Friedolin Link ist vor 39 Jahren eine kleine Revolution gelungen: Der politische Jungspund des CSU-Ortsverbands Hausen gewann die Wahl zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Gemeinde Hausen (Lkr. Rhön-Grabfeld). Und das sogar, obwohl er aus Roth stammt, dem kleineren Ortsteil von Hausen.
Für seinen damaligen Konkurrenten, einen waschechten "Häusemer", standen die Chancen eigentlich viel besser. "Ich hab' damals nicht gedacht, dass ich Bürgermeister werde. Der Valentin (Stumpf) kam aus Hausen und hat viel Werbung gemacht", erinnert sich Friedolin "Friedel" Link.
Trotzdem hätte er es irgendwie geahnt: Er habe schon im Vorfeld gesagt bekommen, dass er "genau der richtige für den Posten" sei. "Ich hab' damals erzählt, was ich beruflich so mach' bei der Stadt Schweinfurt und da meinten einige, dass ich der Richtige wär'." Nur so, kam es überhaupt zu seiner Kandidatur. "Ambitionen, Bürgermeister zu werden, hatte er vorher keine", sagt er selbst.
Mit 39 Jahren im Amt ist Friedolin Link der dienstälteste Bürgermeister in Bayern
Am Abend seiner Wahlveranstaltung war der Saal "brechend voll", erzählt Link, damals 35 Jahre alt und nach zwölf Jahren als Zeitsoldat Auszubildender bei der Stadt Schweinfurt. "Ich hab' ein klares Statement gemacht. Und gesagt, dass ich die Gemeinde Hausen nach vorne bringen will."
Die Mehrheit der Bürger hat ihm das damals - und viele Male danach - zugetraut. Zurecht: Heute kann sich Hausen mit vielen schön sanierten Straßen, Häusern und Plätzen sehen lassen. Und: "Wir sind schuldenfrei", sagt Link.
Über 39 Jahre ist er schon Ortsoberhaupt der Gemeinde Hausen mit dem Ortsteil Roth und dem Weiler Hillenberg. Damit ist Friedolin Link der dienstälteste Bürgermeister Bayerns. Auf eine ebenso lange Amtszeit kann nur Marianne Krohnen aus Geiselbach (Aschaffenburg) zurückblicken, die ebenfalls am 18. März 1984 erstmals gewählt wurde. Für Link ist es die Rolle seines Lebens - immer noch.
Als Bürgermeister ist Link in Hausen bekannt wie ein bunter Hund
Der inzwischen 74 Jahre alte Ehemann und zweifache Vater gehört nach so vielen Jahren als Ortsoberhaupt zum Inventar der 700-Seelen-Gemeinde Hausen. Wer den Bürgermeister sieht, winkt, und umgekehrt. Ein kurzes Pläuschchen hier, ein kurzes Pläuschchen dort. Fragen, wie es mit dem Hausumbau klappt oder wie es den Kindern geht. "Er ist Bürgermeister mit Leib und Seele, macht seinen Job sehr gut", sagt ein älterer Bürger.
Mit der Frage, ob er stolz ist, braucht man Friedel Link überhaupt nicht kommen. Doch einen positiven Rückblick wagt er: "Hausen hat sich gut entwickelt und ich habe dazu einen kleinen Beitrag geleistet. Die Dorferneuerung war ein echter Segen für uns."
Wie anstrengend es werden würde, war ihm allerdings zum Beginn seiner Amtszeit nicht klar. "Die Gemeinde war 1984 – man kann schon sagen – in einem desolaten Zustand. Es gab nichts, was nicht hätte saniert werden müssen."
Die mit Abstand größte Baustelle war die Wasserversorgung, die war im Ort zusammengebrochen. "Ich musste als Bürgermeister viel Überzeugungsarbeit leisten." Aber genau dafür sei er damals angetreten: "Mir war es wichtig, die Gemeinde aufzuwerten. Das hab' ich vom ersten Tag an gewollt." Seine Frau und Familie haben ihn dabei immer unterstützt: "Ohne sie hätte ich das alles nicht gekonnt."
Für die Dorferneuerung in Hausen hat sich Bürgermeister Link festgebissen
Hausen ist eine "kleine, zufriedene Gemeinde" in der Rhön, sagt Link. Streuobstwiesen und Pferdekoppeln auf der einen Seite, kurvige Straßen - die durch das Hauenstein Bergrennen weit bekannt wurden- auf der anderen. Eine davon führt hinauf zum Weiler Hillenberg, eine andere zum Dreiländereck am Schwarzen Moor. Dort entspringt der Eisgraben, der durch ein sintflutartiges Unwetter im Jahre 1834 geformt wurde.
Auch Friedolin Link hat das Erscheinungsbild der Gemeinde Hausen geprägt. Der 74-jährige mit der Leidenschaft fürs Zigarettenrauchen hat sich festgebissen, nicht aufgegeben, wie er sagt. "Die Dorferneuerung war mir sehr wichtig. Ich hab' mehr als 100 Prozent gegeben." Überall finden sich heute hübsche Ecken. Der Dorfweiher ist eine davon, ein wunderbares Naherholungsgebiet.
Auch sonst machen Hausen und der Ortsteil Roth einen gepflegten Eindruck. Der Ortskern und die Randbereiche wurden mit Geld aus dem Dorferneuerungsprogramm aufgewertet. "Damals sind die öffentlichen Mittel gut geflossen. Das ist jetzt vorbei. Dafür ist mehr Bürokratie dazugekommen", bedauert Friedel Link. Zum Glück hätten aber viele Anwohner dafür gesorgt, dass "der Ort attraktiv und lebenswert wird".
Die Rundfahrt durch Hausen, Roth und Hillenberg macht Link mit Stolz
Bei einer Rundfahrt durchs Gemeindegebiet zählt Link stolz auf, was Hausen zu bieten hat: einen Kindergarten, zwei Spielplätze, eine Bäckerei mit Laden, in dem es so ziemlich alles gibt. Einen Frisör, ein Autohaus und einen Jugendraum.
Um "Vollzeit-Bürgermeister" sein zu können, kündigte Link zu seiner zweiten Amtszeit 1990 bei seinem bisherigen Arbeitgeber, dem Überlandwerk Rhön. Ein Wagnis, denn eine Garantie, dass er bis zur Rente der Chef im Rathaus bleiben würde, hatte er nicht. "Aber als der Wasserzweckverband Rother Gruppe zu meinen Aufgaben hinzu kam, ging es nicht anders."
Eigentlich haben in Bayern nur Kommunen mit mehr als 5000 Einwohnern einen hauptberuflichen Bürgermeister. In kleinen Gemeinden wie Hausen gilt die Arbeit des Bürgermeisters als Ehrenamt. "Meine Arbeit und mein Engagement wurden ab 1990 angemessen honoriert. Davor gab es nur eine Aufwandsentschädigung", sagt Link.
Link ist ein Gemeinde-Chef der Sorte "Eiche-rustikal"
Sein erster Termin an diesem Tag ist im Fladunger Rathaus, dem Sitz der Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Fladungen: Fladungen, Hausen und Nordheim. Davor fährt Link zum Bauhof, um nach dem Rechten zu sehen. Als "Chef mit harter Schale und weichem Kern", Sorte "Eiche-rustikal", beschreibt ihn Konrad Rothaug, seit 18 Jahren Bauhofleiter der Gemeinde Hausen. "Ich bekomme immer volle Rückendeckung von ihm", so Rothaug.
Auch in der Verwaltungsgemeinschaft, wo Link als Bürgermeister einer Mitgliedsgemeinde ein Büro hat, loben die Angestellten den Hausener Gemeindechef als "umgänglich" und "unkompliziert".
Stets hat Link einen lockeren Spruch auf den Lippen wie "Nur kein Stress, sonst geh' ich lieber wieder" - und immer Zeit für einen kurzen Plausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Erst dann geht es an den Schreibtisch. Im Laufe der Jahre hat Link mehr Gelassenheit entwickelt. "In meinem Alter lass ich alles auf mich zukommen", sagt er.
Der dienstälteste Bürgermeister Bayerns ist per du mit vielen Ministern
Als dienstältester Bürgermeister ist Link mit allen per du, auch mit Söder, Holetschek, Glauber und Bär. Im Januar war er zum Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten Markus Söder in die Münchner Residenz eingeladen. Ein Foto an der Wand neben seinem Schreibtisch erinnert ihn daran.
Daneben hängen weitere Fotos, die ihm wichtig sind. Eines von seiner Fahrt beim Hauenstein Bergrennen, eines von ihm, als er die Silberne Gemeindemedaille verliehen bekam, und eines Arm in Arm mit dem ältesten Bürger seines Heimatorts Roth. Auch ein veraltetes Kalenderblatt hängt noch. "Es erinnert mich an meinen Hund Oskar."
Auf dem Aktenschrank daneben, stapeln sich die Papierumschläge in den Ablagen. "Ich bin halt noch von der alten Sorte. Aber ich weiß, wo was liegt", brummt Friedel Link mit seiner tiefen Stimme. Wie zum Beweis, deutet er auf einen wohl gefüllten Aktenordner. "Hier hab' ich alles für die Organisation vom Apfelmarkt. Das ist eine sehr wichtige Einrichtung und schöne Sache." Schließlich will Hausen seinem Ruf als Streuobstdorf gerecht werden.
"Es muss viel abgesprochen und vorbereitet werden", erklärt Link. Wie gut, dass die Verwaltungsangestellten gleich nebenan sitzen. Kurze Dienstwege sind genau nach Links Geschmack. Deshalb kommt für ihn wohl auch nur der Aufzug in Frage. "Die Treppe würde zwar nicht schaden, aber mit dem Aufzug geht's schneller."
Busfahren hält ihn jung und auf dem Laufenden
Nebenbei: Seit über 20 Jahren fährt Friedel Link auch noch Bus. Ein flexibler Job und ein guter Zuverdienst, wie er sagt. Den Führerschein hat Link bei der Bundeswehr gemacht. Seit sechs Jahren fährt er für das Bastheimer Busunternehmen Hartmann einen roten Gelenkbus. Aber nur, wenn Not am Mann ist. "Dann steh' ich um fünf Uhr auf und lade die Schulkinder der ganzen oberen Rhön mit dem Bus ein."
Kein leichter Job - das Aufstehen. Schließlich lässt es der 74-Jährige morgens gerne etwas langsamer angehen. Bürgerinnen und Bürger, die ihre Sorgen oder Kritik äußern wollen, rufen inzwischen bei Link zu Hause an. Dadurch sei eine Extra-Sprechstunde mehr oder weniger überflüssig.
Denkt er denn gar nicht ans Aufhören? "Manchmal hab' ich so einen Dollen: Dann sag' ich, ich hör auf." Aber trotzdem macht er weiter, warum? "Ich arbeite nicht für mich, sondern für die Bevölkerung." Es ist ihm aber bewusst: "Ich werde nicht jünger. In meinem Alter sollte man aufhören. Aber es macht auch Spaß. Deshalb mach' ich weiter, so lange es geht."
Also mindestens drei Jahre noch. Bis 2026 dauert seine aktuelle Amtszeit. Dann sind wieder Bürgermeisterwahlen. Da drängt sich die Frage auf: Würde er weitermachen, wenn man ihn darum bittet? "Nein", sagt Friedolin Link. "Ich freu' mich, wenn es ruhiger wird und ich nicht mehr über alles nachdenken muss." Zeit für die Familie, ein bisschen in der Region unterwegs sein, Urlaub in den Bergen und dann ist da auch noch Hund Oskar. Eben all das, wofür er sonst nur wenig Zeit hat.