
Seit mittlerweile über einem Jahrzehnt betreibt Madlen Wittmann ihr Tattoostudio Nadel NESt in der Bad Neustädter Innenstadt, in dem sie neben Tattoos auch jegliche Arten von Piercings anbietet. Doch Tätowiererin zu werden war nicht immer ihr Ziel: "Den Beruf fängt man nicht einfach so an, da rutscht man rein."
Zunächst lernte sie das Piercen, bevor der Wunsch sich kreativ auszutoben, immer größer wurde. "Man verbringt immer mehr Zeit im Studio und irgendwann fängt man eben mit dem Tätowieren an," so Wittmann.
Nur Frauen arbeiten im Tattoo-Studio
Im Studio der 33-Jährigen arbeiten ausschließlich Frauen. Neben ihr sind noch drei weitere angestellt. Das Beschäftigungsverhältnis hat auch Auswirkungen auf den Kundenstamm: "Unsere Kunden sind überwiegend weiblich. Ich glaube, dass sich Frauen in der Betreuung bei uns einfach wohler fühlen." Anders sieht es beim Alter der Kundschaft aus: "Ich tätowiere Frauen, die könnten meine Oma sein. Und dann tätowiere ich auch Frauen, bei denen man denken könnte, dass sie meine Kinder sind", scherzt die Inhaberin. Den einen typischen Tattoo-Kunden gibt es nicht.
Auch die Kundenwünsche lassen sich kaum pauschalisieren, lediglich einzelne Trends sind auszumachen. "Aktuell ist der Trend eher bei kleinen Tattoos und davon dann mehr", so Wittmann. Generell sei die Nachfrage nach Tattoos nach wie vor hoch: "Der Trend zum Tattoo hat nie aufgehört, den gibt es seit Urzeiten." Nur die einzelnen Tattoo-Motive, -Größen und –Stellen verändern sich stetig. Wittmann und ihre Kolleginnen werden also ständig vor neue Herausforderungen gestellt.
Die Tattoo-Branche hat's nicht einfach
Eine große Veränderung war am Jahresanfang notwendig. Mit dem Inkrafttreten der sogenannten REACH-Verordnung der EU, am 4. Januar, wurden knapp zwei Drittel der Tattoo-Farben aufgrund des Verdachtes, dass diese gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe enthalten, verboten. "Corona war schon schwierig für uns Tätowierer und dann setzt die EU noch einen oben drauf", erzählt Wittmann.
Ihr Studio musste letztes Jahr für neun Monate geschlossen bleiben. Alle von der Verordnung betroffenen Farben musste sie wegschmeißen. Nachvollziehen kann die Inhaberin den Schritt der EU nicht: "Da wurden Farben verboten, die seit 30 Jahren etabliert sind und funktionieren." Für ihre Angestellte, die sich auf "Color", also das Stechen von Tattoos mit Farbe spezialisiert hat, bedeutete das viel Stress. Termine mussten wegen fehlender Farbe abgesagt oder vorgezogen werden, um Projekte noch mit den alten Farben abschließen zu können.
Nicht nur die Entscheidung über die Tattoo-Farben stört Wittmann aktuell an ihrer Tätigkeit. Generell wünscht sie sich für die Branche mehr Anerkennung: "Wir müssen endlich als Beruf anerkannt werden. Wir brauchen eine ordentliche Ausbildung." In Deutschland gibt es bislang keine gesetzlich geregelte Ausbildung zum Tätowierer beziehungsweise zur Tätowiererin.

In den meisten Fällen erlernen Tätowierer ihr Handwerk von bereits erfahrenen Kollegen sowie durch eigenständige Weiterbildung. Wittmann selbst ist Mitglied im Bundesverband Tattoo (BVT), der sich unter anderem genau dafür einsetzt. Zudem ist Wittmann auch noch Mitglied des Vereins Tätowierkunst, dessen Ziel es ist, die Anerkennung des Tätowierens als Kunstform zu erreichen.
Tattoo-Ideen sollte man für sich behalten
Eine Tattoo-Empfehlung kann Wittmann nicht geben: "Tattoos sind etwas rein Persönliches, Geschmackssache und vor allem dauerhaft. Sie müssen einem selbst gefallen." Wer völlig planlos in ihrem Studio auftaucht, der werde wieder heimgeschickt. Außerdem empfiehlt sie ihrer Kundschaft die Motive nicht vorher dem Freundeskreis zu zeigen, sonst könne man von deren Meinung beeinflusst werden. Vor dem Tattoo-Termin gelte also folgende Devise, so Wittmann: "Die eigenen Tattoos trägt nur man selbst auf der Haut, deshalb sollte man die Ideen für sich behalten."