Eine der beliebtesten Hütten der Rhön, die urige Milseburghütte wird am Samstag, 29. Juni, stolze 135 Jahre alt. An sich wäre das kein bemerkenswertes Jubiläum, was diesen Anlass aber besonders macht, ist die Tatsache, dass es der wohl letzte Jahrestag der alten Hütte sein wird. Auch wenn im Detail noch nicht feststeht, wie ein Nachfolgebau aussehen soll und es Streit um ihre künftige Erschließung gibt. Das viel besuchte Ausflugsziel wird aller Voraussicht nach im nächsten Frühjahr abgerissen und in der Folge wieder aufgebaut.
Damit wird ein langes Kapitel in der Geschichte der Hütte beendet, aber wohl auch ein neues aufgeschlagen. Es waren schließlich schon die Gründer des Rhönklubs, die die so attraktive Lage der Milsburg als Wanderziel erkannten und den Bau einer Hütte unterhalb der Kapelle beschlossen. Diese wurde dann am Hochfest Peter und Paul, am 29. Juni 1884, feierlich eingeweiht. In all den folgenden Jahren wurde die Milseburghütte immer wieder erweitert und instand gesetzt, wo es nötig war, rufen die heutigen Hüttenwirte Patrizia Kümpel und ihr Mann Wolfgang in ERinnerung. Trotz aller Anstrengungen bei der Bewirtschaftung der Hütte hielten sich die Pächter oft viele Jahre. Legendär und vielen Rhönfreunden noch bekannt ist Ernst Bleuel, der mit seiner Frau Christl die Hütte fast 40 Jahre bewirtschaftete. Seither, und das auch schon seit 13 Jahren sind Patrizia, die zuvor schon viele Jahre bei den Bleuels arbeitete, und Wolfgang Kümpel als Pächter dort.
Große Rettungsaktion
Im Jahr 2005, so die Kümpels zurückblickend, habe es schlecht um die Milseburghütte gestanden. Der Pachtvertrag für den Berg wurde von den Besitzern der Milseburg, den Herrn von und zu Gutenberg, gekündigt. Die Milseburghütte sollte abgerissen werden. Nur durch große Anstrengungen und vielen Spenden sei es unter der Federführung der damaligen Rhönklubpräsidentin Regina Rinke und des damaligen Fuldaer Landrats Fritz Kramer gelungen, das Areal der Milseburg zu erwerben und die Hütte damit zu retten.
Zwar wurden in der Folge noch die Küche und der Fußboden erneuert, aber die Bausubstanz der Hütte kam immer mehr in die Jahre. Dem Rhönklub Hauptvorstand gelang es in all den Jahren nicht, ein schlüssiges Konzept zur Sanierung der Hütte zu erarbeiten, bedauert Wolfgang Kümpel. Zu guter Letzt trennte sich der Hauptvorstand von seiner Hütte, da man sich nicht im Stand sah, deren Erhalt und Sanierung finanziell zu tragen. So ging die Hütte in denBesitz der Gemeinde Hofbieberüber. Die hat sich mittlerweile in Abstimmung mit dem Landkreis Fulda entschieden, die Hütte abzureisen und auf den Grundmauern wieder neu aufzubauen. "Die Entscheidung, auf der Milseburg eine Hütte zu betreiben, ist klar: Die Hütte muss bleiben", stellt Leonie Rehnert, Pressesprecherin am Landratsamt Fulda gegenüber dieser Redaktion die grundsätzliche Position klar. Die Planungen dazu seien im Gange und die vielen Gäste und Freunde der Milseburghütte hoffen auf eine gute Lösung, so die Kümpels.
Problem Erschließung
Bereits 2015 ist nach Untersuchungen klar gewesen, dass die Substanz der Hütte marode ist und sich immer weiter verschlechtert. Das Problem für die Neuplanungen ist die besondere Lage der Hütte auf immerhin 835 Metern Höhe und das mitten in einer Kernzone des Biosphärenreservats. Somit sind bauliche Veränderungen nicht erlaubt. Das bedeutet, dass ein "Neubau" nur auf den bestehenden Fundamenten der Hütte errichtet werden kann. Vielen traditionsverbundenen Milseburgfreunden dürfte das allerdings nur recht sein.
Das wohl größere Problem ist die zeitgemäße Erschließung. Die Versorgung der Hütte mit Strom und Trinkwasser sowie die Entsorgung des Abwassers vor allem aus den Toilettenanlagen sollen über unterirdische Leitungen erfolgen. "Dass eine zentrale Ver- und Entsorgung der Milseburghütte die beste Lösung ist, davon sind Hofbieber als Eigentümerin und der Landkreis als Koordinator weiterhin überzeugt", stellt Rehnert dazu klar.
Die eher vorsichtigen Formulierungen wählt die Sprecherin, weil dieses Vorhaben umstritten ist. Die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) hat sich gegen diese unterirdische Erschließung ausgesprochen, da man durch eine dafür erforderliche Bohrung durch den Berg statische Veränderungen befürchtet. Entsprechen hat die HGON eine Klage und damit eine langwierige rechtliche Auseinandersetzung angedroht, sollte die Obere Naturschutzbehörde in Kassel die Genehmigung für eine Versuchsbohrung ereilen.
Jahrelanger Rechtsstreit
"Das Thema der Erschließung befindet sich nach wie vor in der Gutachtenphase", so Rehnert weiter, für die von Landkreis und der Gemeinde Hofbieber angestrebte zentrale Erschließungsbohrung sei eine Genehmigung beantragt worden, so die Sprecherin weiter. Falls die erteilt werde, sei mit einem langjährigen juristischen Konflikt zu rechnen.
"Wir wollen und werden jedoch nicht abwarten, wie ein anhaltender Rechtsstreit der maroden Milseburghütte den Rest gibt. Der ohnehin desolate Zustand der Hütte würde sich mit steigendem Tempo weiter verschlechtern – eine Situation, die nachvollziehbar auch zur wachsenden Unzufriedenheit der Pächter führt", macht Rehnert die Position der Verantwortlichen im Fuldaer Landratsamt und im Rathaus von Hofbieber klar.
Deshalb würden Kreis und Gemeinde in Absprache mit den Pächtern aktuell eine Entkopplung von Baumaßnahme und Erschließung verfolgen so die Sprecherin. "In Planung ist eine grundhafte Unterhaltung der Milseburghütte auf den Fundamenten und unter Beibehaltung der Grundstruktur. Angesichts der desaströsen Substanz bedeutet das eine Neuerrichtung der Hütte", erklärt Rehnert weiter. Letztlich heißt das, dass die Hütte in ihrer Struktur erhalten wird, da sie auf den Grundmauern der bisherigen Hütte steht.
Trennung von Bau und Erschließung
Dieses Vorhaben werde gegenwärtig geprüft und ausgearbeitet. Erklärtes Ziel sei es, "das Projekt noch in diesem Jahr zu starten". Die Frage der Ver- und Entsorgung werde zeitlich unabhängig davon geklärt.
Für das Pächterpaar ist es eine gute Nachricht, dass nach jahrelangem Stillstand jetzt Bewegung in die Sache gekommen ist. Wie Wolfgang Kümpel im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt, geht er davon aus, dass man die Gäste noch bis zum Ende der Wandersaison in der alten Hütte bewirten wird. Mit Abriss und Neuaufbau rechnet er dann im kommenden Jahr. Für ihn wäre dabei natürlich endlich eine gesicherte Ver- und Entsorgung über feste Leitungen sehr wünschenswert. Er kann sich allerdings auch eine "vernünftige Insellösung" vorstellen, wie es sie auf anderen Berghütten auch gibt. Er könne zwar auch noch eine Zeit lang wie bisher frisches Wasser mit seinem Allradauto auf den Berg fahren und das Abwaser wieder herunterbringen lassen. Die bisherige Toilettenanlage sei allerdings für die Zukunft nicht akzeptabel. Der Hüttenpächter ist aber sehr zuversichtlich, dass hier eine gute Lösung gefunden wird. Alle Beteiligten seien sehr engagiert. In näherer Zukunft seien Lösungsvorschläge zu erwarten.
Wie die aussehen werden, lasse sich nicht sagen, so Kümpel. Jetzt freuen sich die Pächter aber erst einmal auf das Wochenende und ein zünftiges Hüttenfest. "Dann sehen wir weiter."
Von 1884 bis 1895 Pius Wehner aus Danzwiesen;
von 1896 bis zum Ersten Weltkrieg Franz-Carl Nüdling;
von 1919 bis 1924 Julius von Kreyfeld (bekannter Rhönmaler);
von 1924 bis 1951 Otto Storch (Schwiegersohn von Julius Kreyfeld);
von 1951 bis 1967 Anni und Herbert Mattern aus Fulda;
von 1968 bis 2006 Ernst und Christl Bleuel aus Petersberg;
ab 2006 Patrizia und Wolfgang Kümpel aus Hofbieber-Schwarzbach.