Das Ziel ist hehr, der Weg dahin allerdings nicht ganz einfach: Eine Woche lang möchten sich die Mitarbeiter der Redaktion Bad Neustadt nur von Lebensmitteln aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld ernähren. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen? Das Protokoll einer Suche.
Tegut Bad Neustadt
Wer einkaufen will, geht in der Regel in den Supermarkt. Also startet unsere Jagd nach regionalen Produkten genau dort. „Gutes aus der Heimat“, heißt ein Werbeslogan von Tegut und „denn das Gute liegt so nah.“ Ganz so nah dann aber leider doch nicht, wie der Gang durch die Regalreihen im Bad Neustädter Markt offenbart.
Beim Flüssigen werden wir halbwegs fündig. Filialgeschäftsführer Thorsten Schulz verweist auf die Produkte von Bionade, Rother Bräu und Streckbräu. Satt werden wir davon aber nicht! Immerhin: Ab und an gibt es Erdbeeren und Spargel von Christian?s Erdbeer- und Geflügelhof in Eußenhausen zu kaufen. Gerade nicht, denn die Saison dort geht bereits dem Ende entgegen. Viele Tegut-Produkte stammen aus dem Hessischen, erklärt Schulz. Denn der Tegut-Firmensitz ist in Fulda.
Schon zu Beginn unserer Suche wird also deutlich: An was sich der Begriff Region konkret festmacht, ist mangels einheitlicher staatlicher Regelungen und entsprechender Labels tatsächlich eine recht willkürliche Angelegenheit. Der hessische Lebensmittelfilialist und Bio-Pionier Tegut betrachtet einen Radius von etwa 150 Kilometern rund um den Firmensitz in Fulda als seine „Region“, aus der ein Teil der Waren bezogen wird.
Leo's Obstkiste in Bad Neustadt
Also weiter in die Gartenstadt zu Leo?s Obstkiste. Dort müssen wir fündig werden: Schließlich wirbt die Inhaberfamilie Straub auf ihrer Internetseite: „Frisches Obst kauft man bei Leo's Obstkiste. Warum? Weil man weiß, woher es kommt.“ Seit Jahren pflege die Familie wichtige Kontakte zu Landwirten aus der Region, um Produkte auf möglichst direktem Wege an die Kunden weitergeben zu können. Region ist dann aber doch weiter gefasst als Rhön-Grabfeld, wie im Gespräch schnell klar wird.
Produkte aus dem Landkreis? Eine Angestellte schüttelt erst mal den Kopf. Das gesamte Obst und Gemüse stamme aus dem Raum Nürnberg. Doch Chefin Micou Straub weiß es besser und nennt dann doch eine Reihe von Produkten aus dem Landkreis: Etwa Eier vom Naturlandhof Derleth in Salz, Honig von Imkern aus der Rhön, Korb?s Nudeln aus eigener Herstellung in Bischofsheim, Holunderprodukte (Wein, Gelee, Siurp, Muttersaft usw.) aus der Rhön, Leinöl und Rapsöl aus Weimarschmieden, Griebenschmalz und Knoblauch in Öl von Christian?s Erbeer- und Geflügelhof. Wenn Saison ist, kommen dann noch Erdbeeren, Spargel und Kartoffeln aus dem Landkreis dazu.
Weiter organisiert Straub auf Anfrage Wild von Jägern aus dem Landkreis. Gerne, sagt sie, hätte sie noch mehr lokale Produkte im Angebot. „Oft sind die Mengen, die die Bauern liefern können aber zu klein“, nennt sie einen Punkt, an dem es oft scheitert. Auch die Unregelmäßigkeit, mit der manche Produkte eintreffen, ist für sie ein Problem. Verhandlungen mit Direktvermarktern könnten laut Straub mitunter auch zäh sein. Die ein oder andere Enttäuschung habe sie schon hinnehmen müssen. Dennoch bemüht sie sich weiter. Schaf- und Ziegenprodukte etwa würde sie künftig sehr gerne in ihre Produktpalette aufnehmen.
Naturkostladen Bad Neustadt
Teilerfolge können wir auch im Naturkostladen in der Hohnstraße Bad Neustadt verbuchen. Neben Eiern und Nudeln vom Naturlandhof Derleth in Salz und Honig aus der Rhön, gibt es dort Apfel- und Apfelkirschsaft von Söder?s Fruchtsäfte in Sandberg sowie Ziegenfrischkäse von Hans Schöneberg aus Irmelshausen. Gudrun Vöth, Mitarbeiterin des Naturkostladens, mahlt auf Kundenwunsch das Getreide frisch in der ladeneigenen Mühle.
Der Naturkostladen sichert uns ein weiteres Grundnahrungsmittel: Brot! Mittwochs gibt es dort Dinkelbrot aus dem Holzofen von Bernd Eichner in Ostheim. Dienstag, Mittwoch und Freitag verschiedene Brote und Brötchen von Michael Euring aus Bastheim. Stellt sich nur die Frage: Wo stammen die Brotzutaten her? Bei Eichners Dinkelbrot stammen Dinkelmehl und Natursauerteig aus dem Landkreis, Steinsalz und Flosamenschalen seien allerdings als überregionale Zutaten hinzugefügt, gesteht er auf Anfrage ein. Ähnlich verhält es sich bei Michael Euring. Auch er bezieht das Mehl aus dem Landkreis, bei Biohefe, Sesam und Meersalz muss die Region allerdings passen. Immerhin, viel lokaler wird ein Brot wohl nicht.
E-Center Bad Neustadt
Wow, positive Überraschung beim E-Center Bad Neustadt! Jede Menge Produkte aus dem Landkreis finden sich in der regionalen Ecke. „Wir legen viel Wert auf regionale Produkte. Sie werden von den Kunden auch gut angenommen“, erklärt Inhaber Ralf Then. Als er 2010 den Markt übernommen habe, hätten er und sein Team beschlossen, sich über regionale Produkte zu profilieren. Eier vom Geflügelhof Then aus Reyersbach, Eingelegter Spargel von Christian?s Erbeer- und Geflügelhof, Wurst von Metzgerei Anton Koob aus Bad Neustadt, Honig, Brände und Liköre, Nudeln, Bier, Kartoffeln.
Kupsch Bad Neustadt
„Für eine bayerische Brotzeit reicht?s“, nimmt es Kupsch-Inhaber Martin Schlembach mit Humor, dass sein Markt nicht allzu viele Landkreisprodukte zu bieten hat. Immerhin Landkreisbier und –wurst machen satt, ist der Marktleiter überzeugt.
Wochenmarkt Bad Neustadt
Obst und Gemüse machen uns Sorgen. Die sollte man doch wirklich im Landkreis kaufen können! Bislang waren wir da aber noch nicht erfolgreich. Bad Neustädter Wochenmarkt, du bist unsere große Hoffnung! Frische Tomaten und Gurken, lecker Kopfsalat! Die Auslagen sind voll und bunt – aber, nichts davon stammt aus Rhön-Grabfeld, vieles aus der Bamberger Gegend, einiges ist zugekauft. Letzte Landkreisbastion auf dem Marktplatz ist die Imker-Familie Jahrsdörfer aus Bad Neustadt. Deren Honig zumindest kann auf dem Markt erworben werden.
Da bleibt wohl nicht viel übrig. Wenn wir wirklich ausgewogen und abwechslungsreich essen wollen, müssen wir vor Ort zum Bauern und Direktvermarkter, die Suche geht weiter...
