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Oberelsbach
Auf der Spur der Rhöner Wölfin
Versteckt in den Rhöner Wäldern lebt wieder eine Wölfin. Die Rückkehr des Raubtiers sorgt für Emotionen, Spekulationen, behördliche Aktivitäten und Anekdoten.
So schön wie der Wolf auf diesem Agenturbild aus einem Wildpark wurde die Rhöner Wölfin noch nicht fotografiert.
Foto: Getty Images | So schön wie der Wolf auf diesem Agenturbild aus einem Wildpark wurde die Rhöner Wölfin noch nicht fotografiert.
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:25 Uhr

Der Wolf ist wieder da. 150 Jahre lang galt er in der Rhön als ausgestorben, nun wurde er gleich mehrfach registriert. In der weiteren Umgebung von Unterelsbach (Lkr. Rhön-Grabfeld) ist das weibliche Tier mit dem amtlichen Namen GW1068f  seit vergangenem Jahr wohl "standorttreu" geworden, wie das in der Fachsprache heißt, und bewegt seither die Gemüter.

Fotos, Risse und Spuren

Wer sich auf die Spurensuche nach dem Wolf machen will, muss dazu nicht durch die Rhöner Wälder streifen. GW1068f, das „GW“ steht dabei für „German Wolf“ und das „f“ am Ende für das englische „female“ (=weiblich) ist vorsichtig und über lange Distanzen unterwegs.

Wenn überhaupt sind es Jäger oder Forstleute, die auf die Spuren der Fähe, wie ein weiblicher Wolf genannt wird, stoßen: Reste von gerissenen Tieren, Bilder auf Wildkameras oder Spuren im Schnee. Die sollen sie bei der Naturschutzbehörde am Landratsamt oder der Polizei melden, von wo lokale Fachleute  vom "Netzwerk große Beutegreifer" verständigt werden. Förster Joachim Urban und Biologe Torsten Kirchner haben in der Rhön die Aufgabe, die Spuren zu sichten und  zu sichern, falls sich der Verdacht auf einen Wolf erhärtet.

Am 22 Juni 2018 wurde bei Unterelsbach im Landkreis Rhön-Grabfeld dieses Foto von einer Wildkamera geschossen. Experten identifizierten das Tier als Wolf.
Foto: Bildrechte LfU | Am 22 Juni 2018 wurde bei Unterelsbach im Landkreis Rhön-Grabfeld dieses Foto von einer Wildkamera geschossen. Experten identifizierten das Tier als Wolf.

Die Behörde in Bayern, die das Thema Wolf federführend regelt, ist das Landesamt für Umwelt (LfU). Hier laufen alle Informationen zusammen und nur von hier aus sollen sie weitergegeben werden. Wer sich also auf die Suche nach dem Rhöner Wolf macht, kommt an dem Amt mit Sitz in Hof nicht vorbei. Hier soll nur mit möglichst harten Fakten gearbeitet und informiert werden. Entsprechend wurden für Hinweise auf den Wolf - je nach Überprüfbarkeit - drei Kategorien eingerichtet: Stufe C3 steht für "nicht bestätigte Hinweise", in Stufe C2 werden "bestätigte Hinweise" erfasst und in der Kategorie C1 finden sich "Fakten und Nachweise".

Wilde Gerüchte

In der Rhön, wie andernorts, wo Wölfe auftauchen, ließe sich noch eine vierte Stufe "wilde Gerüchte" einführen. Dem einen ist der Wolf in der Garage begegnet, der nächste hört ihn allabendlich heulen.  Würde man alle nicht nachweisbaren Spekulationen ernst nehmen, gäbe es in der Rhön mindestens so viele Wölfe wie Dorfwirtschaften, in denen Wolfs-Gerüchte verbreitet werden, so ein Kenner der Szene.

Aber auch über die Handy-Displays von Jägern, Forstleuten oder Naturschützern geistern Bilder vom Rhöner Wolf wie von Wolfsrissen und natürlich wird viel diskutiert. Öffentlich Stellung nehmen oder die angeblichen Bildnachweise zur Verfügung stellen, wollen beim Thema Wolf selbst sonst eher auskunftsfreudige Insider mit Verweis auf die Behörden jedoch nicht.

"Weiter fällt auf, dass die Wölfe, die in Bayern standorttreu sind, sich ausschließlich von Wildtieren ernähren."
Ein Sprecher des Landesamt für Umwelt

Ein Grund für die Zurückhaltung ist auch, dass dass es Hinweise auf den Wolf gibt, die es nicht geben dürfte. So kreist ein einigermaßen gelungenes Foto vom Rhöner Wolf durch die Szene. Ungünstig nur, das Bild soll von einer Wildkamera stammen, die ohne Genehmigung angebracht war. Mindestens ein Schaf hat sich der Wolf auch schon geholt. Dieser Vorfall ist zwar bestätigt - Schadenersatzansprüche wird wohl niemand geltend machen. Es handelte sich um ein "schwarzes Schaf", eines das ohne Ohrmarke, Anmeldung und ordnungsgemäße Umzäunung gehalten worden sein soll - wie angeblich so manches Tier in der Rhön.

Das könnte zum Problem werden, denn bislang ernährte sich GW1068f wie auch die anderen standorttreuen Wölfe in Bayern, laut LfU, praktisch ausschließlich von Wildtieren. Und die gibt es in der Rhön reichlich. Lernt die Wölfin allerdings, und Wölfe sind sehr lernfähig, dass Schafe eine leichtere Beute sind, könnte der Appetit darauf wachsen, wie eine weitere Wolfs-Behörde, die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW), warnt.

Der erster Wolf in der Rhön wurde am 30. April 2018 gesichtet
Foto: Bildrechte Landratsamt Rhön-Grabfeld | Der erster Wolf in der Rhön wurde am 30. April 2018 gesichtet

Dass die Rhöner Schäfer die aktuelle Entwicklung mit größter Sorge sehen, ist natürlich nachvollziehbar. Geht es doch um ihre die Existenz. Was die Situation für sie nicht einfacher macht, sind Unklarheiten über Förderungen für Schutzmaßnahmen und Schadensersatz. Zwar gibt es da erste Regelungen oder einen Ausgleichsfonds bei nachgewiesenen Rissen. Die gelten ihnen als nicht ausreichend, zu aufwändig und löchrig. Abhilfe schaffen könnten eine Herdenschutzrichtlinie und ein Aktionsplan Wolf. Doch die liegen bislang nur als Entwürfe der Staatsregierung vor.

Sieben sichere Nachweise in Rhön-Grabfeld

Wer abschließende Sicherheit über die Existenz eines Wolfes in einer Region und damit auch in der Rhön  sucht, findet sie unter den C1-Nachweisen, die das LfU zur Verfügung stellt. Sie werden meist über Genanalysen von Speichel, Haar oder Losung des Wolfs gewonnen. Das Ergebnis für die Rhön ist eindeutig: Neben verschiedenen Hinweisen listet das LfU in den vergangenen Monaten sieben solcher Nachweise für den Landkreis Rhön-Grabfeld auf. Wird Genmaterial in ausreichender Menge gewonnen, können auch Rückschlüsse auf einzelne Tiere und ihre Herkunft gezogen werden. So konnte nachgewiesen werden, dass das Elternrudel von GW1068f im Brandenburgischen Storkow beheimatet ist.

Der Wolf ist also in der Rhön. Entscheidend für den Umgang mit dem Tier ist die Frage, wie lange es sich in einer Region aufhält.  Mancher Wolf zieht weiter, andere verschwinden ein für alle Mal. "Schießen, Schaufeln, Schweigen", wird die streng verbotene Methode genannt. Wieder andere aber bleiben, und dann entwickelt sich in vereinzelten Fällen ein Rudel. Entsprechend wurden hierfür drei Kategorien des Umgangs festgelegt. In der Rhön orientiert man sich derzeit am Managementplan 2, in dem der Umgang für "standorttreue, wenige Tiere" geregelt ist. 

Ob die Rhön auch in die Stufe 3 "etablierte Populationen mit Reproduktion" rückt, also Heimat eines Rudels werden könnte, das wird gerade in diesen Wochen mit großem Interesse verfolgt. Februar und März gelten als Ranzzeit, also als Paarungszeit der Wölfe. Träfe die Rhöner Fähe jetzt auf einen Wolfsrüden, wäre in nur etwa zwei Monaten mit Nachwuchs zu rechnen. Die Rhön hätte ihr Wolfsrudel. In dieser dritten Stufe würde der "Aktionsplan Wolf" greifen. Der liegt im Entwurf vor. Wann er Plan in Kraft tritt, darüber lässt sich ebenso spekulieren wie über die Frage, ob er für die Rhön überhaupt erforderlich ist.

Chronik der amtlichen Wolfsnachweise
Angebliche Sichtungen von Wölfen in der Rhön gab und gibt es immer wieder. Der erste "bestätigte Hinweis" ist ein leicht unscharfes Foto vom 30. April des vergangenen Jahres, aufgenommen von einer Wildkamera bei Unterelsbach. Vom 27. Mai stammt eine weitere Aufnahme einer Wildkamera, und am 11. Juni vermeldete die Gemeinde Oberelsbach erneut eine "glaubhafte" Wolfssichtung.
Der erste vom LfU dokumentierte zweifelsfreie Nachweis (C1) ist ein Foto vom 22. Juni wiederum aus der Nähe von Unterelsbach, auf dem die Experten einen Wolf identifizierten. Am 15. Juli wurde erneut ein Foto aufgenommen, das Tier darauf ist laut LfU "wahrscheinlich identisch" mit dem vom 22. Juni. Vom 23. Juli stammt der erste und bislang einzige Nachweis, bei dem das Genmaterial (Losung) ausreichte, das Tier zu individualisieren. Der Test belegte, dass es sich eindeutig um einen Wolf handelt. Genauer um ein weibliches Tier (Fähe) , dessen Elternrudel im brandenburgischen Storkow lebt ist. Es erhielt die amtlichen Bezeichnung GW1068f.
Am 1. September wurde eine weitere Gen-Probe an einem toten Reh in Rhön-Grabfeld genommen, anhand derer wiederum der Wolf nachgewiesen werden konnte. Erkenntnisse über Geschlecht oder Herkunft konnten aus der Speichelprobe aber nicht gewonnen werden. Offiziell vom LfU aufgeführt werden bis Ende 2018 bislang noch drei weitere zweifelsfreie Wolfsnachweise in Rhön-Grabfeld und zwar ein Foto vom 26. September und zwei Gen-Proben eine vom 23. Oktober und eine weitere von einem gerissenen Schaf am 19. November. "Es wird vermutet, dass es sich bei den Nachweisen um dasselbe Tier handelt, eine 100-prozentige Gewissheit besteht jedoch nicht", stellt das LfU dazu fest. Weitere Genproben seien seither nicht mehr beauftragt.
Ein Nachweis von Wolfsspuren im Schnee ist übrigens aufgrund der Verwechlungsgefahr mit Hundespuren nur sehr schwer möglich. Laut LfU gibt es nur einen Hinweis (C3) aus dem Salzforst vom 19. Januar.
Managementpläne und Aktionsplan
Der Wolf ist streng geschützt und darf bislang nur in extremen Ausnahmefällen bejagt werden. Wo er neu auftritt, entwickeln sich regelmäßig Konflikte vor allem mit Halten von Weidetieren. Um solche Konflikte zu vermeiden, wurden in Bayern verschiedene Regelwerke entwickelt. Inkraft sind beim Auftauchen des Wolfes bislang der Managementplan 1 für "zu- und durchwandernde Wölfe", und der Managementplan 2 "standorttreue, wenige Tiere". Für "etablierte Populationen mit Reproduktion" wurde der noch nicht gültige Aktionsplan Wolf entwickelt. 
Im "Managementplan Wolf Stufe 2" wie er für die Rhön angewendet wird, sind auf knapp 60 Seiten Handlungsabläufe für den Umgang standortttreuen Wölfen geregelt. So sind genaue Abläufe vorgegeben, wie Hinweisen auf Wölfe zu  prüfen und an das LfU zu melden sind. Geregelt ist auch die Einrichtung von Runden Tischen aller Betroffenen. Weiter finden sich Regelung über den Umgang mit der Öffentlichkeit oder auch über den Schadensausgleich. Auch Herdenschutzmaßnahmen wie verschiedene Zäune, Herdenschutzhunde oder gar Herdenschutzesel werden vorgestellt.
 
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    würde man Schäfer, Landwirte und andere Tierhalter ordentlich, unkompliziert und angemessen bei einem "Tierschaden" entschädigen wäre das Geschrei um dem Wolf um ein vielfaches geringer!
    Ein Wolfsbiss ist wohl im Falle des Falls mittels Test zweifelsfrei nachweisbar - als Alternative käme in Deutschland wohl nur ein streunender Hund in Frage (wofür dann natürlich der Hundehalter haftbar gemacht werden müsste sofern er sich findet).

    Ich kann die Tierhalter in ihrer verstehen! "Überall" wird (zurecht) Entschädigung versprochen und wenn es soweit ist ist die Beantragung hochkompliziert bzw. der Schadenersatz möglicherweise zu gering!

    Zum Wolf an sich: Ich bin gespalten... Deutschland ist sehr dicht besiedelt, das Land besteht größtenteils aus menschengemachten Naturlandschaften - muss man da auf Teufel komm raus ehem. heimische Tiere wiederansiedeln? (Biber, Wolf, ggf. Bär). Die Landschaft im Mittelalter/frühen Neuzeit war eine andere...
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  • attheendoftheday
    Bei Maischberger war neulich auch die Wolfdiskussion. Andreas Kieling als "Natursachverständiger" hat es auf den Punkt gebracht.
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  • georg-ries@web.de
    Kieling? Ist das nicht der, der Reportagen mit Hunden als Wolfsreportagen verscherbelt hat? Könnte man in diesem Fall als Hochstapler bezeichnen grinsen
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  • R.Silber
    @glaubt-nicht-alles, drücke ich mich so missverständlich aus? Habe ich mich gegen den Wolf ausgesprochen? Ich würde mich sehr darüber freuen wenn wir wieder Wölfe und Bären in Deutschland beheimaten könnten. Aber ich bin auch Realist genug um zu wissen, oder besser gesagt glaube ich, dass dies nicht mehr aus den von mir genannten Gründen funktioniert. Wir Menschen haben diesen Tieren den notwendigen Lebensraum genommen. Und wer so naiv ist zu glauben, dass sich der Mensch diesen Tieren zuliebe einschränken wird, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Der Mensch hat aus diesem Planeten Erde in 250 Jahren Industrialisierung einen Schrottplatz gemacht, hat sich ans Ende der Nahrungskette gesetzt und Sie glauben im Ernst daran, dass sich hieran etwas ändern wird. Na ja, dann träumen Sie weiter.
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  • al-holler@t-online.de
    Wir werden anderen Platz machen müssen - schon unseretwegen, weil wir mir so auch unsere Umwelt retten können, zumindest teilweise. Der Biber ist das beste Beispiel, da hat vor wenigen Jahren auch keiner an ein Miteinander geglaubt - und welch wertvolle Biotope hat der mittlerweile geschaffen, sogar vor unserer Haustür.
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  • R.Silber
    Wir werden ein weiteres mal an der Ausrottung des Wolfes schuld sein. Die Bevölkerungsdichte seit dem 18. Jahrhundert bis heute hat sich vervierfacht. Mit ca. 82 Millionen Einwohnern auf 357.114 km² ist Deutschland eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt, und dies bedeutet, dass es zwangsläufig zu Konfrotationen zwischen Mensch und Wolf kommen wird. Wölfe haben seit ihrer Rückkehr nach Deutschland weit über 3500 Nutztiere gerissen. Die benötigten Reviergrößen von Wolfsrudeln liegen zwischen 150 bis 350 Quadratkilometer, diese stehen in den meisten Regionen in Deutschland für die bisherige Population nicht zur Verfügung. Ich persönlich würde mich freuen, wenn in bestimmten Regionen, in denen auch ausreichend Platz für Wölfe gegeben ist, der Wolf heimisch werden kann. Aber dann muss er sich kontrolliert vermehren, denn sonst wird es erneut einen Verlierer geben, und dies wird wieder der Wolf sein.
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  • al-holler@t-online.de
    also wieder mal der überhebliche und in seiner Unvernuft die Welt zerstörende sog. "sapiens", der bestimmen will, wer leben darf und wer nicht?
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  • al-holler@t-online.de
    Ihr entscheidender Denkfehler ist, dass der Mensch in seiner Allmachtsphantasie zu viel Platz beansprucht -nicht nur zum Wohnen und leben, sondern vor allem in seiner Freizeit, in der er mit naturschädigendem Verhalten in jeden Winkel einfallen muss.
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  • al-holler@t-online.de
    und was ist mit "des Menschen besten Freund", dem Hund, der - Beispiel Dürrbachtal - sinnlos Rehe reißt; der Wolf tut solches wenigstens nur zum Überleben, aber die Tölen zur Belustigung eines Hybris-behafteten "sapiens".
    Übrigens: "Ich persönlich würde......." ist doch nur ein leeres Lippenbekenntnis.
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