Ein Phänomen, das seit Jahrzehnten bekannt ist, oft bedauert und ebenso häufig diskutiert wird: Immer mehr Wirtshäuser, gerade in kleineren Ortschaften, verschwinden. In vielen Dörfern existiert inzwischen gar kein Gasthaus mehr.
Gerade auch in Rhön-Grabfeld ist von der oft beschworenen lebendigen Wirtshauskultur in Bayern mancherorts nur wenig geblieben. Wie wenig, das belegen nun Zahlen, die das bayerische Wirtschaftsministerium auf eine Anfrage der Aschaffenburger Landtagsabgeordneten Martina Fehlner vorgelegt hat. Die unterfränkische SPD-Politikerin wollte in ihrer Anfrage Auskünfte über die Entwicklung des Gastgewerbes in Bayern in den vergangenen fünf Jahren. Ein Ergebnis aus dem umfangreichen Zahlenwerk: In keiner Region des Freistaats sind mehr Bierkneipen verschwunden als in Rhön-Grabfeld.
Wenige Hotels in Rhön-Grabfeld
In seinen Antworten bezieht sich das Ministerium auf Zahlen des bayerischen Landesamts für Statistik aus den Jahren 2013 bis 2017, also die aktuellsten Daten. Die vorgelegten Statistiken sind allerdings nicht ganz einfach zu lesen. Das Problem: Die Gastronomie wird statistisch gesehen in verschiedene Kategorien aufgegliedert. Und die entsprechen nicht unbedingt dem üblichen Sprachgebrauch. Vereinfacht gesagt wird das Gastgewerbe in drei Bereiche getrennt: Beherbergung und Übernachtung, speisenorientierte Gastronomie und schließlich Ausschank von Getränken.
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Betrachtet man alle Bereiche zusammen, finden sich in Rhön und Grabfeld aktuell 208 Gastronomiebetriebe. Fünf Jahre zuvor waren es immerhin noch 281. Das entspricht einem prozentualen Rückgang von rund 26 Prozent. Im benachbarten Landkreis Bad Kissingen sehen die Zahlen ähnlich aus. Allerdings gibt es im Vergleich zu dort einen entscheidenden Unterschied. Ebenso wie in Rhön-Grabfeld ist der Bestand der Hotels zwar in etwa gleich geblieben. Allerdings finden sich in Bad Kissingen 228 Hotelbetriebe, während es in Rhön und Grabfeld gerade einmal 18 sind. In Unterfranken beträgt das Minus bei sämtlichen Gastronomiebetrieben im betrachteten Zeitraum übrigens gut zehn Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet das einen Rückgang von 4062 auf 3649.
Wie lässt sich dieser Rückgang in Rhön-Grabfeld in die einzelne Bereiche aufgliedern? Während die Zahl der Hotels also unverändert ist, gibt es im Bereich weiterer Übernachtungsbetriebe einen Rückgang bei den Gasthöfen (laut Definition: Gaststätten mit Übernachtungsangebot). Hier haben die Statistiker für Rhön und Grabfeld zwischen 2013 und 2017 auch einen Rückgang von 45 auf 34 Betrieben (entspricht -24,5 Prozent) ermittelt.
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Eisdielen und Cafés stabil
Zu dem eher an Speisen orientierten Bereich gehören Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Cafés oder Eissalons. Hier wurde für den Landkreis ein Rückgang von 170 auf 138 Betriebe und damit ein Minus von knapp 19 Prozent registriert. Allerdings zeigt sich hier ein geteiltes Bild. Während die Zahl der Cafés, Eissalons und Restaurants mit Selbstbedienung von 18 auf 23 (+27,8 Prozent) sogar gestiegen ist, hat sich die Zahl der Restaurants mit Bedienung von 107 auf 90 (-16 Prozent) und die Zahl der Imbissstuben von 45 auf 25 (-44,5 Prozent) reduziert. Ein ähnlicher Trend mit leichter Zunahme bei Cafés und Eisdielen und einer sinkenden Zahl der anderen Betriebe ist auch im Nachbarlandkreis Bad Kissingen und in ganz Unterfranken zu sehen. Allerdings sinkt dort die Zahl der Betriebe langsamer. Das Minus in Bad Kissingen beträgt 12,4 und in ganz Unterfranken 6,2 Prozent.
Das unrühmliche Minus, mit dem Rhön-Grabfeld alle anderen bayerischen Regionen übertrifft, bezieht sich auf Zahlen aus der Kategorie "Ausschank von Getränken", worunter Bierkneipen (Schankwirtschaften) ebenso fallen wie Diskotheken oder Vergnügungslokale. Betrachtet man lediglich die Schankwirtschaften, ging die Zahl in den untersuchten fünf Jahren von 35 auf elf zurück, was einem Minus von 68,57 Prozent entspricht. In vielen anderen Regionen sind die Zahlen nicht gravierend besser. In Bad Kissingen liegt das Minus bei knapp 49 Prozent, unterfrankenweit bei 32,3 Prozent und in ganz Bayern bei "nur" knapp 18 Prozent (3986 auf 3274).
Kein Wirtshaus mehr im Dorf
Eine der unschönen Entwicklungen, die damit verbunden sind, ist, dass in einer zunehmenden Zahl von Gemeinden im Landkreis überhaupt kein gastronomisches Angebot mehr zu finden ist. Laut den Statistikern ist das in Aubstadt, Hendungen, Herbstadt, Rödelmaier und Willmars der Fall. In wie vielen Ortsteilen inzwischen gar kein Wirtshaus mehr geöffnet hat, lässt sich nicht genau ermitteln. Ein Beispiel macht die Problematik aber deutlich. Gab es in der Gemeinde Sandberg mit ihren fünf Ortsteilen 2013 noch sieben gastronomische Betriebe, existiert jetzt nur noch einer.
Wie wichtig der Tourismus am "Wirtschaftsstandort" Rhön-Grabfeld ist, wird am Beispiel Bischofsheim deutlich. In absoluten Zahlen kommt die Stadt am Fuß des Kreuzbergs auf 26 (-9) gastronomische Betriebe und liegt damit hinter Bad Neustadt mit 60 Betrieben (-8) auf Platz 2. Allerdings leben in Bad Neustadt etwa 15 500 Menschen, während es im Urlaubsort Bischofsheim gerade 4800 sind. Die Gasthaus-Dichte pro Kopf ist damit am Kreuzberg wesentlich höher als in der Kreisstadt und sonst im Kreis.
Sechs Bewerber fürs Förderprogramm
Die Politik hat das Problem erkannt. Die schwierige Frage ist, was man tun kann, um das Wirtshaussterben zu bremsen oder gar zu beenden. In jüngerer Vergangenheit haben das bayerische Wirtschaftsministerium und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ein "Gaststättenmodernisierungsprogramm" gestartet. Um die Wirtshauskultur im ländlichen Raum zu stärken, konnten sich Gastronomen bei zwei Terminen online um Fördermittel bewerben. Bis zu 30 Prozent sollten Gastronomen für Modernisierungsmaßnahmen erhalten. Der Andrang war enorm, nach jeweils wenigen Stunden waren die Fördermittel des von 125 auf 200 aufgestockten Antragskontingents ausgeschöpft. Wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums informierte, gingen im Rahmen beider Förderaufrufe insgesamt 38 Anträge aus Unterfranken ein. Aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld waren es sechs.
nur wer hingeht kann was ändern, nur wer Qualität kauft versetzt den Wirt in die Lage entsprechende Löhne zu bezahlen, wer ein Schnitzel mit Bier für 5,99 will oder sich draussen auf die Bank setzt und seine Stulle zum Wasser ist, bringt die Wirte um. Wir haben verlernt, das was wir wollen anderen zu zugestehen, denkt mal nach!
Das Problem ist schlimmer, die Gasthäuser wo man gut essen gehen kann sterben aus. Damit wird die Gegend für Ausflüge uninteressant, ich will ja nicht beim Wandern den Hungertod sterben oder gar debierieren.
Ein Teufelskreis, Rhön, Hassberge und Steigerwald werden zu abgehängten Regionen weil sie zunehmend fremdenfeindlich werden. Da hilft keine Werbung, wo der Fremde (Tourist oder Tagesausflügler) nicht überleben kann, da fährt er nicht hin. Und irgendwann wandert auch ein Teil der Einheimischen aus weil es einfach zu öd wird.
Oder gehen sie gar mal nach Süd-Tirol und vergleichen sie mal die Bedienungen mit denen in der Bayerischen Rhön. Viellleicht fällt doch was auf. Der Rhöner dient eben mal nicht gerne.
Egal. Der Niedergang der Gastronomie ist nun mal nicht mehr aufzuhalten!
Früher ging halt die Oma oder Tanten schon früh in die Küche und hat schon mal Essen vorbereitet. Wenn der Opa noch da war hat der sich um den Ausschank usw gekümmert. Diese Personen gibts alle nicht mehr die ja eigentlich umsonst gearbeitet haben. Wenn du solches Personal voll bezahlen musst, da muß die Kneipe voll sein, sonst gehen ganz schnell die Lichter aus.
Auch in Städten wie Würzburg ist die letzten Jahre ein Kneipensterben zu beobachten. Da schliessen dann auch mal wirklich altehrwürdige Traditionsbetriebe, weil sie nicht einmal mehr einen Koch für normale Arbeitszeiten bekommen.
Das ist ein selbstgemachtes Problem der Gesellschaft. Geiz ist geil, also darf gutes Essen auch nichts kosten. Wer dann externes Personal beschäftigen muss zahlt zwangsläufig keine hohen Löhne.
Dazu kommt dann die Abneigung gegen Arbeit. Alles was über Mausklicken hinaus geht ist uncool. Aber dann rumheulen.
Und zu guter Letzt sind die staatlichen Auflagen mittlerweile schlicht und einfach derart weltfremd... kein Wunder, dass hier keiner mehr Lust dazu hat.
aber man kann die Leute irgendwie verstehen, die es nicht einsehen wollen, für einen Hungerlohn zeitlich vollflexibel die Knochenarbeit zu verrichten, während das Geld woanders "verdient" wird (bzw. wenn sie sich zweimal überlegen müssen, ob sie überhaupt selber mal in die Kneipe gehen können).
Ist doch das gleiche Spiel, wenn Sie sich Krankenhäuser, Pflegeheime, ÖPNV undundund anschauen. Ihren Vermieter, Stromlieferanten und weißdergeierwennoch interessiert es schließlich auch nicht die Bohne, wenn Sie das Geld nicht haben, das Sie bräuchten, um über die Runden zu kommen.
Geiz und Gier - wenn sich die Leute in den reichen Ländern nicht bald zusammenreißen und auf den (solidarischen) Boden zurückkommen, sehe ich ganz schwarz für die Zukunft (und da lass ich den Klimawandel noch komplett außen vor...).