Welch eine Herausforderung der ÖPNV auf dem Land ist, macht eine Zahl für den Landkreis Rhön-Grabfeld deutlich. Im Jahr 2018/2019 verursachte die Sicherstellung von rund 400.000 Buskilometern ÖPNV Kosten von rund 266.000 Euro. Fünf Jahre später stehen in den Büchern des Landkreises über eine Million Euro Verlust für den ÖPNV. Das ist eine satte Vervierfachung.
"Das ist verrückt, aber die Bürgerinnen und Bürger müssen das wissen", sagte Landrat Thomas Habermann bei der Sitzung des Verkehrsausschusses. Grund für die explosionsartige Verteuerung: Der Kilometerpreis ist von 2,50 Euro auf 5 Euro gestiegen unter anderem durch die Energiepreise. Gleichzeitig wurden die ÖPNV-Zuweisungen für die Landkreise von 65 Prozent auf 35 Prozent zurückgeschraubt.
ÖPNV-Minus hat sich vervierfacht in fünf Jahren
Der Landkreis ist somit praktisch gezwungen, auf die sogenannten On-demand-Verkehre zu setzen, auf Busverbindungen nach Bedarf und auf Zuruf durch die Kundinnen und Kunden. Im Grabfeld läuft dieses Konzept seit wenigen Monaten unter dem Namen "Callheinz". Busse werden bei Bedarf bestellt, Ziel- und Haltepunkte können viel freier bestimmt werden. Einen festen Takt gibt es praktisch nur noch bei den morgendlichen Schul- und Berufsverkehren.
Julia Katzenberger, zuständig für die Neuausrichtung des ÖPNV im Landkreis, hatte viele positive Zahlen aus den ersten Wochen Probelauf mitgebracht für die Mitglieder des Kreisausschusses. 800 Benutzerinnen und Benutzer haben sich mittlerweile im Grabfeld (ohne den Milzgrund) für Callheinz registriert. Pro Woche gehen rund 200 Buchungen ein, die Tendenz ist weiter steigend, freut sich Katzenberger.
Callheinz wird an jedem Tag genutzt
Weder was die Wochentage, noch was die Tageszeit anbelangt, seien besondere "Ausreißer" festzustellen, was für eine gute Mischung an Nutzungen spricht. Auch an Samstagen zum Beispiel wird das Angebot angenommen. Zwar würden überwiegend Fahrten von und nach Bad Königshofen gebucht, aber es werden auch andere Ziele angefragt. Beispielsweise sind auch Großbardorf oder Aubstadt als Fußball-Metropolen häufiger angefragt.
Rund 12.100 Bürgerinnen und Bürger können vom Callheinz-Angebot aktuell profitieren. Interessant für Julia Katzenberger war die Beobachtung, dass nicht nur Bad Königshofen wie beim ursprünglich geplanten Grabfeld-Stern Ziel war, sondern auch viele Verbindungen jenseits der Kurstadt gebucht werden.
Der Milzgrund wird angeschlossen
Ab 1. März 2024 kommen dann die Einwohner des Milzgrundes mit den Ortschaften Höchheim, Irmelshausen, Gollmuthhausen und Rothhausen mit noch einmal rund 1000 Bewohnern hinzu. Auch die Orte Bundorf und Neuses mit ihren rund 450 Einwohnerinnen und Einwohnern im Nachbarlandkreis Haßberge werden angefahren, hier beteiligt sich der Landkreis Haßberge anteilig. Mehrkosten entstehen durch beide Erweiterungen nicht, es werden nur freie Kapazitäten genutzt.
Der Kreuzbergbus mit Fahrradtransport bleibt im Sommer als Takt-Verkehr
Ab September 2024 wird auch der restliche Landkreis mehr und mehr zum On-demand-Gebiet. Die Zentralrouten Brendtalbus von Bischofsheim nach Bad Neustadt und Schweinfurter Bus von Bad Königshofen in die Kugellagerstadt werden weiter im Stundentakt bedient. Der Kreuzbergbus und der Hochrhönbus werden aber in das Callheinz-System übernommen und nur auf Bestellung fahren. Eine Ausnahme ist in den Sommermonaten von Mai bis Oktober der Kreuzbergbus, der mit seiner Fahrradmitnahmemöglichkeit insbesondere für Mountainbikes ein touristisches Zugpferd ist.
Die kleineren Linien Elstalbus, Salzforstbus, Lauertalbus und Bildhäuser Bus werden "auf das Nötigste" reduziert für Schüler und Berufspendler. Ansonsten greift auch hier das Callheinz-Modell. Diese Callheinz-Gebiete werden entsprechend der Allianzgebiete aufgestellt, so Julia Katzenberger vor dem Kreisausschuss.
Wie steht es um das 49-Euro-Ticket im Landkreis?
Auch einen aktuellen Sachstand zum 49-Euro-Ticket im Landkreis Rhön-Grabfeld gab Katzenberger. Bund und Länder haben sich bisher nicht auf eine Finanzierung des Deutschlandtickets für 2024 einigen können, für Landrat Thomas Habermann ein Unding. Nur übergangsweise bis Ende April 2024 ist die Finanzierung gesichert. Währenddessen verursacht die Abwicklung des D-Tickets in den Verwaltungen Mehraufwand.
Das Deutschland-Ticket kann über die regionale Plattform "www.dticketshop.de" der Verkehrsbetriebe Würzburg Land bestellt werden. Rund 350 Abonnenten aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld nutzen diesen Weg. Der Vorteil: Erlöse bleiben bei den jeweiligen Landkreisen und landen nicht beim Bundesunternehmen Deutsche Bahn.
Regionale Bestellmöglichkeit nützt der Region
Mittlerweile gibt es für Azubis, Studenten und 'Freiwilligendienstleistende ein 29-Euro-Ticket. Das kann nun ebenfalls über einen regionalen Anbieter gebucht werden, unter "www.deutschlandticket-mainfranken.de". Wer darüber bucht, kann sicher sein, dass die Einnahmen über den Landkreis an die beteiligten Verkehrsunternehmen weiterverteilt werden.
Wer den rein digitalen Weg scheut, kann Deutschlandtickets als PDF zum Ausdrucken oder als Chipkarte über das Busunternehmen OVB in Bischofsheim beziehen. Über das Bischofsheimer Unternehmen werden alle "Kostenträger-Deutschlandtickets" bezogen, also rund 3600 der Monatskarten für die Schülerbeförderung. Zum Jahreswechsel werden alle Schülertickets auf die Chip-Lösung umgestellt, erklärte Katzenberger weiter.
Und was passiert in den Haßbergen bzw. Haßfurt selbst? Obwohl ich in Haßfurt in der Nähe einer direkten Durchgangsstraße zu den Neubaugebieten wohne komme ich per ÖPNV nicht einmal vernünftig zum Bahnhof, zum Krankenhaus, zum Rathaus und auch nicht zu unserem Einkaufszentrum. Es gibt zwar eine Bushaltestelle am Großen Anger, aber welche ÖPNV-Verkehrsmittel halten dort?
Wenn ich mich noch an den Zeitungsbericht von Kitzingen erinnere, daß dort Callheinz eingeschlagen hat wie eine Bombe, dann frage ich mich, warum gibt es Callheinz nicht auch bei uns? Warum nicht mit Haßfurt und den Ortsteilen anfangen und dann ggf. erweitern?
Wäre das jetzt nicht einmal die Gelegenheit, dass ein Haßfurter Redakteuer der MainPost bei unserem Landratsamt und der Stadt Haßfurt, etc. nachfragt, was diesbezüglich (Callheinz) bei uns geplant ist und darüber berichtet?
Main-Post berichtet, daß der öffentliche Nahverkehr im Haßbergkreis zu den schlechtesten in ganz Bayern gehört.
Die Stadt Haßfurt brüstet sich gerne als Smart City.
Natürlich wäre es sehr wünschenswert, wenn Stadt und Landkreis auch bei der Mobilität einmal etwas Zukunftsfähigkeit schaffen würden.
Aber dem allgemeinen Vernehmen nach ist eine zeitnahe Einführung von Anruf-Bussen für die Hassberge derzeit nicht geplant.
Ich habe da ja das Glück, im Ort Bundorf zu wohnen, der mutmaßlich ab März 24 an das Karl-Heinz-System Grabfeld angeschlossen wird.
Wenn ich dann nach 17 Uhr von Haßfurt nach Hause kommen möchte, dann besteht für mich die Möglichkeit, mit der Bahn von HAS über SW nach NES zu fahren, dann mit dem Bus nach Bad Königshofen und per CALL HEINZ weiter nach Bundorf.
Das sind halt statt 20 km Fahrtstrecke etwa 80 km, aber immerhin machbar.
Ein Aushängeschild für den Landkreis Hassberge ist so ein öffentlicher Nahverkehr trotzdem nicht.