Ein Wolf in einer Schafherde, das ist der Alptraum für jeden Schafhalter. Damit er nicht wahr wird, werden in der Rhön, wo das Raubtier wieder heimisch zu werden scheint, inzwischen Vorbereitungen getroffen. Die bestehen unter anderem darin, Schaf- und Ziegenhalter über Möglichkeiten des Herdenschutzes zu informieren. So jetzt in Schönau, wohin das Landesamt für Umwelt gemeinsam mit dem unterfränkischen Schäferverein und dem Fachzentrum Kleintierhaltung beim Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten Kitzingen zu einer Infoveranstaltung unter dem Titel "Wolfssichere Zaunanlagen" eingeladen hatten.
Und das Interesse war enorm - sehr zur Zufriedenheit von Kai und Helga Simon, die vor Ort mit der Organisation der Veranstaltung betraut waren und auch ihre Weide im Lembachsgrund zur Verfügung stellten. Rund 35 Schaf- und Nutztierhalter, aber auch Jäger und Naturfreunde aus ganz Unterfranken und Teilen Oberfrankens, ließen sich im Schönauer Sportheim zunächst in der Theorie und später in der Praxis über die Themen Wolf und Wolfsschutz informieren.
Aus der Lage das beste machen
Wie sieht nun eine "wolfssichere" Zäunung aus, gibt es überhaupt einen wirksamen Schutz gegen den Wolf, der jetzt immer wieder vor allem im Bereich Unterelsbach und Besengau durch Spuren und Wildtierkameras nachgewiesen wurde? Wo ein Wolf nachgewiesen ist, sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich ein ganzes Rudel ansiedeln wird, erklärte Wolfgang Thomann vom Fachzentrum Kleintierhaltung zu Beginn. Das sei die Situation in der Rhön. Daraus müsse man das Beste machen. Verschiedene Schutzmaßnahmen seien daher unerlässlich. Abwehr und Vergrämung des Wildtieres sei im eigenen Interesse und in der Verantwortung der Nutztierhalter. Dabei spiele der Elektrozaun eine bedeutende Rolle, betonte der Ansprechpartner für die Haltung von Schafen, Ziegen, Wild in Unterfranken.
Den entsprechenden Aufbau und Betrieb zeigte der Zaunexperte und technische Leiter der Firma Patura, Günter Herget. Wölfe, so seine Ausführung, machten bei ihrer Jagd keinen Unterschied zwischen Wild- und Nutztieren, sie wählten den für sie einfachsten Zugriff auf ihre Beute. So gehörten auch Weidetiere zu ihrem Beuteschema, denn sie hätten bei keiner oder einer nicht fachgerechten Zäunung kaum eine Chance zur Flucht und seien ja lange nicht so schnell und geschickt wie Wildtiere. Für die Halter von Schafen, Ziegen und Kälbern könne der Wolf deshalb sogar existenzbedrohend werden.
Entscheidend sei, dass der Wolf lernt, ein Zaun tut weh. Das was dahinter lockt, ist keine leichte Beute, machten die Experten deutlich. Der Wolf müsse bei einer ersten Berührung einen Stromschlag erhalten, der ihn abschreckt, sodass er spätestens nach einigen vergeblichen Versuchen seinen Beutezug aufgibt. Da ein Wolf sehr schnell lernt und das Erlernte auch an seine Nachkommen weitergibt, sei entscheidend, dass gerade zu Beginn einer Wiederbesiedlung alle Tierhalter in der Region an einem Strang ziehen, machte Wolfgang Thomann deutlich. Es gebe Beispiele aus anderen Regionen, in denen Wölfe kein größeres Problem darstellen, da sie entsprechend "erzogen" wurden, wusste Helga Simon. Habe der Wolf erst einmal gelernt, dass er Zäune überwinden kann, werde es sehr schwierig, waren sich die Experten in Schönau einig.
Gute Erdung entscheidend
Wie wirksamer Schutz aussieht und wie er gestaltet werden sollte, darüber gab Günter Herget bei einer von Teilnehmern als "exzellent" bezeichneten Vorführung ausführlich Auskunft. Auch wenn es keinen 100-prozentigen Schutz gebe, ein Elektrozaun könne nach seinen Angaben eine wirksame Hilfe zur Abwehr sein. Voraussetzungen seien: Einschlupfmöglichkeiten müssten völlig ausgeschlossen werden und die Stromspannung müsse hoch genug. Deshalb sei bei der Einzäunung größte Sorgfalt erforderlich.
Dies machte Herget dann auch beim Anlegen eines Schutzzaunes auf der Weide von Kai und Helga Simon deutlich, indem er auf verschiedenste Kleinigkeiten und Schwachstellen beim Aufbau aufmerksam machte. So wies er darauf hin, dass der Zaun keinesfalls mehr als 20 Zentimeter vom Boden entfernt sein darf, was bei schwierigem Gelände nicht einfach umzusetzen sei. Entscheidend für die Abschreckung des Wolfes sei eine Spannung von mehreren Tausend Volt. Die sei aber nur durch eine entsprechende gute, systematische Erdung zu erreichen. Da ihre Herden bislang kaum von außen bedroht wurden und die Tierhalter bislang keinen größeren Wert darauf legen mussten, stieß dieses Thema bei vielen von ihnen auf hohes Interesse.
Entsprechend rege wurde mit den Fachleuten diskutiert. Zudem gab es eine Vielzahl von Fragen über Fördermöglichkeiten für neue Elektrozäune oder zu den Themen Meldewege und Entschädigung beim Reißen von Nutztieren, die Wolfgang Thomann bereitwillig beantwortete. Nach der guten Resonanz und dem vielfältigem Lob der Teilnehmer kündigte er weitere derartige Veranstaltung in näherer Zukunft an.