Dass die Anbindung kleiner Ortschaften an das ÖPNV-Netz vor allem im ländlichen Räumen nicht gerade gut ausgebaut ist, ist kein Geheimnis. Besonders problematisch wird das für Auszubildende, deren Fahrtwege in die Berufsschule oder zum Ausbildungsbetrieb durch den ÖPNV nicht ausreichend abgedeckt sind. Zudem können die minderjährigen Azubis in der Regel noch nicht selbst Auto fahren.
Andere Alternativen wie Fahrgemeinschaften oder den Fahrservice der Eltern in Anspruch zu nehmen, ist nicht immer möglich. Wie soll man also pünktlich und mit zumutbarer Fahrzeit auf die Arbeit kommen? Genau dieses Problem versuchen die Azubi-Shuttles zu lösen.
Kreisentwickler Jörg Geier zieht Bilanz
Begonnen hatte das Projekt im Rahmen des Förderprogramms "LandMobil – unterwegs in ländlichen Räumen" im September 2020. Finanziert wird es von Zuschüssen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Die Summe von 170 000 Euro gibt es aber nur für zwei Jahre, danach ist Schluss.
Sowohl mit der ehemaligen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) als auch mit der Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen), habe man bereits gesprochen, erklärt der Leiter der Stabsstelle Landkreisentwicklung am Landratsamt, Jörg Geier.
Die Antwort der beiden war gleich: Keine weiteren bundesstaatlichen Fördermittel mehr. Wie und ob das Projekt auch ohne staatliche Förderung fortgeführt wird, muss im Kreistag entschieden werden. "Die Fortsetzung ist eine politische, nicht eine verwaltungstechnische Entscheidung. Da müssen wir abwarten, wie es weiter geht", so Geier. Er selbst würde eine Fortsetzung des Projekts befürworten.
Vier Kleinbusse befördern 25 Auszubildende
Im aktuellen Ausbildungsjahr 2021/2022 befördern die vier geleasten Kleinbusse ungefähr 25 Auszubildende zu ihren Lehrstellen oder in die Berufsschule. "Vormittags sind es so circa 25 bis 30 Fahrten und nachmittags um die 20. Also kann man etwa von 50 Fahrten pro Tag sprechen", gibt Geier Auskunft.
Die Fahrpläne müssen für jeden Tag individuell angepasst werden, da die Berufsschule teils in Blöcken oder auch nur ein paar Mal die Woche stattfindet. Außerdem kommen einige Azubis nur morgens auf das Angebot zurück. "Die Fahrpläne zu strukturieren, ist eine logistische Herausforderung", erklärt Geier. Aktuell sind alle Plätze der Shuttles belegt. Sobald ein Auszubildender oder eine Auszubildende aus dem Programm aussteigt, kann jemand neues nachrücken. "Generell wurde das Angebot in der Region gut angenommen. Ich habe noch nichts Negatives gehört", so Geier.
Wie läuft eine Fahrt mit dem Azubi-Shuttle ab?
Einer der 25 Auszubildenden, die das Shuttle regelmäßig nutzen, ist Tim Schuhmann aus Strahlungen. Die Ausbildung als KFZ-Mechatroniker hat der 17-Jährige im Oktober 2020 begonnen. Zu Beginn des Ausbildungsjahres hat er seinen Berufsschulplan abgegeben, damit sein individueller Fahrplan erstellt werden konnte.
Sein Ausbildungsbetrieb, das Autohaus Guntram Harth in Heustreu, ist rund 13 Kilometer von seinem Zuhause entfernt. Eine Busverbindung ist nur begrenzt möglich. Er müsste lange in Bad Neustadt am ZOB warten. Sein Arbeitstag beginnt um 7.30 Uhr und endet um 17 Uhr. 10 Minuten vor 7 Uhr wartet das Shuttle vor der Tür und bringt ihn zur Arbeit. Nach Feierabend sammelt ihn das Azubi-Shuttle wieder ein. In die Berufsschule nach Bad Neustadt nimmt er den "regulären" Bus.
Abgeholt wird Tim Schuhmann häufig vom selben Fahrer: "Wir unterhalten uns auch immer viel auf den Fahrten." Ist der Azubi mal krank oder kann aus anderen Gründen nicht mit dem Shuttle fahren, ist das auch kein Problem. "Das läuft ganz flexibel ab. Ich hab die Nummer vom Fahrer. Ich rufe ihn an und sage, dass ich heute nicht mitfahre", erklärt der 17-Jährige. Sein morgendliche Ankunft mit dem Shuttle sorgte anfangs bei seinen Kolleginnen und Kollegen für Verwunderung. Nachdem er ihnen das Angebot erklärt hatte, sei diese jedoch schnell verflogen.
Tim Schuhmann: "Eine Fortsetzung würde ich mir wünschen"
Beeinflusst habe ihn das Angebot bei seiner Suche nach einem geeigneten Ausbildungsbetrieb nicht. "Ich habe mich beworben und danach erst geschaut, ob und wie genau ich zu meinem Arbeitsplatz komme. Meine Mutter hatte von dem Azubi-Shuttle gehört, und dann habe ich mich gleich angemeldet", so der angehende KFZ-Mechatroniker. Mit Erfolg.
Für das Azubi-Shuttle bezahlt der 17-Jährige monatlich einen Beitrag in Höhe von 66 Euro. Günstig findet er. "Ich habe es überschlagen. Für eine Tankfüllung würde ich ungefähr 70 Euro bezahlen und etwa zwei Wochen damit auskommen. Also spare ich dank des Shuttles ungefähr die Hälfte."
Schuhmann ist begeistert vom Azubi-Shuttle: "Das Projekt ist super für Auszubildende, die in einer ähnlichen Situation wie ich sind. Eine Fortsetzung würde ich mir auf jeden Fall wünschen." Allzu lange wird Schuhmann das Shuttle aber nicht mehr nutzen: "Ende März werde ich 18 Jahre alt, dann möchte ich selber zur Arbeit fahren."