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Oberstreu
Fernwasser aus Oberfranken: Welche Auswirkungen hat eine Leitung durch den Landkreis auf die Mittelstreuer Quellen?
Nicht nur das Grabfeld, sondern der ganze Landkreis könnte mit Fernwasser aus Oberfranken versorgt werden. Im Zweckverband Mellrichstädter Gruppe wird das kritisch gesehen.
Informierten zum Thema Anschluss an die FWO: Landrat Thomas Habermann, Vorsitzender Michael Kraus und VG-Geschäftsstellenleiter Peter Hehn (von rechts) bei der Sitzung des Wasserzweckverbands Mellrichstädter Gruppe.
Foto: Simone Stock | Informierten zum Thema Anschluss an die FWO: Landrat Thomas Habermann, Vorsitzender Michael Kraus und VG-Geschäftsstellenleiter Peter Hehn (von rechts) bei der Sitzung des Wasserzweckverbands Mellrichstädter Gruppe.
Simone Stock
 |  aktualisiert: 09.02.2024 18:28 Uhr

Hier ist Wasser Mangelware: Das Grabfeld ist eine der trockensten Regionen in Bayern. Die Situation ist prekär. Um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, soll Fernwasser aus Oberfranken fließen. Und zwar nicht nur ins Grabfeld, sondern in den gesamten Landkreis Rhön-Grabfeld. Die Vertreter des Wasserzweckverbands Mellrichstädter Gruppe treiben dabei zwei große Sorgen um: Was passiert dann mit den eigenen Quellen und wer zahlt die Zeche?

"Keine Frage, wir wollen uns mit dem Grabfeld solidarisch zeigen", so der Tenor der Verbandsräte bei einer informellen Sitzung, zu der auch die Stadt- und Gemeinderäte der Mitgliedsgemeinden geladen waren. Aber die Frage ist eben auch, wie es dann um die Zukunft der eigenständigen Wasserversorgung im Streutal bestellt ist.

Die Wasserversorgung ist auf dem neuesten Stand

"Wir sind sehr gut aufgestellt", sagte der Zweckverbandsvorsitzende, Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus. Die Mittelstreuer Quellen sprudeln üppig, das Wasserwerk, in dessen Sanierung 3,5 Millionen Euro investiert wurden, ist auf modernstem Stand. Und mit der Verbindungsleitung nach Bad Neustadt sei auch die Möglichkeit gegeben, von dort Wasser zu erhalten, wenn es nötig würde. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und behalten unsere eigenen Quellen im Fokus", versicherte Kraus. Doch die Frage steht im Raum: Könnten durch das Ja zu den großangelegten Plänen Kosten auf den Zweckverband zukommen, die jetzt noch gar nicht absehbar sind?

Blick in das Wasserwerk Mittelstreu: Insgesamt wurden 3,5 Millionen Euro in die Erneuerung der Anlagen investiert.
Foto: Archivfoto Brigitte Gbureck | Blick in das Wasserwerk Mittelstreu: Insgesamt wurden 3,5 Millionen Euro in die Erneuerung der Anlagen investiert.

Eine Antwort darauf konnte auch Landrat Thomas Habermann nicht geben. Er bat bei der Sitzung aber eindringlich darum, Geschlossenheit im Landkreis zu zeigen. Dies sei ein wichtiges Signal für die bayerische Staatsregierung, die viel Geld zur Verwirklichung des Vorhabens in die Hand nehmen soll – mit dem vorrangigen Ziel, die Wasserversorgung im Grabfeld sicherzustellen. Der Beitritt des Landkreises zum Zweckverband Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO) ist beschlossene Sache, nun sollen die Wasserzweckverbände folgen, um zu zeigen, dass im Landkreis keine Störfeuer zu erwarten sind.

Große Lösung für die nördlichen und östlichen Gebiete in Unterfranken

Habermann informierte, dass sich Umweltminister Thorsten Glauber ihm gegenüber für einen Anschluss an die FWO ausgesprochen habe. Bei einer zeitnahem Planung und Umsetzung ist von fünf bis sechs Jahren die Rede, dann soll über 65 Kilometer lange Leitungen Fernwasser ins Grabfeld fließen. Ein ambitionierter Zeitplan, bei dem auch die Mühlen der  Genehmigungsbehörden deutlich schneller mahlen müssen, als man das üblicherweise gewohnt ist.

Bedacht werden soll aber nicht nur Bad Königshofen. Auf etwa 50 Millionen Euro werden die Kosten für eine Leitung in die nördlichen und östlichen Gebiete Unterfrankens geschätzt. "Eine solche Summe investiert der Freistaat nicht nur für das Grabfeld", machte Habermann deutlich. Dann werden auch ganz Rhön-Grabfeld, die Haßberge, Bad Kissingen und Schweinfurt einbezogen.

Eigene Quellen sollen weiterbetrieben werden dürfen

Wichtig sei, dass die Nutzung der eigenen Quellen dabei weiterhin möglich bleiben soll, im Gegensatz zu einem schon einmal geplanten Anschluss des Grabfelds an die FWO in den 1990-er Jahren, als die eigenen Brunnen stillgelegt werden sollten. Ein Bürgerentscheid fiel damals gegen den Anschluss aus.

Den Bürgervertretern der Mitgliedsgemeinden der Mellrichstädter Gruppe riet Habermann, daran zu denken, was in zehn oder zwanzig Jahren sein könnte. Wenn die Quellen in Mittelstreu nicht mehr so üppig sprudeln oder es Verunreinigungen gebe, könne sich auszahlen, dass durch die FWO eine Rückversicherung zur Wasserversorgung im Streutal gegeben sei.

Für die Mellrichstädter Gruppe sind noch viele Fragen offen

"Dass die Zweckverbände die Kosten, die für den Anschluss im Raum stehen, nicht zahlen können, ist unbestritten", so der Kreischef. Aber welche Summen vom Freistaat fließen und ob und wie viel die örtlichen Versorger dazuzahlen müssen, sei noch Zukunftsmusik.

Das Wasserwerk in Mittelstreu wurde saniert und ist auf modernstem Stand.
Foto: Archivfoto Eckhard Heise | Das Wasserwerk in Mittelstreu wurde saniert und ist auf modernstem Stand.

Doch es tun sich noch andere Fragen für die Mellrichstädter Gruppe auf: Wenn beim Anschluss an die FWO die bestehenden Leitungen der Gruppe genutzt werden, reicht die Dimensionierung? Gibt es eine Verpflichtung zur Wasserabnahme von der FWO? Fragen, die wichtig sind, auf die es aber noch keine Antwort gibt, so Habermann. Und wo wird zuerst gebaut? Als erster Bauabschnitt solle eine Leitung von Coburg über Bad Königshofen bis Saal verwirklicht werden, dann könnte die Verbindung nach Bad Neustadt und Mellrichstadt angepackt werden, hieß es. 

Anschlussnehmer im Streutal sollen nicht belastet werden 

Oberstreus Bürgermeister Stefan Kießner, zugleich stellvertretender Zweckverbandsvorsitzender, sprach Klartext, was die Finanzierung angeht: "Für den Gemeinderat Oberstreu ist es wichtig, dass die Bürger im Streutal durch den Anschluss an die FWO nicht belastet werden." Da die Frage aber nicht geklärt sei, könne man heute noch keinen Beschluss fassen, dass der Zweckverband Mellrichstädter Gruppe Mitglied im Zweckverband FWO werde. "Wir haben viel in unsere eigene Wasserversorgung investiert und können nicht die Kosten für andere Wasserabnehmer übernehmen", strich er heraus. Er forderte zudem, dass endlich Bewegung in die Ausweisung des Wasserschutzgebiets für die Mittelstreuer Quellen kommt. Laut Thomas Habermann soll die öffentliche Auslegung in Kürze erfolgen.

Der Kreischef sieht im Anschluss an die FWO dennoch eine Absicherung für die Mellrichstädter Gruppe. Dann wäre seiner Meinung nach auch der Druck auf die Ausweisung eines Schutzgebiets nicht so groß, das bekanntlich zum größten Teil auf Ostheimer Gemarkung liegt und von den Stadtvertretern äußerst kritisch gesehen wird. 

Unverbindlich, aber positiv für Bad Königshofen

Michael Kraus fasste am Ende die Sorgen im Zweckverband Mellrichstädter Gruppe noch einmal zusammen und legte dann einen Beschlussvorschlag vor, der den Schulterschluss mit dem Grabfeld zeige, für die Gruppe aber unverbindlich bleibe. Die Mellrichstädter Gruppe begrüßt demnach den Anschluss des Raums Bad Königshofen an die FWO und sieht sie als vorrangig an. Eine weitere Verbindungsleitung zur Gruppe wird mittelfristig als denkbare Option angesehen. Dazu wird der Freistaat aufgefordert, die notwendigen Finanzmittel für den Anschluss bereitzustellen. Eine Kostenbeteiligung der Mellrichstädter Gruppe wird nicht in Aussicht gestellt. Dem konnte das Gremium geschlossen zustimmen.     

"Wir verpflichten uns wenig, der Beschluss hat aber positive Auswirkungen für das Grabfeld", so Kraus. Damit gaben sich auch die zahlreichen Bürgervertreter und Verbandsräte in der Oberstreuer Halle schließlich zufrieden.

 
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  • G. Z.
    Der Anschluß des Raums an die FWO wird begrüßt! Mehr war nicht drin! ABER Umkehrschluß: Der Anschluß für den Restraum des Landkreises wird NICHT begrüßt! Das liegt daran, dass überhaupt keine Voraussetzung für irgendetwas bindendes gegeben ist. Weder Kosten, noch überhaupt machbar: passen chemisch die Wässer zusammen, stimmen die physikalischen Voraussetzungen der Rohre? Noch wichtiger: Besteht Abnahmepflicht oder wie sehen überhaupt die vertraglichen Gestaltungen aus? Hausaufgabe nicht gemacht Herr Landrat! "Eine Kostenbeteiligung der Mellrichstädter Gruppe wird nicht in Aussicht gestellt. Dem konnte das Gremium geschlossen zustimmen." Das war von einem selbständig denkenden und dem Bürgerwohl verpflichteten Gremium zu erwarten. Der Zweckverband ist nicht der Kreistag! Der Kreistag stimmt zu, obwohl er gar kein Trinkwasserversorger ist! Ohne Kosten- und Abnahmeverpflichtung ist natürlich jeder dafür! Bei Thüringen gäbe es schon eine Kostenkalkulation. Aber das will der Landrat nicht
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  • G. Z.
    Erkennbar hat der Landrat nun schon den Krieg gegen andersdenkende bei der Trinkwasserversorgung angesagt: Störfeuer? Ist das „unregelmäßiges Artilleriefeuer, durch das der Gegner in seinen militärischen Handlungen gestört werden soll“. Wer will sich schon mit dem Landrat verscherzen? Aber: „Ja zu Kosten…, die jetzt noch gar nicht absehbar sind? Eine Antwort darauf konnte auch Landrat Thomas Habermann nicht geben. „ Also voll blind in die Millionen! Für einen Zweckverband wie Mellrichstadt, dem es an nichts fehlt? Kosten für den eigenen Bürger, die weder absehbar sind noch erforderlich sind. Das Grabfeld braucht Wasser, nicht der Rest vom Landkreis. Darf man zustimmen, obwohl die nachweislich günstigste Lösung aus dem nahen Thüringen abgelehnt wird? Geht’s physikalisch, chemisch? Darf ein Gremium anlasslos solche Risiken eingehen. Darf ein Gremium die günstiger Lösung aus Thüringen ablehnen? Aber aus demokratischer Sicht noch viel bedeutender: Darf ein Landrat den Krieg ansagen?
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