Für viel Euphorie sorgen momentan die Europa-Meisterschaften im Fußball: Die Jagd nach dem runden Leder ist schließlich für viele Fußballbegeisterte die schönste Nebensache der Welt. Und dann findet die EM auch noch in Deutschland statt! Menschen aus allen Regionen Europas leben im Landkreis Rhön-Grabfeld. Grund genug für diese Redaktion, einige europäische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu fragen, wie sehr sie der Fußball-Europameisterschaft entgegenfiebern und wem sie besonders die Daumen drücken.
1. Pfarrer Andreas Krefft (60 Jahre), katholischer Dekan in Rhön-Grabfeld, geboren in Polen: "Wenn Deutschland gegen Polen spielen sollte, bin ich für Italien"
Dekan Andreas Krefft erweist sich als großer Fußball-Kenner. "In meiner Jugend habe ich leidenschaftlich gerne Fußball gespielt", erzählt er. "Heute schaue ich mir Fußball gerne im Fernsehen an." Dementsprechend freue er sich auf die EM und werde auch das ein oder andere Spiel live verfolgen. Krefft wurde in der Nähe der polnischen Hafenstadt Danzig geboren. Somit wird er natürlich auch mit seinem Geburtsland mitfiebern, welches etwas Gruppenpech habe. Mit Frankreich und Niederlande in einer Gruppe schätzt der Dekan die Chancen Polens, eine Runde weiterzukommen, als "miserabel" ein. Da ist er bei Deutschland optimistischer. "Deutschland wird Gruppensieger", sagt er voraus. Sollte somit der für ihn eher unwahrscheinliche Fall eintreten, dass Polen gegen Deutschland spielt, "dann bin ich für Italien", meint er. Seit 1990 lebt der Pfarrer in Deutschland und "seitdem lebe ich mit der deutschen Bundesliga". In der jedoch auch der ein oder andere Pole spielt oder spielte, wie etwa Robert Lewandowski. Abschließend ist es dem Dekan wichtig zu sagen: "Ich wünsche allen Fans, dass die EM friedlich verläuft. Fußball muss verbinden."
2. Micou Straub (65 Jahre), Chefin von "Leo - Delikatessen und Wein" in Bad Neustadt, geboren in Südfrankreich: "Ich habe die doppelte Chance zu gewinnen"
Als richtigen Fußballfan würde sich Micou Straub, Chefin von "Leo - Delikatessen und Wein" in Bad Neustadt nicht bezeichnen, ihren Mann hingegen schon. "Ich sitze daneben und mache etwas anderes. Erst, wenn was passiert, gucke ich", verrät die 65-Jährige. Die Spiele der Europameisterschaft werde sie aber mit Sicherheit verfolgen. Als Französin in Deutschland sieht sie für sich nämlich "die doppelte Chance" zu gewinnen. Nach Bad Neustadt verschlug es sie 1980. Sie war damals ihrem Mann gefolgt, den sie als Reiseführerin bei dessen Urlaub in Südfrankreich kennengelernt hatte. Von der EM erhofft sich Straub vor allem positive Effekte für die Stimmung in beiden Ländern: "Es wäre wichtig, dass da irgendwas Schönes rauskommt", so ihr Wunsch. Wem ihr Herz gehört, sollte Deutschland auf Frankreich treffen? "Frankreich!" Ihr Mann übernehme dann den Gegenpart. Gerne denkt sie an die WM 1998 zurück: "Damals war meine ganze Family aus Frankreich hier zu Besuch." Das Esszimmer war in den Farben Frankreichs geschmückt, das Wohnzimmer in denen Deutschlands dekoriert. So extrem wird es bei der EM 2024 nicht wieder. Was den Ausgang angeht, ist sie zuversichtlich: "Einer von beiden wird's –so sehe ich das."
3. Peter Csaszar (62 Jahre), Tierarzt in Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen, geboren in Ungarn: "Ich gönne dem deutschen Nationalteam jetzt wirklich einen Erfolg"
Peter Csaszar, 62, ist in Ungarn geboren und lebt seit 1987 in Deutschland. Der Tierarzt, der in Bad Neustadt und Bad Kissingen praktiziert, ist Fußballfan und verfolgt die Bundesliga jedes Wochenende genau. Bei der Europameisterschaft wird er dem deutschen Nationalteam die Daumen drücken. Über die Vorrunde, glaubt er, wird das Team durchaus kommen. Nach all den erfolglosen vergangenen Jahren würde er dem deutschen Nationalteam jetzt einen Erfolg wirklich gönnen.
4. Cansin Steinbach (36 Jahre), Maschinenbauingenieurin (CSO) bei der Firma Kunert, die Eltern stammen aus der Türkei: "Ich freue mich über jedes Tor"
Auch wenn Cansin Steinbach keine leidenschaftliche Fußballanhängerin ist, so wird sie doch die wichtigsten Spiele am Fernseher verfolgen. In ihrem Freundeskreis ist es Brauch, dass man sich dazu abwechselnd bei jemandem trifft und gemeinsam das Spiel anschaut. In Bezug auf die deutsche Nationalmannschaft ist die Sälzerin, deren Lieblingsspieler Manuel Neuer ist, sehr zuversichtlich. Dieser traut sie durchaus die Goldmedaille zu. Bei der Mannschaft der Heimat ihrer aus Istanbul stammenden Eltern – der Türkei – tippt sie vorsichtiger. "Sie sollten es jedoch ins Viertelfinale schaffen." Sollte es zu einem Duell Deutschland gegen die Türkei kommen, dann "freue ich mich über jedes Tor und hoffe, dass ich mich oft freuen kann", sagt Cansin Steinbach.
5. Josef Francic (56 Jahre), Hausmeister bei der Stadt Bad Neustadt, geboren in Kroatien: "Ich mag beide Länder und beide Mannschaften"
"Ich will schauen, ob ich vielleicht Karten für das ein oder andere Spiel bekomme, um es live zu sehen. Ansonsten werde ich die EM gemütlich zu Hause mit Kumpels und Verwandtschaft verfolgen", sagt Josef Francic. Er wurde in Kroatien geboren und wohnt seit 1992 in Deutschland. Damit lebt er länger dort als in seinem Geburtsland. "Ich mag beide Länder und beide Mannschaften", so der 56-jährige langjährige Fußballtrainer. Die deutsche Mannschaft sei auf einem sehr guten Weg, auch wenn vielleicht die Zeit zur Vorbereitung mit Julian Nagelsmann zu kurz gewesen sei. Allerdings sieht er aufgrund des langjährig gepflegten Zusammenhalts und der größeren Erfahrung der Spieler leichte Vorteile für die kroatische Mannschaft. "Wenn Deutschland und Kroatien gegeneinander spielen, kann ich jedenfalls nicht verlieren", sagt Francic und lacht.
6. Svetlana Mischenko (57 Jahre): Wirtin des Hallenbad-Restaurants in Haselbach, geboren in der Ukraine: "Ich werde mit meinen Enkeln die Spiele verfolgen"
Seit fast zwei Jahren lebt Svetlana Mischenko in Bischofsheim als Kriegsflüchtling. Sie stammt aus der ukrainischen umkämpften Millionen-Metropole Charkiw. "Ich freue mich auf die Fußball-Europameisterschaft", sagt die Ukrainerin, die seit etwa einem Monat das Gasthaus zum Lindenbrunnen im Haselbacher Hallenbad betreibt. "Vor allem meine Enkel Ilya (13) und Bogdan (8) werden mit Leidenschaft dabei sein", freut sich die zweifache Großmutter. Die beiden spielen in Bischofsheim Fußball und können den Beginn der EM kaum erwarten. Mischenkos Sohn Alexander ist großer FC-Bayern-Fan und drückt auch dem Nationalspieler Toni Kroos die Daumen. Einen Tipp für den Europa-Meister hat sie nicht parat. Zuerst einmal soll die Nationalmannschaft der Ukraine gute Spiele abliefern, findet sie.
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