlung. "Einige würden gerne nebenbei arbeiten, sind aber gestresst oder unzufrieden am eigenen Arbeitsplatz und möchten die freie Zeit für sich selbst haben", kann Griebel dieses Denken im immer hektischer werdenden Alltag verstehen.
Warum in diesem Sommer viele jüngere Leute nicht arbeiten wollen
Für diesen Sommer kommen erschwerend die Nachwehen von Corona hinzu: "Es gibt keine Reisebeschränkungen mehr und da wollen die jungen Leute die verlorene Zeit nachholen." Er hält jedoch nichts davon, deshalb verstärkt Minderjährige für Events, wie beispielsweise Hochzeiten, anzusprechen. Der Grund ist der Jugendschutz, mit einer Arbeitszeit bis spätestens 22 Uhr.
Trotz der schwierigen Situation will die Familie Griebel für die Zukunft nicht schwarzmalen. "Man muss sich den Problemen stellen und es wird für viele Lösungen geben", ist Manfred Griebel überzeugt, auch wenn man nicht wieder auf das Niveau von 2018 oder 2019 kommen werde und etwas kleinere Brötchen backen müsse.
Wichtig sei ganz allgemein für die Branche, den Schwund an Mitarbeitenden abflachen beziehungsweise stagnieren zu lassen und sich selbst zu hinterfragen, von welchen Dingen man sich trennt und welche man neu anfängt. "Es wird immer weitergehen, aber eben anders."
Klare Aussage zu Eisbahn und Almhütte in diesem Winter in Bad Neustadt
Die Fans von Eisbahn und Almhütte in Bad Neustadt müssen sich für den kommenden Winter jedoch keine Sorgen machen, versichert Manfred Griebel: "Die Alm ist nicht so kompliziert wie Donnerstagskonzerte und daher weder personell noch wirtschaftlich gefährdet. Sie wird kommen und ist höchstens pandemieabhängig."