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Bad Neustadt
Corona: Warum der Krisenstab zwei Schritte voraus sein muss
Erst traf man sich täglich, mittlerweile reicht eine Stunde pro Woche: Wie der Corona-Krisenstab des Landkreises Rhön-Grabfeld auf Herausforderungen der Pandemie reagiert.
Sie gehören zur Führungsgruppe Katastrophenschutz im Landratsamt Rhön-Grabfeld (von links): Landrat Thomas Habermann, Gerald Söder, Stefan Helfrich, Wolfgang Harich, Tobias Gass und Susanne Schmittzeh.
Foto: Sophia Mohr | Sie gehören zur Führungsgruppe Katastrophenschutz im Landratsamt Rhön-Grabfeld (von links): Landrat Thomas Habermann, Gerald Söder, Stefan Helfrich, Wolfgang Harich, Tobias Gass und Susanne Schmittzeh.
Michael Nöth
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:33 Uhr

Die Herausforderungen waren neu wie das Virus. Sie nahmen für den Corona-Krisenstab des Landkreises Rhön-Grabfeld seit Anfang März genauso zu, wie sich das Virus verbreitete: Schnell und exponentiell. Seither hieß es für die teilweise bis zu 17 Mitglieder: Prävention, Information und das Aufrechterhalten der Verwaltung für knapp 80 000 Landkreisbürger. Das waren die klaren Handlungsvorgaben an den Krisenstab.

Er setzt sich zusammen aus der Führungsgruppe Katastrophenschutz des Landratsamtes, dem Landrat, Mitarbeitern des Gesundheitsamtes, des Sachgebietes Öffentliche Sicherheit und Ordnung, dem Hauptamt, der Pressestelle, dem Schulamt, Feuerwehr, BRK, THW, MHD, der Polizei, dem Kreisverbindungskommando der Bundeswehr, dem Versorgungsarzt Helmut Klum, dem ärztlichen Leiter der überregionalen Führungsgruppe und Vertretern des Rhön-Klinikum Campus. Eine große Gruppe. Gerade groß genug, um sich ein umfassendes Lagebild von der örtlichen Ausbreitung zu verschaffen und sicherzustellen, dass alle Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in den unterschiedlichsten Bereichen aufeinander abgestimmt sind, vor allem in den 93 Tagen des Katastrophenfalls.

"Das funktionierte vorbildlich", bilanzierte Landrat Thomas Habermann bei der jüngsten Sitzung des Krisenstabs. "Nicht umsonst sind wir weitgehend verschont geblieben im Landkreis vor absoluten Notsituationen, wie wir sie teilweise in anderen Ländern sehen mussten!" Und wie die Zusammenarbeit tatsächlich funktioniert, konnte man ganz aktuell am Beispiel der neuen Teststrategie der bayerischen Regierung nachvollziehen. Dr. Anne-Rose Denzel vom Gesundheitsamt hatte in ihrem Lagebericht vor den versammelten Mitgliedern des Krisenstabs schon deutlich darauf hingewiesen, dass die Test-Neuregelung für viele Nachfragen von Bürgern, aber auch Ärzten, gesorgt habe. Auch Versorgungsarzt Dr. Helmut Klum, der die Verbindung zu den niedergelassenen Ärzten hält, sprach von einer völligen Verwirrung auf allen Ebenen.

Keine freiwilligen Tests mehr in Heustreu

Denn die am 30. Juni bekannt gegebene Corona-Teststrategie sieht vor, dass sich alle  Bayern auch ohne Symptome freiwillig und jederzeit testen lassen können. Die Testungen sollen Vertragsärzte durchführen. Derzeit, so hieß es im Krisenstab, können allerdings nur einzelne Praxen im Landkreis Rhön-Grabfeld diese Tests anbieten.

Die „Drive-Through“-Teststation in Heustreu wurde am 30. März eröffnet. Sie bleibt auch weiterhin für besondere Fälle geöffnet.
Foto: Hanns Friedrich | Die „Drive-Through“-Teststation in Heustreu wurde am 30. März eröffnet. Sie bleibt auch weiterhin für besondere Fälle geöffnet.

Schnell war man sich im Gremium einig, dass Landrat Thomas Habermann und die Mitglieder des Krisenstabs mit Nachdruck darauf hinweisen, dass die Staatsregierung und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns die praktische Durchführung der Tests möglichst schnell klar definieren müssen. „Ich halte die neue Test-Regelung für eine unglückliche Lösung. Das funktionierende bestehende Testsystem wird in seiner Funktionsfähigkeit stark eingeschränkt. Den Bürgern kann diese neue Situation nur schwer vermittelt werden“, so der Landrat.

In aller Einigkeit wurde entschieden, dass das Gesundheitsamt den Betrieb der Teststation in Heustreu zunächst aufrechterhält. Hier werden weiterhin Personen getestet, die vom Gesundheitsamt dazu aufgefordert werden, vor allem seien das Kontaktpersonen der Kategorie 1. Klar war aber auch, dass freiwillige Testungen in Heustreu nicht angeboten werden können.

Äußerst turbulente Monate

Die sich ständig ändernden Verfügungen und Empfehlungen des Ministeriums und des Robert-Koch-Instituts musste der Krisenstab auf den konkreten Alltag umsetzen. "Alles eine große Herausforderung in all den äußerst turbulenten Monaten", sagte Anne-Rose Denzel vom Gesundheitsamt. Der Krisenstab muss gedanklich immer zwei Schritte voraus sein.

Julian Morber, der Leiter des Amtes für Senioren und Menschen mit Behinderung, hatte mit seinen Mitarbeiterinnen die Rechtsverordnungen des Gesundheitswesens umzusetzen. Am Anfang der Pandemie sei es noch um das Untersagen von Veranstaltungen gegangen, danach verschob es sich mehr und mehr auf Quarantänebescheide, Endbestätigungen, Betriebsuntersagungen und Ausnahmegenehmigungen. "In der Summe haben wir rund 1800 Schreiben per Post geschickt. Zusätzlich hatte ich in dieser Zeit deutlich mehr als 1000 Anfragen per Telefon oder E-Mail", rechnete  er vor.

Besuchsverbot und Aunahmestopps bei Alten- und Pflegeheimen stellten die Behörden vor große Probleme.
Foto: Heiko Becker | Besuchsverbot und Aunahmestopps bei Alten- und Pflegeheimen stellten die Behörden vor große Probleme.

Besonders herausfordernd sei der verhängte Aufnahmestopp für Pflegeheime gewesen. "Patienten, die in Kliniken lagen, mussten ja trotzdem wieder zurück in die Heime. Wir haben mit den Pflegeheimen Konzepte entwickelt, um sie zeitweise von den gesetzlichen Vorgaben zu entbinden, und über Pflegebörsen wieder zu personellen Ressourcen zu verhelfen", erklärte Morber. Ohne seine beiden Mitarbeiterinnen Anne Wallishauser und Karolin Buchheim hätte er diese Aufgaben nicht erledigen können, gerade weil es bei der Heimaufsicht unzählige Fragen von Bürgern und Heim-Verantwortlichen gegeben habe, erinnerte er sich an die vergangenen Wochen.

Wolfgang Harich, der Leiter des Amtes für öffentliche Sicherheit und Ordnung, präsentierte Zahlen: 426 Anzeigen nach Ordnungswidrigkeiten, 226 Bußgeldbescheide, 107 Verwarnungen wurden seit Bestehen der Corona-Regelungen ausgesprochen. Das ergebe eine Gesamtsumme von etwa 33 000 Euro. Momentan liegen 43 Einsprüche vor, acht davon werden vor Gericht verhandelt. Laut Polizeihauptkommissar Gerd Jahrsdörfer habe man mit zusätzlichen Unterstützungskräften und Augenmaß kontrolliert, "das war nicht übertrieben, wir wollten ja nicht wie die Obersheriffs durch die Rhön fahren". Ab 10. Juli werden die Unterstützungskräfte wieder abgezogen.   

Der Blick nach vorne

Inga Palma vom Schulamt berichtete einerseits über die Notbetreuung in den Grund- und Mittelschulen. 140 Schüler bis zur 6. Klasse waren es im Landkreis. Sie richtete aber ihren Blick auch schon nach vorne: "Im September soll der Schulstart wieder für alle möglich sein - unter den entsprechenden Hygieneauflagen." Für akute Fälle werde es dann nur örtliche Lösungen geben, gab sie eine Mitteilung ihres Ministeriums weiter.

Laut Landrat Habermann treffe sich dieser Krisenstab momentan nur noch einmal in der Woche. "Die Zusammensetzung hat gezeigt, wie wichtig das Querschnittswissen ist, das wir aus den Bereichen aller Teilnehmer gewonnen haben. Ich bin allen überaus dankbar, dass dies so gut funktioniert hat. Besonders möchte ich mich aber bei all denjenigen bedanken, die diesen Dienst ehrenamtlich gemacht haben. Wir haben alle viel gelernt." Der Krisenstab in Rhön-Grabfeld scheint gewappnet für eine mögliche weitere Welle.

In einer losen Folge wollen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, weitere Akteure des Krisenstabs von Rhön-Grabfeld vorstellen. 

 
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Kommentare
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  • Bigf
    ja das ist wirklich das Katastrophen-Team vom Landkreis Bad Neustadt - einfach katastrophal....
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  • moritzmuehle@t-online.de
    Woher weiß der Landrat, der Krisenstab und Dr. Klum, daß nur einzelne Praxen den "Söder-Test" anbieten können?
    Wurde denn mit den Praxen im Landkreis überhaupt mal gesprochen?
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  • mnoeth
    @wahll: Diese Nachricht kam über den Verbindungsarzt von den niedergelassenen Ärzten zum Krisenstab. Die Redaktion.
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