Der Wolf ist wieder da. 150 Jahre lang galt er in der Rhön als ausgestorben, nun wurde er gleich mehrfach registriert. In der weiteren Umgebung von Unterelsbach (Lkr. Rhön-Grabfeld) ist das weibliche Tier mit dem amtlichen Namen GW1068f seit vergangenem Jahr wohl "standorttreu" geworden, wie das in der Fachsprache heißt, und bewegt seither die Gemüter.
Fotos, Risse und Spuren
Wer sich auf die Spurensuche nach dem Wolf machen will, muss dazu nicht durch die Rhöner Wälder streifen. GW1068f, das „GW“ steht dabei für „German Wolf“ und das „f“ am Ende für das englische „female“ (=weiblich) ist vorsichtig und über lange Distanzen unterwegs.
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Wenn überhaupt sind es Jäger oder Forstleute, die auf die Spuren der Fähe, wie ein weiblicher Wolf genannt wird, stoßen: Reste von gerissenen Tieren, Bilder auf Wildkameras oder Spuren im Schnee. Die sollen sie bei der Naturschutzbehörde am Landratsamt oder der Polizei melden, von wo lokale Fachleute vom "Netzwerk große Beutegreifer" verständigt werden. Förster Joachim Urban und Biologe Torsten Kirchner haben in der Rhön die Aufgabe, die Spuren zu sichten und zu sichern, falls sich der Verdacht auf einen Wolf erhärtet.
Die Behörde in Bayern, die das Thema Wolf federführend regelt, ist das Landesamt für Umwelt (LfU). Hier laufen alle Informationen zusammen und nur von hier aus sollen sie weitergegeben werden. Wer sich also auf die Suche nach dem Rhöner Wolf macht, kommt an dem Amt mit Sitz in Hof nicht vorbei. Hier soll nur mit möglichst harten Fakten gearbeitet und informiert werden. Entsprechend wurden für Hinweise auf den Wolf - je nach Überprüfbarkeit - drei Kategorien eingerichtet: Stufe C3 steht für "nicht bestätigte Hinweise", in Stufe C2 werden "bestätigte Hinweise" erfasst und in der Kategorie C1 finden sich "Fakten und Nachweise".
Wilde Gerüchte
In der Rhön, wie andernorts, wo Wölfe auftauchen, ließe sich noch eine vierte Stufe "wilde Gerüchte" einführen. Dem einen ist der Wolf in der Garage begegnet, der nächste hört ihn allabendlich heulen. Würde man alle nicht nachweisbaren Spekulationen ernst nehmen, gäbe es in der Rhön mindestens so viele Wölfe wie Dorfwirtschaften, in denen Wolfs-Gerüchte verbreitet werden, so ein Kenner der Szene.
Aber auch über die Handy-Displays von Jägern, Forstleuten oder Naturschützern geistern Bilder vom Rhöner Wolf wie von Wolfsrissen und natürlich wird viel diskutiert. Öffentlich Stellung nehmen oder die angeblichen Bildnachweise zur Verfügung stellen, wollen beim Thema Wolf selbst sonst eher auskunftsfreudige Insider mit Verweis auf die Behörden jedoch nicht.
Ein Grund für die Zurückhaltung ist auch, dass dass es Hinweise auf den Wolf gibt, die es nicht geben dürfte. So kreist ein einigermaßen gelungenes Foto vom Rhöner Wolf durch die Szene. Ungünstig nur, das Bild soll von einer Wildkamera stammen, die ohne Genehmigung angebracht war. Mindestens ein Schaf hat sich der Wolf auch schon geholt. Dieser Vorfall ist zwar bestätigt - Schadenersatzansprüche wird wohl niemand geltend machen. Es handelte sich um ein "schwarzes Schaf", eines das ohne Ohrmarke, Anmeldung und ordnungsgemäße Umzäunung gehalten worden sein soll - wie angeblich so manches Tier in der Rhön.
Das könnte zum Problem werden, denn bislang ernährte sich GW1068f wie auch die anderen standorttreuen Wölfe in Bayern, laut LfU, praktisch ausschließlich von Wildtieren. Und die gibt es in der Rhön reichlich. Lernt die Wölfin allerdings, und Wölfe sind sehr lernfähig, dass Schafe eine leichtere Beute sind, könnte der Appetit darauf wachsen, wie eine weitere Wolfs-Behörde, die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW), warnt.
Dass die Rhöner Schäfer die aktuelle Entwicklung mit größter Sorge sehen, ist natürlich nachvollziehbar. Geht es doch um ihre die Existenz. Was die Situation für sie nicht einfacher macht, sind Unklarheiten über Förderungen für Schutzmaßnahmen und Schadensersatz. Zwar gibt es da erste Regelungen oder einen Ausgleichsfonds bei nachgewiesenen Rissen. Die gelten ihnen als nicht ausreichend, zu aufwändig und löchrig. Abhilfe schaffen könnten eine Herdenschutzrichtlinie und ein Aktionsplan Wolf. Doch die liegen bislang nur als Entwürfe der Staatsregierung vor.
Sieben sichere Nachweise in Rhön-Grabfeld
Wer abschließende Sicherheit über die Existenz eines Wolfes in einer Region und damit auch in der Rhön sucht, findet sie unter den C1-Nachweisen, die das LfU zur Verfügung stellt. Sie werden meist über Genanalysen von Speichel, Haar oder Losung des Wolfs gewonnen. Das Ergebnis für die Rhön ist eindeutig: Neben verschiedenen Hinweisen listet das LfU in den vergangenen Monaten sieben solcher Nachweise für den Landkreis Rhön-Grabfeld auf. Wird Genmaterial in ausreichender Menge gewonnen, können auch Rückschlüsse auf einzelne Tiere und ihre Herkunft gezogen werden. So konnte nachgewiesen werden, dass das Elternrudel von GW1068f im Brandenburgischen Storkow beheimatet ist.
Der Wolf ist also in der Rhön. Entscheidend für den Umgang mit dem Tier ist die Frage, wie lange es sich in einer Region aufhält. Mancher Wolf zieht weiter, andere verschwinden ein für alle Mal. "Schießen, Schaufeln, Schweigen", wird die streng verbotene Methode genannt. Wieder andere aber bleiben, und dann entwickelt sich in vereinzelten Fällen ein Rudel. Entsprechend wurden hierfür drei Kategorien des Umgangs festgelegt. In der Rhön orientiert man sich derzeit am Managementplan 2, in dem der Umgang für "standorttreue, wenige Tiere" geregelt ist.
Ob die Rhön auch in die Stufe 3 "etablierte Populationen mit Reproduktion" rückt, also Heimat eines Rudels werden könnte, das wird gerade in diesen Wochen mit großem Interesse verfolgt. Februar und März gelten als Ranzzeit, also als Paarungszeit der Wölfe. Träfe die Rhöner Fähe jetzt auf einen Wolfsrüden, wäre in nur etwa zwei Monaten mit Nachwuchs zu rechnen. Die Rhön hätte ihr Wolfsrudel. In dieser dritten Stufe würde der "Aktionsplan Wolf" greifen. Der liegt im Entwurf vor. Wann er Plan in Kraft tritt, darüber lässt sich ebenso spekulieren wie über die Frage, ob er für die Rhön überhaupt erforderlich ist.
Ein Wolfsbiss ist wohl im Falle des Falls mittels Test zweifelsfrei nachweisbar - als Alternative käme in Deutschland wohl nur ein streunender Hund in Frage (wofür dann natürlich der Hundehalter haftbar gemacht werden müsste sofern er sich findet).
Ich kann die Tierhalter in ihrer verstehen! "Überall" wird (zurecht) Entschädigung versprochen und wenn es soweit ist ist die Beantragung hochkompliziert bzw. der Schadenersatz möglicherweise zu gering!
Zum Wolf an sich: Ich bin gespalten... Deutschland ist sehr dicht besiedelt, das Land besteht größtenteils aus menschengemachten Naturlandschaften - muss man da auf Teufel komm raus ehem. heimische Tiere wiederansiedeln? (Biber, Wolf, ggf. Bär). Die Landschaft im Mittelalter/frühen Neuzeit war eine andere...
Übrigens: "Ich persönlich würde......." ist doch nur ein leeres Lippenbekenntnis.